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Der Kunstreiter

Titel: Der Kunstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Reise, Herr Pächter – bin jetzt nur neugierig, wie der neue einschlägt.«
    Die ersten Tage vergingen so in dem Einrichten des neuen Pächters, und selbst Frau von Geyfeln – wie sich Georgine gar nicht ungern nennen hörte, war es doch nur eine neue Rolle, die sie spielte – fand Unterhaltung darin, sich von der alten Wirtschafterin, die gar geschäftig in den weitläufigen Gebäuden hin und her fuhr, in die Geheimnisse einer ländlichen Haushaltung einweihen zu lassen. Sie war dabei klug genug der Frau zu verheimlichen, daß sie noch gar nichts von solchem Wirtschaftswesen verstand, und bei ihr vollkommen fremden Sachen fragte sie erst auf weiten Umwegen vorsichtig herum, bis sie zum Ziele kam und erfuhr, was sie eben wissen wollte. Frau Sibylle fühlte sich dabei außerordentlich geschmeichelt über das herablassende Benehmen der gnädigen Frau, die sich natürlich nur informieren wollte, wie die Sachen hier in ihrer Gegend gemacht und vorgenommen würden; denn jedenfalls hatten sie es bei ihr zu Hause ganz anders, nur lange nicht so gut und zweckmäßig betrieben. Die Wirtschafterin wollte sie auch überhaupt sehen, die so gute Käse machte wie sie, die solch fette Butter lieferte, deren Kühe so fette Milch gäben, und was das Trocknen von Obst, das Räuchern von Fleisch, das Einmachen von Kraut und Gurken betraf, da suchte sie ihren Meister. – Und wie vornehm sah die neue Frau Pächterin dabei aus! was für seine Hände hatte sie, und wie lief sie mit den blankgewichsten, papierdünnen Schuhchen so keck mit durch alle Ställe und in Milch- und Käsekammern, auf Rauch- und Trockenböden! Und kannte sie nicht schon am ersten Abend alle Kühe beim Namen nach der Reihe her? Selbst in den Pferdestall, obgleich sie da eigentlich nicht hingehörte, war sie gleich am ersten Morgen gegangen und hatte gefragt, wie die Tiere behandelt würden und wie viel Futter sie bekämen – und vor den Pferden fürchtete sie sich nicht so viel! Georg indessen, der, wenn auch mit stiller, doch inniger Freude dem wirtschaftlichen Leben seiner Frau aus der Ferne zusah, hatte selber alle Hände voll zu tun, um die kurze Zeit zu benutzen, die sein Bruder noch bei ihnen auf dem Gute zubringen konnte, um soviel wie möglich von dem Verwaltungswesen eines solchen Gutes zu lernen. Die Zeit war doch so kurz und gar so mancherlei dabei zu erfragen,was sich durch Erfahrung gewöhnlich nur mit Schaden lernen läßt. Aber er hatte den festen, männlichen Willen, sich in dieses neue Leben einzuarbeiten, und Wolf war unermüdlich, ihm, was er selber wußte, darüber mitzuteilen.
    Der einzige, der, wenn auch nicht teilnahmlos, doch vollkommen untätig dem ganzen Treiben und Schaffen zusah und alles ruhig an sich vorübergleiten ließ, war der Alte, Georginens Vater, der unter seinem wirklichen Namen Mühler eingeführt war, und auch keine weitere Auszeichnung beanspruchte, als daß man ihn eben zufrieden ließ. Er glich dabei einem Manne, der nach harter Anstrengung und Arbeit längere Ferien angetreten und vorderhand auch weiter keinen Zweck hatte, als sich recht ordentlich und gründlich auszuruhen. Er schlief gewöhnlich bis morgens acht oder neun Uhr, frühstückte dann mit den Kindern auf seinem Zimmer, machte einen Spaziergang mit ihnen nach dem Walde zu, kam mittags wieder nach Hause, aß sehr stark und verträumte dann seinen Nachmittag in ähnlicher Weise, wie er den Vormittag durchgebracht hatte. Georg sah nun wohl ein, daß dieses Nichtstun auf die Länge der Zeit nicht ausführbar sein würde und einer, wenn auch geringen, doch festen Tätigkeit weichen müsse. Für jetzt ließ er den Alten aber gewähren, einesteils, weil er zu viel zu tun hatte, um sich mit ihm abzugeben, andernteils, weil er hoffte, daß sein Schwiegervater endlich selber zu ihm kommen würde, ihn um irgend eine Beschäftigung zu bitten. Selber an Tätigkeit gewöhnt, hielt er es nicht für möglich, daß sich irgend ein Mensch an einem solchen Leben lange freuen könne.
    Die Kinder befanden sich jedenfalls am wohlsten; denn ganz ungewohnt, so wie hier in der freien, schönen Natur zu schwelgen, mit dem grünen Rasen unter, den breitästigen Bäumen über sich, sangen und hüpften sie mit den Vögeln draußen um die Wette und schienen am raschesten das früher geführte Leben vergessen zu wollen. Nur die eine Angst hatte Georg, daß sie auch am leichtesten und unbefangensten ihren früheren Stand ausplaudern würden, und obgleich ihnen, selbst von der Mutter,

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