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Der Kuß der Schlange

Der Kuß der Schlange

Titel: Der Kuß der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Teppich-Abholmarkt.
    Der Filialleiter war ein steifer, großspuriger Mensch, der auf Wexfords Fragen sehr ungehalten reagierte.
    »Sie in unsere Bücher Einblick nehmen lassen? Nicht ohne gerichtliche Vollmacht.«
    »Na gut. Aber sagen Sie mir bitte wenigstens eins: Wenn auf ein Konto keine Einzahlungen mehr erfolgen, und es ist leer oder nahezu leer, fragen Sie dann schriftlich bei dem Kontoinhaber an, ob es aufgelöst werden soll?«
    »Wir haben diese Praxis aufgegeben. Wenn jemand nur noch fünfzehn Pence auf einem Konto hat, dann verschwendet er keine Briefmarke, um uns mitzuteilen, er wolle das Konto auflösen. Ebensowenig wird er fünf Pence für einen Busfahrschein ausgeben, um es abzuheben. Klar?«
    »Würden Sie für mich nachprüfen, ob es bei irgendwelchen von Frauen unterhaltenen Konten seit – seit April oder Mai letzten Jahres weder Ein- noch Auszahlungen gegeben hat? Und wenn ja, würden Sie mit den Inhaberinnen in Verbindung treten?«
    »Nein«, sagte der Filialleiter kurz und bündig, »nicht, wenn dies keine offizielle polizeiliche Angelegenheit ist. Ich habe dafür kein Personal.«
    Genau das habe ich auch nicht, dachte Wexford, als er die Bank verließ. Kein Personal, keine Geldmittel, keinerlei Ermutigung; nach wie vor nichts als seine persönlichen ›Gefühle‹, um Griswold zu überzeugen, daß diese Sache eine Verfolgung wert war. Kidds hatte eine Lohnliste, Hathall konnte sich über Bankkonten, deren Inhaber fiktive Frauen waren, Geld beschafft haben. So gesehen hatte aber auch das Polizeipräsidium Kingsmarkham eine bescheidene Bargeldkasse, und er, Wexford, hätte sich ebenfalls daraus bedienen können. Der erstere Fall bot nicht mehr Grund zu Verdächtigungen als der letztere, und genau so würde der Chief Constable es auch sehen.
    »Wieder eine Sackgasse«, sagte er abends zu seinem Neffen. »Aber ich blicke jetzt wenigstens durch, wie das alles geschehen ist, nämlich so: Die Hathalls und die andere Frau betreiben ihre Betrügereien erfolgreich über ein paar Jahre. Die Verteilung der Beute erfolgt jeweils in Bury Cottage. Als Hathall seinen neuen Job kriegt, besteht keine Notwendigkeit mehr für den Trick mit der Lohnliste. Die andere Frau könnte also von der Bildfläche verschwinden. Sie tut es aber nicht, weil Hathall ihr verfallen ist und sie weiterhin treffen will. Man kann sich Angelas Wut vorstellen. Ihre Idee war es gewesen, sie hatte es geplant, und nun das! Sie verlangt also von Hathall, entweder die andere aufzugeben, oder sie werde ihn auffliegen lassen, aber Hathall kann es nicht. Er tut zwar so als ob, und alles scheint wieder gut zwischen ihm und Angela, gut in einem Ausmaß, daß Angela ihre Schwiegermutter einlädt und das Haus saubermacht, um sie zu beeindrucken. Am Nachmittag holt Angela ihre Rivalin ins Haus, vielleicht, um die Sache endgültig zu bereinigen. Die andere stranguliert sie wie vereinbart, läßt aber diesen Abdruck an der Badewanne zurück.«
    »Fabelhaft«, sagte Howard, »ich bin überzeugt, daß du recht hast.«
    »Und was hab ich davon? Ich kann ebensogut morgen nach Hause fahren. Kommt ihr Weihnachten zu uns?«
    Howard klopfte ihm auf die Schulter wie an dem Tag, als er sich zur Wachablösung bereit erklärt hatte. »Bis Weihnachten sind es ja noch vierzehn Tage hin. Ich beobachte ihn weiter, so oft ich abends frei bin.«
    Wenigstens erwartete ihn keine Vorladung von Griswold. Und während seiner Abwesenheit war nicht viel passiert in Kingsmarkham. In dem Haus vom Vorsitzenden des Landwirtschaftsrates war eingebrochen worden. Bei der Leasingfirma in der High Street waren sechs Farbfernseher gestohlen worden. Burdens Sohn war auf Grund seiner zufriedenstellenden Abschlußnoten zur Reading University zugelassen worden. Und Nancy Lakes Haus war für fünfundzwanzigtausend Pfund verkauft worden. Manche Leute sagten, sie zöge nach London, andere, daß sie nach Übersee ginge. Sergeant Martin hatte die Halle des Polizeipräsidiums mit Papierketten und Mobiles aus fliegenden Engeln dekoriert, die jedoch auf Anweisung des Chief Constable sofort wieder entfernt werden mußten, da sie der Würde von Mid-Sussex abträglich seien.
    »Komisch, daß Hathall sich nicht beschwert hat, was?«
    »Sie können von Glück sagen, daß er es nicht getan hat.« Burden hatte sich jetzt an seine neue Brille gewöhnt und sah ernster und puritanischer aus denn je. Sichtlich verärgert zog er den Atem ein und meinte: »Das müssen Sie lassen, wissen Sie.«
    »Muß ich? Mein

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