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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Rat dir helfen? denn wenn nichts weiter in der Welt, Erfahrung habe ich in reichem, vollem Maße gesammelt. – Oder drückt nur die Sorge um mich dich so schwer zu Boden? Dann sei guten Mutes, ich werde dir beweisen, was der feste Wille eines Mannes vermag.«
    »Wirst du das in der Tat, Georg?« rief Wolf bewegt, »dann machst du mich wirklich glücklich – und dich zugleich mit. Wie es scheint, hast du aber harte Kämpfe mit deiner Frau gehabt. Wir waren noch nicht einmal imstande, darüber zu sprechen.«
    »Allerdings,« seufzte Georg, »und eigentlich bewog ich sie nur dadurch, mir zu folgen, daß ich darauf bestand, wie du mir geraten, mein Recht auf das Kind geltend zu machen. Sie wollte sich nicht von Josefinen trennen. Ich fürchte auch, es wird sehr schwer halten, sie hier heimisch zu machen.«
    »Glaube das nicht,« sagte Wolf, »die Hauptsache war, sie jenem aufregenden, wilden Reiterleben erst einmal zu entrücken, und aus dessen Bereich, wird sie es bald vergessen lernen.«
    »Ich fürchte, das wird nicht der Fall sein.«
    »Georgine ist eine durchaus gescheite Frau,« sagte der Rittmeister, »und ich zweifle gar nicht, daß sie bald selber begreifen und einsehenwird, wie ihre Stellung im gesellschaftlichen Leben doch hier eine ganz andere ist als früher, da sie sich für Geld im Zirkus zeigte. Schon der genauere Umgang mit der besseren Gesellschaft, von dem sie ja bis jetzt ausgeschlossen war, wird sie erst über ihre frühere Stellung im Leben aufklären, und einmal das gewonnen, kann sie nicht daran denken, je zu einem solchen Dasein zurückzukehren.«
    »Aber das Kind, auf das sie ihre ganze Hoffnung, ihren ganzen Stolz setzt!«
    »Gerade das Kind wird zuletzt das Band werden,« versicherte der Bruder, »das sie nur fester und inniger an das neue Leben kettet. Sie wird einsehen lernen, daß sie für ihre Tochter ein glücklicheres Los erwarten darf, als sie bis dahin für möglich hielt, und gerade ihr bis jetzt in eine falsche Bahn geworfener Stolz wird und muß sie dem richtigen Wege entgegenlenken. Das aber, mein Georg, überlasse der Zeit, die wird dabei das meiste wirken, und arbeite du selber dich nur wacker in den neuen Stand hinein. Die Frau macht mir, da wir sie einmal so weit haben, keine Sorgen mehr. Eins nur, was mich eher beunruhigt, ist, wie sich der Vater deiner Frau und – der Knabe in dieses geregelte, ja steif bürgerliche Leben finden werden. Die beiden mußt du streng überwachen und darfst sie nicht aus den Augen lassen.«
    »Für den Alten ist nichts zu besorgen,« sagte Georg, »er hat sogar der Tochter von Anfang an zugeredet, sich meinem Wunsche zu fügen und ziemlich bei Jahren schon, fühlt er sich sehr zufrieden und glücklich, seine Zukunft gesichert zu sehen. Das Beispiel, das er an vielen seines Standes im Alter vor Augen gehabt, mag ihn gewitzigt haben, und ich kann mich, wie ich glaube, fest auf ihn verlassen. Nicht so sicher ist mir der junge Bursche, der Sohn seines einst verunglückten Bruders, von dem er sich aber unter keiner Bedingung trennen wollte. Es ist das der einzige weiche Zug in seinem sonst ziemlich schroffen Charakter: die Anhänglichkeit an den Knaben, und wenn ich selber im Anfang auch dagegen war, daß er uns begleiten sollte, sah ich mich endlich doch genötigt nachzugeben. Außerdem hat der Alte mir fest versprochen, ihn im Zaume zu halten, und einmal mit dem früheren Leben gebrochen, wollte ich die, welche doch nun einmal meine Verwandten sind, auch nicht länger dabei wissen. Ich selber hätte sonst nie Ruhe gehabt und immer fürchten müssen, daß sie mir – selbst in späterer Zeit – noch einmal Schimpf und Schande gebracht.«
    »Du hast recht,« sagte Wolf, »es ist besser, viel besser so, und fürden Knaben wird sich, wenn er etwas Ordentliches gelernt hat, auch wohl schon eine Stellung finden lassen. Wir müssen aber vorsichtig mit ihm zu Werke gehen, daß er das alte Leben erst vergißt und selber Freude am Lernen findet. In Schildheim ist übrigens ein tüchtiger Lehrer, und es wird deine Sorge sein, ihn nach und nach heranzubilden und zu ziehen, damit das wilde Leben nicht wieder zum Ausbruch kommt, das doch wohl noch in ihm steckt. – Aber dort liegt das Forsthaus, Georg; erinnerst du dich noch des alten, mit Hirschgeweihen reichgeschmückten Hauses, mit seinem spitzen Giebel und den Sprüchen über der Tür?«
    »Jetzt, da es vor mir liegt,« sagte Georg, »taucht es, wie aus alten Zeiten, vor meiner innern Seele auf, und mir

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