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Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood

Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood

Titel: Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cordy
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zurückzustarren, zum ersten Mal seit langer Zeit spürte er Angst in sich aufsteigen. Sein Bier schmeckte plötzlich bitter, und er stellte es zurück auf den Tisch, nahm seine Zeitung und verließ das Lokal. Als er an dem Fremden vorbeikam, spürte er einen unterschwelligen, kaum wahrnehmbaren süßlichen Geruch. Er kannte diesen Geruch, es war der Duft des Todes.
    Draußen fühlte er sich gleich besser und verfluchte sich dafür, dass er dem Fremden sein Verhalten hatte durchgehen lassen. Schließlich war er Vince Vega, verdammt noch mal, und Vince Vega ließ sich von nichts und niemandem einschüchtern. Jawohl, zur Hölle, falls der Kerl noch da war, wenn er ins Shanghai zurückkam, würde er ihm eine Lektion erteilen, die dieser so schnell nicht vergessen würde. Auf dem Weg in das billige Apartment, das er als Büro nutzte, kam er durch eine der menschenleeren Gassen, die von der Burnside Street abgingen, doch erst, als er schon fast das Ende erreicht hatte, spürte er, dass jemand hinter ihm war. Er erkannte den widerlichen Geruch, den er bereits in der Bar wahrgenommen hatte, und fuhr herum. Aber er war zu langsam. Bevor er um Hilfe schreien konnte, legte sich eine riesige Pranke auf seinen Mund. Etwas Spitzes stach ihm in den Arm, und seine Beine knickten unter ihm ein.
    Nach einiger Zeit lichtete sich der Nebel in seinem Kopf wieder. Er hatte keine Ahnung, wie lange er bewusstlos gewesen war. Sein Kopf schmerzte und sein Mund war staubtrocken. Er war an den Händen gefesselt und lag mit dem Gesicht nach unten auf kalten Betonstufen in einem dunklen Treppenhaus, in dem es nach Urin stank. Statt seiner eigenen Sachen trug er einen BH und einen Damenslip.
    » Fühlt sich das bekannt an?«, knurrte dieselbe gedämpfte Stimme, die er schon in der Bar gehört hatte. Erneut wehte eine Welle des Leichengeruchs an ihm vorüber, dann trat der große Fremde in seinen Gesichtskreis. Er hatte sich mit Klebeband ein Handy vor der Stirn befestigt, und Vega brauchte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass die eingebaute Videokamera alles aufnahm, was der spastische Bauerntrampel sah.
    » Was machst du da? Was zum Teufel willst du von mir?«
    » Erinnerst du dich an diesen Ort?«, knurrte der Mann. Vega hörte das schwere, erregte Atmen des Fremden und blickte sich voller Panik um. Wo war er? Warum sollte dieser Ort ihm bekannt vorkommen? Der scheiß Spasti musste ihn mit jemandem verwechseln. Der Hüne öffnete die schwarze Tasche, die vor ihm stand, und Vega sah den Karton mit den Filzstiften von der Theke, eine durchsichtige Schachtel mit Spritzen und eine Ausgabe der Oregonian. Unter der Schachtel mit den Spritzen kramte der Fremde eine Reißzwecke und ein großes Messer hervor.
    » Nein, oh nein!«, schrie Vega. » Du machst da einen großen Fehler, Kumpel. Ich sag’s dir, du hast den Falschen.«
    » Ich werde dir jetzt die Kehle durchschneiden und dich die Treppe runterstoßen. Vielleicht hilft das deiner Erinnerung ja auf die Sprünge?« Plötzlich begriff Vega trotz seiner Panik, wovon der Kerl sprach. Woher wusste er davon? Der widerliche Gestank wurde noch intensiver und drohte ihn zu überwältigen, als der Hüne sich über ihn beugte. » Wer bist du?«, kreischte Vega. » Was bist du?«
    Die blassen Augen des Fremden starrten ihn an. » Ein Dämon«, sagte er mit leisem Grollen. » Ein gefallener Engel, geschickt, um unter den Menschenkindern zu wandeln und meine dunklen Schwingen auszubreiten.« Der Hüne trat hinter ihn, und Vegas Schrei wurde erstickt, als der kalte Stahl des Messers durch seine Kehle schnitt. Das letzte Bild, das Vega vor seinen Augen sah, war das Gesicht der Unbekannten in der Zeitung.

7
    Als die Schwestern sie in den Krankenwagen setzten, tastete die junge Frau nach dem Medaillon um ihren Hals, öffnete es und betrachtete das Foto des lächelnden Babys darin. Es gab ihr ein wenig Trost, diese einzige Verbindung zu ihrer Vergangenheit in den Händen zu halten, auch wenn sie nicht die geringste Ahnung hatte, wer das Baby war.
    Sie war einmal jemand gewesen, aber jetzt fühlte sie sich, als hätte man sie in die Hölle hinabgestoßen, eine verlorene Seele ohne Orientierung. Die Schwestern hatten ihr versichert, sie solle sich glücklich schätzen, in eine Privatklinik zu kommen, aber es war nicht leicht, sich über irgendetwas zu freuen, wenn man sich nicht einmal an seinen eigenen Namen erinnern konnte. Sie hatten ihr erzählt, dass man in der riesigen Klinik, der sie nun entkommen war,

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