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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Gott grüß' euch, ihr Leute – aber ich denke, wir gehen hinauf. Die gnädige Frau wird sich umziehen wollen, um zum Diner bereit zu sein. Schönle, führen Sie die Herrschaften in die für sie bestimmten Zimmer. Es ist doch alles in Ordnung gebracht?«
    »Alles, Herr Graf,« versicherte der Pächter, »obgleich wir Sieeigentlich erst auf morgen erwarteten. – Vogt, sorgt Ihr dafür, daß die Sachen augenblicklich hinaufgetragen werden.«
    Die Leute hatten sich bei dem an sie gerichteten freundlichen Gruße des Herrn herzugedrängt und warfen sich jetzt in einem wahren Feuereifer auf die verschiedenen Koffer und Hutschachteln, da jedes von ihnen wenigstens einen Teil des Gepäckes tragen und sich dabei dienstfertig beweisen wollte. War doch ihr junger Herr von allen recht von Herzen geliebt und der Tag immer ein Freudenfest, wo er einmal – was freilich selten genug geschah – unter ihnen erschien. Wie die Fremden aber im Schlosse verschwanden und das Gepäck an Ort und Stelle abgeliefert war, blieben sie auch den Blicken der Dienstleute für diesen Tag entzogen, und die Knechte und Mägde hatten nun Raum, abends in der Gesindestube ihre Ansichten über den neuen Pächter und seine Begleitung auszutauschen. Das geschah denn auch ohne Rückhalt, und der gemeine Mann hat da oft, was das erste Urteil über eine neue Erscheinung trifft, einen weit schärferen Blick und gesündern Takt, als man ihm gewöhnlich zutraut.
    Selbst der Vogt, eine Art Unterverwalter auf dem Gute, eigentlich aber nur der erste Knecht mit dem Titel Vogt, schien heute das Bedürfnis gefühlt zu haben, dem übrigen Gesinde, von dem er sich sonst gern etwas abgesondert hielt, seine Meinung über die neue Pächterfamilie mitzuteilen, und stand an dem Ofen, neben dem die Milchmagd eben einige ausgewaschene Gefäße zum Trocknen aufgestellt hatte, indem er an seiner Pfeife arbeitete, um sie wieder in Gang zu bringen. Er wartete augenscheinlich, von den übrigen als Autorität zuerst angeredet zu werden und hatte sich darin denn auch nicht getäuscht.
    »Na, Vogt,« sagte der erste Schafknecht oder Schäfer, der oben am Tische saß und, während die Mägde die abgegessenen Schüsseln wieder hinaustrugen, sein Rauchzeug ebenfalls hervorholte, »da haben wir ja den neuen Pächter warm aus der Stadt heraus. Wie gefällt er Euch?«
    »Gut,« sagte der Vogt, einen langen Spanfidibus an die kurze Pfeife haltend. »Er hat etwas Respektierliches im Aussehen; beinahe so wie unser gnädiger Herr selber, wenn er auch mit dem großen Bart ein bißchen wild drein schaut.«
    »Uns auch,« meinte der andere Knecht, »und Donnerwetter, wie die Madame, die neue Pächterin, springen konnte! Die möcht' ich einmal auf dem Tanzboden sehen; die muß nicht schlecht fliegen können.«
    »Wer war nur der Alte, der in dem zweiten Wagen bei den Kindern saß?« meinte der Schäfer, »das ist ein wunderlicher Kauz. Über das Gesicht zuckte es ihm immer wie tausend Falten, als ob's ihn an der Nase juckte und er sich nicht kratzen dürfte.«
    »Hm,« meinte der Vogt, »ich denke mir, das wird wohl der Lehrer von den beiden Kindern sein, den sie sich mitgebracht haben. Erst hielt ich ihn für einen neuen Verwalter, aber wie ein Ökonom sieht er mir doch nicht aus, und der Alte bleibt ja auch, das hat ihm der gnädige Herr gleich versichert.«
    »Aber der gnädige Herr sieht recht bleich und abgemagert aus,« sagte die Großmagd, »er muß gewiß krank gewesen sein. Er war auch so ernst und still; gar nicht so fröhlich wie das letzte Mal, wo er hier war.«
    »Das macht die Stadtluft,« meinte der Vogt, »in dem vielen Steinkohlenqualm und Dampf können die Menschen natürlich nicht so gesund sein wie hier draußen bei uns in der frischen Luft. Wo soll's denn herkommen?«
    »Ach was!« sagte die Magd, »das ist kein Steinkohlendampf, was dem gnädigen Herrn auf dem Gesichte liegt, das ist was anderes, viel Schwereres, und ich will ihm zu Gott wünschen, daß er kein geheimes Herzeleid zu tragen hat.«
    »Herzeleid!« lachte der Pferdejunge, der sich hinter den Ofen auf die Bank gedrückt hatte und erst vor ein paar Monaten hier angezogen war, überhaupt ein etwas naseweiser Gesell, »wo soll derlei Herzeleid herkriegen! Das hat Geld genug, und mit dem Geld kauf' ich dem Teufel sein Ohr ab in der Welt.«
    »Du Gelbschnabel weißt wohl auch schon, wie es in der Welt aussieht,« sagte die Großmagd, ihn verächtlich über die Achsel ansehend, »daß solche – Nasen, die noch nicht

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