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Der Kuß der Schlange

Der Kuß der Schlange

Titel: Der Kuß der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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sechsundzwanzigsten des laufenden Monats gegen fünfzehn Uhr in der Umgebung der Dartmeet Avenue, NW 6, aufhielt, nahm ich es auf mich, Nachforschungen bezüglich des Domizils des Kontrahenten anzustellen. Während eines Gesprächs mit dem Hauswirt, bei dem ich mich als Beamter der örtlichen Steuerbehörde ausgab, erfragte ich die Anzahl der Wohnungen und wurde informiert, daß in diesem Gebäude lediglich einzelne Zimmer zu mieten sind …«
    Ziemlich verwegen von Ginge, war Wexfords erster Gedanke, obwohl er sich diese Rolle wahrscheinlich nur zugelegt hatte, um seinen Arbeitgeber zu beeindrucken, und in der Hoffnung, der würde darüber den weit gefährlicheren Auftrag, Hathall im Bus zu verfolgen, vergessen. Aber das war unwichtig. Was Wexford verblüffte, war, daß Hathall nicht Wohnungseigentümer, sondern Mieter war, und noch dazu nur eines Zimmers statt einer Wohnung. Merkwürdig, sehr merkwürdig. Er hätte es sich leisten können, eine Wohnung auf Hypothekenbasis zu kaufen. Warum hatte er das nicht getan? Weil er nicht beabsichtigte, auf Dauer ein Domizil (wie Ginge es ausdrücken würde) in London zu haben? Oder weil er sein Geld anderweitig verwendete? Beides war möglich. Aber Wexford hielt dies doch für den bemerkenswertesten Umstand, den er bisher in Hathalls derzeitigem Leben entdeckt hatte. Selbst bei den Londoner Mieten, ungeheuerlich, wie sie waren, konnte er für ein Zimmer nicht mehr als allerhöchstens fünfzehn Pfund wöchentlich zahlen, dabei mußte er nach allen Abzügen an die sechzig verdienen. Wexford hatte außer Howard keinen Vertrauten, also sprach er mit ihm am Telefon darüber.
    »Du meinst, er könnte jemand anderen unterstützen?«
    »Genau das«, erwiderte Wexford.
    »Nehmen wir also an, fünfzehn die Woche für ihn und fünfzehn für sie als Miete …? Und wenn sie nicht arbeitet, dann muß er sie auch noch unterhalten.«
    »Mann, du weißt gar nicht, wie gut es mir tut, wenn ich höre, daß jemand von ihr wie von einer realen Person, einfach von ›ihr‹ spricht. Du glaubst doch, daß sie existiert, oder?«
    »Es war schließlich kein Geist, der den Abdruck hinterlassen hat, Reg, die existiert wirklich.«
    In Kingsmarkham hatten sie aufgegeben. Sie hatten die Nachforschungen abgebrochen. Griswold hatte zwar den Zeitungen irgendwelchen Mist erzählt – so nannte es Wexford –, von wegen der Fall sei nicht abgeschlossen, aber genaugenommen war er abgeschlossen. Er äußerte das nur, um sein Gesicht zu wahren. Somerset hatte Bury Cottage an ein junges, amerikanisches Paar vermietet, beide Volkswirtschaftler an der Universität. Der Vorgarten war in Ordnung gebracht worden, und sie sprachen davon, den hinteren Garten auf eigene Kosten neu anlegen zu lassen. An einem Tag hingen die Pflaumen schwer am Baum, am nächsten war er leergepflückt. Wexford erfuhr nie, ob Nancy Lake sie bekommen und ›Mirakelmarmelade‹ daraus gekocht hatte, denn seit dem Tag, an dem ihm befohlen worden war, die Finger von Hathall zu lassen, hatte er Nancy nicht wiedergesehen.
    Vierzehn Tage nichts von Ginge. Schließlich rief Wexford ihn im Countess of Castlemaine an, nur um von ihm zu erfahren, daß Hathall an den ›überwachten‹ Abenden zu Hause geblieben sei. Er werde aber heute abend und auch am Samstag nachmittag wieder Posten beziehen. Am Montag kam sein Bericht. Hathall hatte am Samstag seine üblichen Einkäufe erledigt, aber am Abend vorher sei er um sieben Uhr zur Bushaltestelle West End Green hinuntergegangen. Ginge war ihm gefolgt, hatte sich aber einschüchtern lassen (›war vorsichtig geworden‹, lautete sein Ausdruck), weil Hathall sich argwöhnisch umgeblickt hätte. Aus diesem Grund sei er ihm nicht bis in den Achtundzwanziger gefolgt, in den der Kontrahent zehn nach sieben eingestiegen sei. Wexford schleuderte den Briefbogen in den Papierkorb. Das war genau, was ihm noch fehlte: daß Hathall auf Ginge aufmerksam wurde!
    Wieder verstrich eine Woche. Wexford war schon soweit, Ginges nächsten Bericht ungeöffnet wegzuwerfen. Er hatte das Gefühl, noch einen Bericht über Hathalls samstägliche Einkaufsaktivitäten nicht verkraften zu können. Aber er öffnete den Brief doch. Und natürlich stand darin der übliche Quatsch über den Besuch im Supermarkt. Es stand aber auch, gleichsam beiläufig angefügt, als ob es nicht weiter wichtig, sondern lediglich ein zeilenfüllendes Anhängsel sei, daß Hathall nach seinen Einkäufen in ein Reisebüro gegangen sei.
    »Der Laden, in dem er

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