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Der Kuß der Schlange

Der Kuß der Schlange

Titel: Der Kuß der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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gestohlen werden will.«
    »Die beiden sind sich nur einmal begegnet, glaube ich. Dann war diese Begegnung also kein Erfolg?«
    »Ich überredete meine Mutter, nach Earls Court zu kommen und Angela kennenzulernen. Ich hätte es besser wissen sollen, aber ich dachte, wenn sie sie persönlich kennenlernt, dann würde sie vielleicht ihr Gefühl überwinden, Angela sei eine Art Hure. Meine Mutter nahm schon Anstoß an Angelas Kleidung – sie trug diese Jeans und das rote Hemd –, und als sie etwas wenig Schmeichelhaftes über Eileen sagte, da verließ meine Mutter schnurstracks das Haus.«
    Hathalls Gesicht war bei der Erinnerung daran noch roter geworden. Wexford fragte: »Also haben die beiden praktisch während Ihrer ganzen zweiten Ehe nicht miteinander geredet?«
    »Meine Mutter weigerte sich, uns zu besuchen oder uns bei sich einzuladen. Mit mir traf sie sich natürlich. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, am liebsten hätte ich mit ihr auch total gebrochen, aber ich fühlte mich meiner Mutter gegenüber verpflichtet.«
    Wexford nahm solche tugendhaften Beteuerungen immer mit gewisser Skepsis auf. Und er fragte sich im Stillen, ob die alte Mrs. Hathall, die fast siebzig sein mußte, wohl Ersparnisse zu vererben hatte.
    »Wie kam es zu der Idee eines Wiedersehens, wie Sie es für dieses Wochenende geplant hatten?«
    »Als ich diesen Job bei Marcus Flower bekam – nebenbei gesagt, mit dem Doppelten dessen, was ich bei Kidds verdiente –, da entschloß ich mich, während der Wochentage bei meiner Mutter zu übernachten. Sie wohnt in Balham, von dort ist es nicht allzu weit bis zur Victoria Station. Angela und ich suchten eine Eigentumswohnung in London, es wäre also nicht mehr lange so weitergegangen. Aber wie immer verfolgte mich das Unglück. Also, wie gesagt, ich verbrachte seit Juli werktags jeden Abend bei meiner Mutter, und da erzählte ich ihr von Angela und davon, wie schön ich es fände, wenn sie sich wieder vertragen würden. Acht Wochen lang habe ich auf sie eingeredet, aber schließlich ging sie darauf ein, uns für ein Wochenende zu besuchen. Angela war sehr nervös bei der ganzen Sache. Natürlich war ihr ebensoviel daran gelegen wie mir, daß meine Mutter sie gern hatte, aber sie war sehr ängstlich. Sie scheuerte das ganze Haus von oben bis unten, damit meine Mutter da nicht herummäkeln könnte. Leider werde ich nie mehr erfahren, ob es sich gelohnt hat.«
    »Mr. Hathall, als Sie gestern abend am Bahnhof ankamen und Ihre Frau nicht da war, um Sie wie verabredet abzuholen – wie war da Ihre Reaktion?«
    »Was meinen Sie damit?« fragte Hathall schroff.
    »Wie war Ihnen da zumute? Besorgt? Verärgert? Oder bloß enttäuscht?«
    Hathall zögerte. »Verärgert war ich bestimmt nicht«, antwortete er. »Ich dachte eher, das sei ein schlechter Start für das Wochenende. Und ich vermutete, daß Angela wohl zu nervös gewesen war, um zu kommen.«
    »Ich verstehe. Und als Sie zu Hause ankamen, was taten Sie dann?«
    »Ich weiß zwar nicht, was dies alles soll, aber ich nehme an, es steckt irgendeine Absicht dahinter.« Wieder warf Hathall ungeduldig den Kopf zurück. »Ich rief nach Angela. Als sie nicht antwortete, ging ich auf der Suche nach ihr ins Eßzimmer und in die Küche. Dort war sie nicht, also ging ich raus in den Garten. Dann sagte ich meiner Mutter, sie solle schon mal nach oben gehen, während ich nachsehen wollte, ob der Wagen in der Garage stand.«
    »Sie dachten vielleicht, daß Sie sich womöglich verfehlt haben konnten – Sie zu Fuß und Ihre Frau im Auto?«
    »Ich weiß nicht, was ich dachte. Ich suchte bloß ganz selbstverständlich überall nach ihr.«
    »Aber oben nicht, Mr. Hathall?« fragte Wexford ruhig.
    »Nicht als erstes. Das hätte ich schon noch getan.«
    »Lag es nicht auf der Hand, daß sich eine nervöse Frau, die sich vor ihrer Schwiegermutter fürchtet, sich wahrscheinlich in ihrem eigenen Schlafzimmer verkriecht? Aber Sie haben sie nicht als erstes dort gesucht, wie man hätte annehmen können. Sie gingen in die Garage und schickten Ihre Mutter hinauf.«
    Hathall hätte aufbrausen können, hätte Wexford auffordern können, klar zu sagen, worauf er hinauswolle; statt dessen sagte er in ziemlich steifem Ton: »Wir können nicht immer erklären, warum wir was tun.«
    »Da bin ich anderer Meinung. Ich denke, das können wir wohl, wenn wir ehrlich über unsere Motive nachdenken.«
    »Nun, ich dachte wahrscheinlich, wenn sie auf mein Rufen nicht geantwortet hat, dann kann sie

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