Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
Erbe anzutreten und die ursprüngliche Reinheit unseres Blutes wiederherzustellen, müssen wir Opfer bringen. Jeder von uns.«
Delaney warf einen Blick auf Kaidan, dann auf Sorcha. » Heute Nacht wird Sorcha dieses Opfer bringen und uns auf den Pfad der Reinheit führen.« Die Ehefrauen führten sie auf das obere Podium und stellten sie unter den Bogen aus Veilchen und Lilien. In ihrer weißen Robe sah sie aus wie eine Braut, die auf ihren Bräutigam wartete. » Heute Nacht werden sich zwei violette Familienmitglieder vereinen und versuchen, die reinste Aura von allen zu erschaffen: den Nimbus von göttlichem Weiß.« Sorchas Gesicht war so weiß wie ihre Robe. Sie schaute flehend zu Kaidan, und Fox sah, wie er den Kopf schüttelte, wie um sie zu beruhigen. » Doch ein Opfer reicht nicht aus«, fuhr Delaney fort. » Damit das geschieht, ist ein weiteres Opfer notwendig.« Delaney blickte seinen Sohn an, und Fox sah Wut in Kaidans Augen aufblitzen.
Weshalb?
Fox wusste, dass Kaidan diesen Akt der Inzucht nicht begehen wollte, aber woher kam diese plötzliche Wut? Hatte er seinem Vater die Zusage abgerungen, dass er es nicht zu tun brauchte, und musste nun erleben, wie dieser im letzten Moment sein Wort brach? Wie alle anderen konnte auch Fox nur gebannt zuschauen und sich fragen, wie Kaidan wohl reagieren würde. Dann geschah etwas, das nicht nur Fox schockierte, sondern auch Kaidan eindeutig überraschte. Regan Delaney drehte sich um, trat auf das obere Podium und stellte sich in einer perversen Parodie einer Hochzeitszeremonie neben seine Tochter und den Blumenbogen. » Um die Reinheit unseres Blutes für die nächsten Generationen zu sichern«, sagte er, » werde heute Nacht ich das Opfer bringen.«
62
Sorcha war noch immer ganz benommen, als die Ehefrauen, Kaidan und die Wächter sie und Fox aus dem Saal und zum Turm zerrten. Als ihrer und Fox’ Blicke sich trafen, sah sie, dass er ebenso überrascht war. Damit hatte keiner von ihnen gerechnet.
Obwohl es schon fast Mitternacht war, leuchtete der Weg zum Turm im hellen Licht der Fackeln und im silbernen Glanz des Vollmonds. In der Hoffnung auf Hilfe suchte sie in den Gesichtern, die den Weg säumten, nach Anzeichen von Schock, Entsetzen oder Mitgefühl, sah aber nur Erstaunen und freudige Erregung. Die Menschen wollten, dass es passierte. Ganz offensichtlich fanden sie nichts Abstoßendes an der Vorstellung, dass der Seher mit seiner eigenen Tochter schlief. Als Vorstand der Indigo-Familie war er ihnen allen ein Vater, und wenn er sich entschied, dieses Opfer für sie zu bringen, dann sollten sie ihm für seine Bescheidenheit und Selbstlosigkeit dankbar sein.
Als sie den Turm betraten, wandte Delaney sich noch einmal an seine Anhänger. » Bald beginnt die Geisterstunde«, sagte er. » Vergeudet diese fruchtbare Zeit nicht.« Dann schloss er die Tür und ließ die unruhige Menge draußen stehen. Ohne Rücksicht auf Maria, die nun jeden Tag ihr Kind zur Welt bringen würde und sich den schweren Bauch hielt, führte er sie die Treppe hinauf. Nach nur wenigen Schritten rutschte Fox aus und fiel. Sorcha zuckte zusammen, als sie sah, wie er die Stufen hinunterrollte, und spürte jeden einzelnen Schlag in ihrem eigenen Körper. Glücklicherweise waren ihm die Hände vor dem Körper gefesselt worden, so dass er mit ihnen sein Gesicht schützen konnte, doch es hatte ganz eindeutig wehgetan. Er gab keinen Laut von sich, lag einfach nur in Embryostellung da, den Kopf in den Händen, und schaukelte vor und zurück. Sie wollte zu ihm laufen, doch die drei Frauen hielten sie zurück. Als Kaidan ihn dann auf die Füße zog, sah Fox jedoch nicht aus, als hätte er sich verletzt, und seine Augen funkelten.
Der Schock über die Verkündung ihres Vaters musste die Blockade in Sorchas Kopf gelöst haben, denn während sie die Stufen hinaufstieg, erinnerte sie sich an ihre naive Aufregung an dem Tag, als sie aus dem Dorf floh, weil sie zum ersten Mal in den Turm gerufen worden war. Sie erinnerte sich, wie der Seher sie die Stufen hinaufgeführt hatte. Er hatte sie nicht aus den Augen gelassen und ihre Reaktion auf die Todesechos genau beobachtet. Dabei hatte sich seine Aufregung zunehmend verstärkt, während ihre sich in Grauen verwandelte. Auf der Indigo-Ebene hatte er sie in den Raum geführt, wo ihre Mutter gestorben war – nicht durch Krankheit, wie er ihr immer erzählt hatte, sondern durch seine Hand.
Sorcha hörte seine Worte in ihrem Kopf so deutlich, als hätte er
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