Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
solange ich dich von dieser einen Pflicht befreie?« Kaidan nickte kleinlaut. » Dann überlass mir die Entscheidung, was für das Große Werk das Beste ist.«
» Aber warum?«, rief Sorcha. » Ich verstehe das nicht. Was soll das bringen?«
Delaney seufzte und lächelte geduldig. » An dem Tag, als du wegliefst, war ich tatsächlich erleichtert, dass Kaidan seine Pflicht nicht getan hat, denn ich hatte endlich erkannt, wie wichtig du warst. Mit dir konnte ich die letzte Stufe des Großen Werks abschließen, und es beinhaltet viele Stufen. Zuerst ging es einfach nur darum, Indigos zu fördern und unser besonderes Erbe zu würdigen. Als Zweites musste ich die Seelen der Toten studieren. Dafür baute ich diesen Turm. Ich empfange sie lange nicht so intensiv wie du, Sorcha, denn dein mothú ist weit stärker ausgeprägt als meins. Du vereinigst dich mit ihren Seelen und fühlst, was sie fühlen – aber dennoch kann ich sie spüren. Im dritten Schritt trainierte ich, mein astrales Selbst von meinem Körper zu lösen. Hier im Turm, wenn ich Sex habe, verlässt mein Geist beim Orgasmus seine körperliche Schale und tanzt mit den Seelen, die hier drin eingeschlossen sind. Für einen flüchtigen Augenblick entledige ich mich meiner irdischen Fesseln und werde zu reinem Geist. Dann bin ich wieder ein Engel, ein Gott.«
» Unsinn«, sagte Fox. » Es mag sich so anfühlen, und wahrscheinlich wünschen Sie sich, dass es passiert, aber das tut es nicht. Verstehen Sie denn nicht? Es ist Ihre Synästhesie. Sie verlassen Ihren Körper nicht wirklich, es fühlt sich nur so an, als würden Sie das tun. Das ist eine neurologische Täuschung Ihres Gehirns. Sie können mit keinen Geistern in Verbindung treten, weil es keine Geister gibt, nur Echos. Dieser Turm hier ist nichts anderes als eine Jukebox voller Erinnerungen, die Sie, Sorcha und Kaidan dank Ihrer Synästhesie abspielen können. Sorcha spürt die Echos deshalb intensiver, weil sie mehr Mitgefühl besitzt als Sie. Es gibt nur einen Grund, warum Sie die Todesechos nicht spüren können. Sie haben keine Empathie. Sie sind ein Psychopath.«
Delaneys Kiefermuskeln verkrampften sich. » Sie haben keine Ahnung, wovon Sie reden, Dr. Fox. Sie haben nie erlebt, was ich erlebt habe. Bevor Sie Sorcha kannten, wussten Sie nicht einmal, was ein Todesecho ist, also hören Sie auf mir zu erklären, was real ist und was nicht. Sie werden noch früh genug herausfinden, ob dieser Turm die Seelen der Sterbenden enthält oder nur ihre Erinnerungen – und zwar wenn ich Sie zu meiner Jukebox hinzufüge.« Er spuckte die letzten Worte förmlich aus und wandte sich dann wieder an Sorcha. » Sorcha, diese ersten drei Stufen waren nichts weiter als das Fundament für die vierte Stufe, das höchste Ziel des Großen Werks. Und dafür brauche ich dich.«
» Was ist die vierte Stufe?«, fragte Sorcha. Ihr war ganz übel. Sie warf einen Blick auf Kaidan und Fox und sah, dass beide gespannt zuhörten.
» Auf der vierten Stufe werden wir unser göttliches Erbe als die Nachfahren der Grigori und der Nephilim antreten und wieder zu Göttern werden. Das höchste Ziel des Großen Werks ist es, den Tod zu überwinden und unsterblich zu werden.«
» Wie?«
» Indem wir den niemals alternden Astralkörper, die Seele, in ein neues körperliches Gefäß übergehen lassen.«
Als sie in die Augen ihres Vaters blickte, konnte sie sehen, dass er absolut und ohne jeden Zweifel an das glaubte, was er da sagte. » Wie?«, fragte sie noch einmal.
» Die Seelenwanderung funktioniert am besten bei Ungeborenen und Neugeborenen unter einem Monat, weil ihre Körper und ihr Gehirn noch äußerst flexibel und aufnahmefähig sind. Wie Dr. Fox zweifellos weiß, sind alle Säuglinge im ersten Lebensmonat Synästheten, sie besitzen das mothú. Das heißt, jedes Kind wird als Indigo geboren. Die einzigen Ausnahmen bilden diejenigen, deren Aura höher ist als Indigo. Du und Kaidan, ihr beide seid mit einer violetten Aura geboren – wie ich auch. Der Punkt ist: In einem bestimmten Zeitfenster von dem Moment an, wenn das Baby noch im Bauch der Mutter ist, bis zum Alter von einem Monat ist es so etwas wie ein leeres Gefäß, eine aufnahmefähige Schale. Die Verbindung seines physischen Körpers zu seinem Astralkörper ist noch flexibel, das silberne Band noch nicht endgültig befestigt. Die Öffnung in ihrem Kronenchakra, die große Fontanelle, der weiche Punkt am Scheitel eines jeden Neugeborenen: Das ist die Pforte.«
Er
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