Der Kuss der Göttin (German Edition)
kalten Auto. Doch als sich meine Augenlider flatternd öffnen, um mir einen schneebedeckten Wald zu zeigen, beleuchtet von einem überirdischen Glühen, weiß ich, das muss ein Traum sein. Ein Blick an dem umwerfenden Kleid hinab, das mir in silbern glänzenden Falten um die Beine wirbelt, bestätigt es.
Ich gehe ziellos durch den lichten Wald; Schneeflocken legen sich mit einer Kälteexplosion auf meinen ansonsten warmen Körper. Die lange Schleppe des Kleids schleift über den Pulverschnee hinter mir und hinterlässt eine flache Spur, die sich um die Bäume windet, während ich mich drehe und schlängle – nicht in Eile, aber auf der Suche nach etwas.
Sein Profil ist das Erste, was ich sehe. Wie immer sind seine Haare im Nacken zusammengebunden, auch wenn ein paar dünne Strähnen auf seinen gebräunten Wangen liegen. Ein Umhang bedeckt seine Schultern, hüllt seinen Körper in eine Schwärze, die beinahe mit dem Baum verschmilzt, an dem er lehnt. Er dreht den Kopf und laubgrüne Augen erwidern meinen Blick. Meine Brust zieht sich zusammen und ich schnappe bei seinem Anblick nach Luft. Sein Blick geht durch mich hindurch, in mich hinein, sieht meine Seele. Nach einem Augenblick der Betrachtung – als entdecke er etwas in mir, das ihn überrasche –, entspannt sich sein Gesicht, und er lächelt. Er streckt eine behandschuhte Hand aus und zwischen seinen Fingern erscheint eine blutrote Rose.
»Ich wusste, du würdest zu mir kommen.«
Quinns Worte durchbrechen eine unsichtbare Barriere, und ich laufe los; meine nackten Füße bewegen sich lautlos auf dem weichen Schnee. Die Rose fällt zu Boden, als er die Arme ausbreitet, ein Spiegel meiner eigenen, als wir uns nacheinander ausstrecken.
Ausstrecken.
Ausstrecken.
Mein Körper prallt an seine warme Brust, und seine Hände sind an meinen Wangen, ziehen mich zu sich, packen mich im Nacken. Ich habe keine Zeit, die Augen zu öffnen, bevor sein Mund mit weichen Lippen meinen findet. Es ist, als sei ein Damm in uns gebrochen, und alle Sehnsucht, jeder Wunsch wird erfüllt. Fingerspitzen streichen an meinen Seiten hinab, schlängeln sich hinter meinen Rücken, ziehen mich fester, näher heran. Ich umklammere sein Hemd, dünnes weißes Leinen unter seinem Umhang, und ziehe ihn zu mir herab.
Oder vielleicht ziehe ich mich auch selbst hoch.
Egal, was immer mich ihm näher bringt. So nahe sich zwei Seelen sein können, ohne zu einer zu verschmelzen. Seine Lippen verlassen meinen Mund, und bevor ich protestieren kann, finden sie meinen Hals, die Kuhle meines Pulses. Meine Finger fahren ihm durch die Haare, und ich zerre das Haarband weg, sodass die Strähnen auf meine Hand fallen, sie seidig umschmeicheln – ich wusste, dass es sich genau so schön anfühlen würde.
Mit einem widerstrebenden Knurren löst sich Quinn von mir. Seine Hände umrahmen mein Gesicht, sein Blick bohrt sich in meinen. »Ich habe dir Dinge zu zeigen«, sagt er, und mein ganzer Körper erstarrt bei der Ernsthaftigkeit, die in seinen Worten liegt.
»Dann zeig sie mir«, flüstere ich mit mehr Anstrengung, als es eigentlich erfordern sollte. Meine Worte sind eine Dunstwolke in der Luft, die ein paar Sekunden lang unnatürlich zwischen uns hängt, bis ein verirrter Windstoß sie fortbläst.
Quinn zieht mich wieder an sich und sein Mund ruht dicht an meiner Wange. »Ich habe dir Dinge zu zeigen«, flüstert er wieder; seine Lippen berühren mein Ohrläppchen und jagen mir einen Schauder über den Rücken.
Schließlich löst er sich von mir und in seinen Augen liegt ein seltsamer Schatten. Seine Arme sinken von meiner Taille herab und er macht ein paar Schritte rückwärts.
Dann dreht er sich um.
Und geht fort.
»Quinn?« Die Worte sind ein Flüstern. Es ist mein Traum; er kann nicht weggehen. »Quinn?« Lauter jetzt hallt meine Stimme von den Bäumen wider und lässt die Eiszapfen klirren. »Quinn!« Die Bäume beben unter meinem durchdringenden Schrei; die Eiszapfen fallen klappernd zu Boden. Ich hebe meine Röcke an und versuche, ihm nachzulaufen, doch der Wald um mich herum wird dunkler, und bald kann ich nichts mehr sehen.
Mit ausgestreckten Armen taste ich mich durch die Dunkelheit, meine Handflächen kratzen schmerzhaft über die messerscharfe Rinde, wenn ich auf einen Baum stoße. Bald fühle ich, wie das Blut warm und dickflüssig an meinen Armen entlangläuft.
Wieder und wieder rufe ich seinen Namen, irgendwie weiß ich, dass ich dieser Dunkelheit entkommen kann, wenn ich ihn nur
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