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Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Titel: Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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Swinburne nur knapp.
    Das Mega-Pferd verschwand im wabernden Dunst.
    Burton und Swinburne gingen weiter.
    »An welchem Punkt kommt Spring Heeled Jack ins Spiel, Algy?«, fragte der königliche Agent.
    »Laut dem Irren Marquis«, antwortete Swinburne, »erhalten wir, was er ›transnaturale Kräfte‹ genannt hat, sobald wir die Grenzen überwinden, die uns definieren. Spring Heeled Jack, der über ein Haus hüpft, so hat er behauptet, ist ein Abbild dieser Mächte, denn er ist das beste Beispiel eines Wesens, das allein nach seiner eigenen Pfeife tanzt, Gesetz und Moral hin oder her. Anscheinend ist diese Freiheit der nächste Schritt unserer Evolution.«
    Burton schüttelte den Kopf.
    »Sich zu befreien ist eine Sache, sich an jungen Mädchen zu vergehen eine andere«, widersprach er. »Bei Gott! Die Theorie des armen alten Darwins scheint sich wirklich für alle als gefährlich zu erweisen. Die Kirche hat sie beinahe die Existenz gekostet, Darwin selbst wurde gezwungen, ein Leben im Verborgenen zu führen, und jetzt zieht man seine Annahmen auch noch heran, um sexuelle Übergriffe auf Unschuldige zu rechtfertigen! Algy, solche Taten sind doch eher Zeichen des Rückschritts, nicht der Evolution! Wenn wir uns von der Unterdrückung befreien müssen, um uns zu entwickeln – und hierbei stimme ich den Aufrührern zu –, sollte man dann nicht auch einen eigenen Verhaltenskodex entwickeln, der derart verderbliche Taten untersagt? Die Evolution sollte uns aus dem animalischen Verhalten herausführen, nicht wieder dorthin zurück!«
    Swinburne zuckte mit den Schultern und sagte: »Die Aufrührer haben sich auf das Bestialische spezialisiert. Sie fröhnen der Perversion, schwarzer Magie, Drogen und Verbrechen. Sie wollen Tabus brechen, Gesetze und Doktrinen, die sie als künstlich und repressiv empfinden.«
    Der Pub kam in Sicht.
    »Gelobt sei der Herr!«, jubelte Swinburne. »Ich sterbe vor Durst.«
    »Hältst du es noch eine Weile aus?«, fragte Burton. »Ich habe vor, diesen Pub links liegen zu lassen und weiter zum Hog In The Pound in der Oxford Street zu laufen.«
    »Ah, du möchtest dir den Geburtsort der Libertins ansehen, ja? Klar, gehen wir rüber. Aber warum das plötzliche Interesse, Richard?«
    Burton erzählte Swinburne die Geschichte der zweifelhaften Verbindung zwischen Spring Heeled Jack und Edward Oxford.
    Eine halbe Stunde später standen sie vor dem Hog In The Pound. Es war ein dunkles, massives Gebäude, uraltes Fachwerk mit schiefen, verwitterten Balken. Auf der Straße vor dem Haus lag eine havarierte Müllkrabbe, und neugierige Passanten hatten sich darum versammelt. Ihr schwerer Leib hatte die vier rechten Beine unter sich begraben. Die Hälfte der dünnen Arme an der Unterseite, die als Müll-Kollektoren dienten, waren abgeknickt oder vollkommen verbogen, und aus einem Riss auf der oberen Seite des Leibes stieg träge etwas Dampf auf. Immer wieder zuckte eines der linken Beine.
    Swinburne kicherte.
    »Siehst du«, erklärte er mit lauter Stimme. »Noch immer sucht der Geist der Libertins den Hog In The Pound heim! Alle Maschinen, die hier vorübergehen, sind todgeweiht! Ein Hoch auf Kunst und Poesie! Nieder mit den Technokraten!«
    Sie betraten den Pub und drängten sich durch den niedrigen, schlecht beleuchteten Schankraum, in dem sich eine durstige Meute aus Lohnarbeitern, Angestellten und Beamten den Ruß aus den Kehlen spülte, bis ins Hinterzimmer, das beträchtlich heller und weniger gut besucht war. Sie hängten ihre Hüte und Mäntel an die Garderobe neben der Tür, suchten sich einen Tisch und machten es sich bequem. Eine Kellnerin nahm ihre Bestellung auf: ein Glas Port für Burton und ein helles Bier für Swinburne. Zum Essen wählten beide Steak-and-Ale-Pie.
    »Hier ist es also passiert«, bemerkte Swinburne und betrachtete den rauchgefärbten, holzvertäfelten Raum. »In diesem Raum hat der Irre Marquis seinen Anhängern gepredigt.«
    »Eine Predigt der Gesetzlosigkeit, des Wahns und der Maßlosigkeit, wie es scheint.«
    »Anfangs noch nicht. Erst war es nur ziemlich lahmes Ludditen-Gelaber. Maschinen sind hässlich. Maschinen nehmen uns die Arbeit weg. Maschinen entmenschlichen uns. Was man eben immer so hört. Ich persönlich glaube, der Irre Marquis hat sich der Volksmeinung angepasst, ich denke nicht, dass er seinem eigenen Sermon viel Glauben geschenkt hat.«
    »Was bringt dich zu der Annahme?«
    »Die Tatsache, dass er seit ’37 eng mit Isambard Kingdom Brunel befreundet war.

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