Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
fühlte. Sie ging zu der zerstörten Tür. Fox war direkt neben ihr. » Sind Sie sicher, dass ich nicht hineingehen muss?«
» Ja. Wenn Sie in dieser Nacht etwas gespürt haben, dann muss es gewesen sein, bevor Sie das Haus betraten. Berühren Sie einfach nur die Mauer.«
Sie tat es. Sofort stach der Geruch von Angstschweiß durch den beißenden Gestank von Kohle und Asche. Fahles Violett flackerte vor ihren Augen, dann stürzte ein Mädchen mit wunderschönen langen blonden Haaren schreiend aus der Kellertür und rannte an der Hauswand entlang direkt auf sie zu. Hinter dem Mädchen riefen Männerstimmen etwas in einer fremden Sprache. Das Mädchen hatte sie fast erreicht, als Jane einen gedämpften Schuss hörte und sah, wie die junge Frau direkt vor ihren Füßen mit leerem Blick zu Boden fiel. Blut strömte aus ihrem Kopf. Jane zog die Hand zurück und sackte, sich selbst den Kopf haltend, in Fox’ Arme.
» Alles in Ordnung?«, hörte sie ihn fragen. Sie schob ihn von sich und versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was gerade geschehen war. Zeuge der vergeblichen Flucht dieses Mädchens geworden zu sein, war schrecklich, aber die sekundären Gefühle, die der Anblick in ihr geweckt hatte, beunruhigten sie noch mehr, die Bilder aus ihren finsteren Albträumen, besonders die bedrohliche männliche Gestalt, die sie verfolgte. Diese Erfahrung ließ eine Wut in ihr auflodern, die mächtiger war als ihre Angst – und sie richtete sich nicht nur gegen die Männer, die das Mädchen ermordet hatten, sondern auch gegen ihren eigenen schattenhaften Verfolger.
Sie erzählte Fox, was sie in dem Zimmer erlebt hatte, und auch von ihren Albträumen. » Was bedeutet das?«, fragte sie erschöpft.
» Zuerst einmal bestätigt es Ihre Todesecho-Synästhesie. Eins der ermordeten Mädchen war blond, genau wie Sie es beschreiben, und sie hatte ein Einschussloch im Kopf. Die Sache mit Ihren Träumen ist nicht so deutlich. Der dunkle Unbekannte, der Sie verfolgt, könnte ein symbolischer Ausdruck unterdrückter Ängste sein. Vielleicht sind Sie vor Ihrer Amnesie vor etwas geflohen?«
» Oder jemandem?«
» Gut möglich.« Er zuckte die Achseln. » Es ist reine Spekulation, aber als Sie erlebten, wie das Mädchen floh, könnten Sie sich mit ihrer Angst identifiziert und beschlossen haben, dass das Maß voll war. Sie mussten zurückschlagen, selbst wenn Sie gegen die Dämonen des Mädchens kämpften und nicht gegen Ihre eigenen – also nahmen Sie die Axt und gingen hinein. Der Stress auf der Flucht vor was auch immer Ihnen Angst gemacht hat, gemeinsam mit dem, was da unten im Keller geschehen ist, könnte zu Ihrem Gedächtnisverlust beigetragen haben. Die eher seltene retrograde Amnesie, die Sie haben, kann durch unerträglichen Stress ausgelöst werden.« Er schwieg und betrachtete ihr Gesicht. » Abgesehen von der Verbindung zu Ihren Träumen, können Sie sich noch an etwas anderes erinnern? Irgendetwas aus Ihrem früheren Leben?«
» Nein.« Er hatte ganz offensichtlich auf einen Durchbruch gehofft, der jedoch nicht stattgefunden hatte. Sie suchte in seinem Gesicht nach Anzeichen von Enttäuschung, aber es verriet nichts.
Er lächelte. » Nun, es ist ein Anfang. Wir konnten Ihre Todesecho-Synästhesie bestätigen, und Sie scheinen eine Art von Verbindung zu Ihrem alten Ich gefunden zu haben,« – er sah auf die Uhr – » die wir ein anderes Mal weiterverfolgen werden.«
Sie hatte das Gefühl ihn enttäuscht zu haben und wollte es wiedergutmachen. » Ich könnte es noch einmal versuchen – länger. Vielleicht bringt es ja den Durchbruch.«
» Oder einen Zusammenbruch. Sie sehen total fertig aus. Es ist schon spät und ich habe schon mehr von Ihnen verlangt, als gut war. Wir werden morgen noch einmal herkommen.«
» Aber ich bin jetzt hier …«
Sein Handy klingelte und er sah aufs Display. » Entschuldigen Sie, da muss ich drangehen.« Fox hielt sich das Telefon ans Ohr. » Hallo, Karl.« Der Anrufer sagte etwas, und Fox sah zu ihr herüber. » Natürlich. Ja. Warum?« Er errötete. » Welche Art von Entwicklung?« Dann wandte er sich ab und ging davon Richtung Auto, außer Hörweite. Als er wenige Augenblicke später zurückkehrte, wirkte er blass und besorgt.
» Was ist passiert?«
» Ich weiß es noch nicht genau. Aber Sie sollten jetzt besser ins Auto steigen. Ich bringe Sie zurück nach Tranquil Waters.«
20
Als sie den Ort von Jane Does Wiedergeburt verließen, war Nathan Fox ein wenig enttäuscht, dass
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