Der Kunstreiter
an den Nagel zu hängen und den Rentier zu spielen. Da freue ich mich nur, daß wir ihn noch hier zu guter Letzt gehabt und gesehen haben. Und seine Frau reitet nun also auch nicht mehr?«
»Nur Vermutungen von unserer Seite, meine Gnädige,« sagte der alte General von Schoben. »Wir wissen selber darüber nicht mehr als Sie.«
»Ich finde es auch so erstaunlich unweiblich, zu reiten,« bemerkte Fräulein Euphrosyne von Schoben, »ich muß gestehen, ich hätte die Vorstellungen um keinen Preis wieder besucht.«
»Larifari!« lachte der alte General, »wegen der kurzen Röcke? – mit langen Reifröcken können sie auf keinem Pferde herumtanzen.«
»Aber, Papa, Ich bitte dich um Gottes willen...«
»Ich frage Monsieur Bertrand,« fiel hier Graf Selikoff ein, »ob er die Absicht habe, seine Reitkunst aufzugeben, erhielt von ihm aber nur ausweichende Antworten. Die Sache kann übrigens kein Geheimnis bleiben, denn seine Truppe wird uns bald darüber aufklären, wenn er es selber nicht für nötig finden sollte.«
»In der Stadt erzählt man,« nahm hier der hinzutretende Intendant das Wort, »daß sich Monsieur Bertrand schon wegen des unterlassenen Seiltanzes zwischen den beiden Türmen sehr heftig mit seiner Frau gezankt habe, und die beiden sich wollten scheiden lassen.«
»In der Tat?« rief Melanie schnell, und ihr Blick streifte fast unwillkürlich den Rittmeister.
»Ja, meine Gnädigste,« versicherte Herr von Zühbig mit wichtiger Miene, indem sich seine Stirn in dichte Falten zog, »MadameBertrand scheint etwas heftiger, selbständiger Natur zu sein, wie alle diese Art Damen, und es sollte mich gar nicht wundern, wenn sie das Geschäft ohne Herrn Bertrand allein fortsetzen würde.«
»Ohne Pferde?« sagte der General.
»Ohne Pferde? – Pardon! nein.«
»Aber ihr Mann verkauft sie alle.«
»Ha, dann dressiert sie vielleicht andere! Es ist ein pompöses Weib, diese Madame Bertrand, ein kleiner Teufel – wie ich mir habe sagen lassen.«
»Es kann ja auch sein,« nahm hier Melanie das Wort, »daß sie sich selber nach Ruhe sehnt, und vielleicht in stiller Zurückgezogenheit ihr Leben nach so vielen Gefahren und – Aufregungen zu genießen gedenkt.«
»Sehr leicht möglich, meine Gnädigste, sehr leicht möglich!« rief Herr von Zühbig mit einem lüsternen Lächeln um die Lippen. »Man munkelt sogar in der Stadt von einer Liaison, die verlockend genug sein sollt«, selbst den schönen Monsieur Bertrand aufzugeben.«
»Sie sind boshaft, Baron,« sagte Melanie, indem sie fühlte, daß ihr das Herzblut selbst zu Eis gerann. Aber sie wagte nicht in diesem Augenblicke, zu dem Rittmeister aufzuschauen.
»Die Stadt wird nie müde,« sagte da Graf Geyersteins ruhige, klangvolle Stimme, »dergleichen Erzählungen zu erfinden, und es gibt auch stets gefällige und geschäftige Menschen, die sie weiter tragen.«
»Ich sage nur nach, was mir erzählt worden ist,« rief von Zühbig lasch.
»Natürlich, Herr Intendant,« lachte Fräulein von Zahbern, »mehr tun wir alle nicht. Wenn wir aber alle so finster und schweigsam wären wie der Herr Rittmeister, so hörte jede Unterhaltung auf, und man säße ln stiller Selbstbeschauung nebeneinander, eine Tasse Tee mit Würde zu trinken. Hahahaha – eine solche Damengesellschaft möchte ich einmal sehen.«
»Haben Sie keine Furcht, mein gnädiges Fräulein,« lachte der alte General, »hier in *** passiert Ihnen das nicht, ihr Weiber müßt einmal klatschen, das ist euer Erbfehler ...
»Aber, bester Papa ...«
»Und du, Euphrosyne, bist nicht um ein Haar besser als die anderen!« rief der alte Haudegen.
»Aber du gebrauchst solche incroyable Ausdrücke, Papa!«
Larifari! ich nenne das Kind beim echten Namen.«
»Komtesse, ich habe den ganzen Abend bis zu diesem Augenblicke vergebens eine Gelegenheit gesucht, Sie begrüßen zu können,« wandte sich Graf Geyerstein an Melanie – diesen Augenblick benutzend, wo die Aufmerksamkeit der übrigen auf den General und seine Tochter gerichtet war.
»Ich bin sehr erfreut. Sie nach so langer Zeit wieder einmal bei uns zu sehen,« erwiderte die junge Gräfin mit einer artigen, aber kalten Bewegung des Hauptes.
»Wenn Sie wüßten ...«
»Wie beschäftigt Sie die letzte Zeit gewesen?« unterbrach ihn Melanie, und fast unwillkürlich suchte ihr scharfer, forschender Blick sein Auge. Ruhig jedoch, nur mit einem leisen, fast schmerzlichen Ausdruck, begegnete es dem ihrigen. Sie wandte sich rasch ab und fuhr fort: »Ich
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