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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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gefallen? Nichts von allem dem ließ sich mehr in dem finstern, verdrossenen und doch so entsetzlich bemalten Angesicht erkennen, auf das die Lampe jetzt ihr volles, grelles Licht goß. Scharf und verzerrt schnitten dabei die weißgemalten Streifen desselben ein, während das Zinnoberrot ordentlich leuchtete und die beiden Augen unter den tief herabgezogenen buschigen Brauen wie ein paar Stücke rotheißen Eisens funkelten. Fest hatte sich dabei die magere, sehnige Hand in das lange dünne Haar gekrallt, das zwischen den Fingern in spärlichen Locken herausquoll, und ein eigener Ausdruck von Trotz, Grimm und Ekel lag in den tiefgefurchten, farbebestrichenen Zügen. Georgine war neben ihm stehengeblieben, und den weißen vollen Arm auf den Tisch stützend, sagte sie mit leiser, wie höhnisch klingender Stimme: »Und willst du ein Bauer werden?«
    »Warum nicht?« erwiderte der Mann, ohne seine Stellung auch nur um ein Haar breit zu verändern, »immer noch besser ein Bauer als ein – Hanswurst.«
    »So zieht ihr beiden allein zwischen eure Schafe und Kühe!« rief das junge, schöne Weib, in wildem Zorn emporfahrend, »ich selber weiß, was ich mir und Josefinen schuldig bin, und den will ich sehen, der mich zwingen soll, draußen zwischen Kraut- und Kartoffelfeldern mein Leben zu beschließen!«
    »Niemand, Georgine, niemand!« sagte in diesem Augenblick die tiefe, klangvolle Stimme Georg Bertrands, der unbemerkt von den beiden in die Tür getreten und auf der Schwelle stehengeblieben war. »Wenn du es übers Herz bringen kannst, deinen Gatten allein ziehen zu lassen, allein deinen Weg dir in der Welt zu bahnen, in Gottes Namen dann, ich kann und werde dich nicht daran hindern.«
    »Nicht?« rief die Frau erstaunt, ja überrascht nach ihm herumfahrend, »du würdest dich von mir und Josefinen trennen wollen?«
    »Von Josefinen? – nein,« sagte der Mann ruhig, indem er seinen Hut auf den Stuhl neben der Tür legte und langsam jetzt ins Zimmer trat.
    »Von Josefinen nicht?« rief in schnell wieder aufloderndem Zorn die Frau, »welche Macht der Erde wird das Kind von der Mutter trennen?«
    »Das Gesetz!« erwiderte mit dem vorigen Gleichmut ihr Gatte, »das Gesetz spricht nach dem siebenten Jahre das Kind dem Vater zu.«
    »Du darfst mir Josefinen nicht nehmen,« zischte da Georgine zwischen den zusammengebissenen Zähnen durch, »du weißt, daß ich ohne das Kind nicht leben kann, daß ich mit mehr als Mutterliebe an ihm hänge, daß sie mein ein und mein alles ist auf dieser Welt – du kannst und darfst mich nicht töten – und mir das Kind nehmen, hieße mehr als mich morden.«
    »Und will ich das?« erwiderte Georg, jetzt vor sie tretend und ihre Hand ergreifend, »habe ich nicht Bitten auf Bitten an dich verschwendet, mir und dem Kinde das Opfer zu bringen, diesem unseligen Leben zu entsagen? Hat nicht Josefine selber dich gebeten, mich nicht zu verlassen und draußen in der freundlichen Natur zu vergessen, was dich hier berauscht – den Beifall der Menge? – Georgine, kann dir denn nicht ein häusliches Familienglück, das du noch gar nicht kennst und das nur zu bald seinen Zauber um dich breiten wird, das Jauchzen und Beifallklatschen fremder, gleichgültiger Menschen ersetzen? Lebst du denn nur für diese Masse, die dir nichts, gar nichts entgegenbringt, als nur das Verlangen, auf angenehme Weise amüsiert zu werben, und die gleichgültig selbst an deinem Sarge vorübergehen würde, wenn ein unglücklicher Fall dich in der nächsten Stunde vielleicht abriefe?«
    »Nach meinem Tode? Nicht so viel kümmere ich mich darum!« rief das schöne Weib verächtlich. »Ob sie mich lieben werden oder hassen, was liegt daran! Nur dieses Leben ist mein, nur dem Leben gehöre ich an. Was schiert mich die Liebe oder der Haß des Volkes nach dem Tode!«
    »Und ich? – und dein Kind?« sagte Georg mit weicher Stimme.
    »Wenn ihr mich liebtet, quältet ihr mich nicht so,« rief die Frau zurück. »Du weißt, daß ich so wenig für das Land passe, wie dein Araber zum Karrenziehen und Ackern; die Hand möchte ich sehen, die uns beide dazu zwingen kann.«
    »Du weißt,« sagte Georg ruhig, »daß ich den Araber zu allem zwang, wozu ich ihn haben wollte.«
    »Aber mich nicht, Georg, mich bei Gott nicht!« rief die Frau, wieder zu voller Heftigkeit ausbrechend. »Versuch' es nicht, du möchtest es bereuen.«
    »Es ist zu spät, darüber noch zu reden,« sagte fest entschlossen Georg. »Heut' abend nach der Vorstellung habe ich

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