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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Paletot hing dicht daneben – so war er sicher. Baron von Silberglanz dachte in der Tat in dem Augenblick gar nicht daran, daß er »Kavalier« sei, was er sonst selten vergaß. Sein einziger Gedanke war »Flucht«, und während er sich so wenig auffällig als möglich Bahn durch Kellner und Gäste machte, murmelteer leise und ängstlich vor sich hin: »O ja – weiter fehlte jetzt gar nichts mehr, um der ganzen Geschichte noch die Krone aufzusetzen – weiter gar nichts! Daß mich auch der Teufel plagen muß, gerade noch heute, den letzten Abend, diesem verzweifelten Menschen in den Weg ...« Er streckte den Arm nach dem neben ihm hängenden Paletot aus; mit der Linken hatte er schon die Türklinke gefaßt, als er eine Hand auf seinem Arm fühlte und eine ruhige, tiefe Stimme an seiner Seite sagte: »Auf ein Wort, mein Herr.«
    »Ja – bitte recht sehr – guten Abend,« erwiderte Herr von Silberglanz rasch und verlegen.
    »Bitte, Barthold, holt mir doch einmal meinen Hut dort – vom Tische da drüben. Ich stehe gleich zu Ihren Diensten.«
    »Ich muß um Verzeihung bitten – ich bin in großer Eile.«
    »Sie haben Zeit,« erwiderte Georg ruhig, »überhaupt ist es besser, daß das, was wir miteinander abzumachen haben, mit so wenig Aufsehen als möglich geschieht.«
    »Ich begreife nicht, mein Herr – Sie irren sich wahrscheinlich in der Person. Ich bin Baron von Seitendorf.«
    »Ich kenne Ihren Namen gar nicht,« erwiderte vollkommen kaltblütig Georg. »Der Name tut auch hier nichts zur Sache, wo wir uns bloß an die Person zu halten haben. – Ich danke, Barthold. Wartet hier, bis ich wieder zurückkomme.«
    »Aber was wünschen Sie?«
    »Da Sie so in Eile sind, werde ich Sie ein Stück begleiten. Was wir miteinander zu sprechen haben, bedarf überdies keiner Zeugen. Herr Baron, ich stehe zu Diensten.«
    »Schön – sehr schön,« sagte von Silberglanz verlegen, indem er seinen Paletot anzog und sich in diesem Augenblicke nach Paris oder London oder in irgendeine andere sehr entfernte Gegend wünschte. »Wenn es Ihnen denn gefällig ist ...«
    Georg machte eine auffordernde Bewegung für ihn, voranzugehen; von Silberglanz, sich jetzt mit einem tiefen Seufzer der Notwendigkeit fügend, gehorchte, und wenige Minuten später schritten die beiden Männer draußen am Bassin des Jungfernstieges, von niemandem weiter gestört, dahin.
    »Herr Baron,« brach Georg endlich das für jenen schon drückend werdende Schweigen, »es ist zwischen uns beiden nicht weiter nötig, große Umschweife zu machen, und das beste wird sein, einfach und rasch zur Sache zu kommen. Ich weiß nicht, ob Sie mich kennen, obgleich ich es fast vermute.«
    »Ich habe in der Tat nicht die Ehre ...«
    »Nun gut denn – ich bin derselbe Mann, den Sie früher unter dem Namen Georg Bertrand kennen lernten, und Madame Georgine, die Sie aus Schildheim mit ihrem Kinde entführten, ist meine Frau.«
    »Mein Herr – ich gebe Ihnen mein Wort ...«
    »Halt! – Sie sind Kavalier,« unterbrach ihn Georg rasch, »bedenken Sie, was Sie sprechen, und verpfänden Sie Ihr Wort nicht an eine – Lüge.«
    »Herr Baron ...«
    »Davon mehr nachher,« erwiderte Georg kalt. »Jetzt verlange ich Antwort – aufrichtige, unumwundene Antwort: Wo haben Sie mein Weib gelassen? – Wo befindet sie sich jetzt und – was war Ihre weitere Absicht mit ihr? – Glauben Sie dabei nicht, mich durch leere Ausflüchte, durch irgendein Märchen zu täuschen. Ich will die Wahrheit von Ihnen, und wenn ich – doch genug,« brach er, sich gewaltsam fassend, in seiner Drohung kurz ab, »wir stehen hier nicht allein auf deutschem Boden, sondern Sie sind auch gezwungen, mir Genugtuung zu geben, und daß ich mir diese verschaffen werde, darauf gebe ich Ihnen mein Wort. Also beantworten Sie mir einfach und ehrlich meine Frage. Sie können Ihre Sache dadurch nicht verschlimmern, sondern nur verbessern. Wo ist Georgine und ihr Kind jetzt – in wessen Schutze?«
    »Herr Baron,« sagte von Silberglanz, in dem Gedanken an ein Duell mit wirklich geladenen Pistolen innerlich erbebend, indem er zugleich einsah, daß alles weitere Leugnen fruchtlos sei, »ich – sehe vollkommen ein, daß Ihr Zorn gerechtfertigt ist – ich gestehe, daß ich gefehlt habe, und werde ...«
    »Davon später – bitte, kommen Sie zur Sache,« unterbrach ihn Georg kurz. »Wo wohnt Georgine – wo – wohnen Sie?«
    »Lassen Sie mich ausreden,« bat von Silberglanz, der sich überdies zwingen mußte, seine Gedanken

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