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Der Kuß der Schlange

Der Kuß der Schlange

Titel: Der Kuß der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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altmodisch und fast ebenso still wie die Bibliothek, und Mr. Butler genauso verhutzelt wie Miss Marcovitch. Aber er trug ein joviales Lächeln zur Schau, die Atmosphäre war mehr geschäftsmäßig als gelehrt, und das einzige Porträt war das starkfarbige Ölgemälde eines älteren Herrn im Abendanzug.
    »Mein früherer Partner, Mr. Craig«, erklärte William Butler.
    »Dann war es sein Sohn, nehme ich an, der Robert und Angela Hathall miteinander bekannt machte?«
    »Sein Neffe. Paul Craig, sein Sohn, ist mein Partner, seit sein Vater sich zur Ruhe gesetzt hat. Das war Jonathan Craig, der früher bei diesen Archäologen gearbeitet hat.«
    »Ich glaube, die Begegnung der beiden hat hier auf einer Büroparty stattgefunden?«
    Der alte Mann gab ein scharfes, keckerndes Lachen von sich. »Eine Party hier? Wo sollten wir wohl Essen und Trinken hinstellen, ganz zu schweigen vom Platz für die Gäste? Außerdem würden sie hier an ihre Einkommensteuer erinnert und bekämen schlechte Laune und Depressionen. Nein, die Party damals fand in Mr. Craigs Privathaus in Finchley statt, als er nach fünfundvierzig Jahren in den Ruhestand trat.«
    »Haben Sie Angela Hathall dort kennengelernt?«
    »Es war das einzige Mal, daß ich ihr begegnet bin. Nett aussehende Person, obwohl auch so’n bißchen mit diesem Shetlandpony-Look, den sie heute alle haben. Trug natürlich auch Hosen. Ich persönlich finde, eine Frau sollte einen Rock anziehen, wenn sie zu einer Party geht. Bob Hathall war sofort hingerissen von ihr, das konnte man deutlich sehen.«
    »Das kann aber Mr. Jonathan Craig nicht gefallen haben.«
    Wieder gab Mr. Butler sein keckerndes Lachen von sich. »Dem war es doch nicht ernst mit ihr. Ist übrigens inzwischen verheiratet. Seine Frau ist keine Augenweide, aber betucht ist sie, mein lieber Mann, und wie! Diese Angela wäre bei seiner Familie sowieso niemals angekommen, die sind nicht so leger wie ich. Meine Güte, selbst mir verschlug es ein bißchen die Sprache, als sie auf Paul zutrat und meinte, er hätte aber mal einen feinen Job, genau das Richtige, um zu wissen, wie man die Steuererklärung frisiert. Das zu einem Wirtschaftsprüfer zu sagen, ist wie einem Arzt zu erklären, er sei fein raus, weil er an Heroin herankäme.« Mr. Butler schmunzelte vergnügt in sich hinein. »Ich habe auch die erste Mrs. Hathall kennengelernt, wissen Sie«, fuhr er fort. »Das war eine temperamentvolle Person. Wir hatten hier eine Mordsszene, sie donnerte gegen die Türen und versuchte, zu Bob zu kommen, der hatte sich nämlich in seinem Büro eingeschlossen. Eine Stimme hat die, wenn sie loslegt! Ein andermal hat sie den ganzen Tag auf der Treppe gesessen und gewartet, daß er rauskäme. Er schloß sich wieder ein und blieb die ganze Nacht über hier. Weiß Gott, wann sie nach Hause gegangen ist. Am nächsten Tag tauchte sie prompt wieder auf und brüllte mich an, ich solle dafür sorgen, daß er zu ihr und seiner Tochter zurückkäme. Ein Mordsspektakel war das, das vergesse ich nie.«
    »Und deswegen haben Sie ihn entlassen«, setzte Wexford hinzu.
    »Das hab ich nicht! Behauptet er das?«
    Wexford nickte.
    »Verdammt noch mal! Bob Hathall war immer ein Lügner. Ich sag Ihnen, was passiert ist, und Sie können es glauben oder nicht, wie’s Ihnen beliebt. Ich holte ihn nach dem ganzen Theater hier rein zu mir und sagte ihm, er solle mal seine Privatangelegenheiten ein bißchen besser unter Kontrolle bringen. Wir hatten eine kleine Auseinandersetzung, und schließlich kriegte er einen Wutanfall und schrie, er würde kündigen. Ich versuchte, ihn zu besänftigen. Er war als Laufbursche zu uns gekommen und hat seine ganze Ausbildung hier bei uns gemacht. Ich sagte ihm, wenn er sich scheiden ließe, dann werde er jeden Penny brauchen, und auch, daß er im nächsten Jahr eine Gehaltserhöhung bekommen würde. Aber er hörte nicht zu und sagte bloß immer wieder, alle seien gegen ihn und diese Angela. So ging er wirklich und kriegte irgend so einen lumpigen Teilzeitjob. Tja, geschah ihm recht.«
    Wexford dachte an Angelas Unterschlagung und an ihre Bemerkungen gegenüber Paul Craig, und eingedenk des Sprichwortes ›Gleich und gleich gesellt sich gern‹ fragte er Mr. Butler, ob Robert Hathall je irgend etwas getan hätte, das auch nur entfernt nicht ganz einwandfrei gewesen wäre? Mr. Butler blickte schockiert drein.
    »Ganz bestimmt nicht. Ich habe zwar gesagt, er blieb nicht immer ganz bei der Wahrheit, aber sonst war er

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