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Der Kuss Des Daemons

Der Kuss Des Daemons

Titel: Der Kuss Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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anlächelte. Quer über eine der unteren Ecken stand - Für A. Ich liebe dich. L. - A.? Adrien?
    Ich griff in das zweite Fach der Mappe und zog - wie ich es erwartet hatte - eine ganz ähnliche Sammlung an falschen Papieren hervor, wie ich sie schon in der anderen gefunden hatte. Ausweise und die dazugehörigen Führerscheine. Sieben Stück an der Zahl. Nur dass diese auf den Vornamen Adrien ausgestellt waren und der junge Mann auf dem Bild ein wenig älter wirkte als der auf den Bildern der Papiere im Seesack. Ansonsten schien es sich um die gleichen Nachnamen und Geburtsdaten zu handeln. Gehörten die Sachen in der Kiste demnach gar nicht Julien, sondern seinem verschwundenen Bruder? Ich blickte auf die Pässe. Mit jeder Sekunde, die ich hier war, stellte ich mir mehr Fragen. Antworten jedoch schien es keine zu geben. Als ich alles wieder in der Kiste verstaute, stieß meine Hand gegen etwas Hartes, das ziemlich weit unten zwischen einigen Pullovern verborgen war. Vorsichtig zog ich es hervor - und hätte das Ding um ein Haar gleich wieder fallen lassen. Mein Magen zog sich zusammen. Großer Gott! Eine Pistole. Geschockt starrte ich auf das schwarze Metall. Falsche Papiere, Unmengen an Bargeld, eine Waffe ... Auch Lamia mussten ihre Existenz irgendwie finanzieren ... Ich weigerte mich zu glauben, was mein Verstand sich zusammenreimte. Das konnte nicht sein. Mit einer entschiedenen Bewegung schob ich die Waffe an ihren Platz zurück, schloss energisch den Deckel der Truhe und drapierte den Pullover wieder darüber. Ich würde nicht glauben, dass Julien etwas mit dieser Pistole zu tun hatte - vor allem, da ich sie in Adriens Sachen gefunden hatte. Ein ganz anderer Gedanke drängte sich mir auf, während ich von der Matratze aufstand und mich ein letztes Mal in dem kleinen Raum umschaute. Vielleicht hatten die anderen Lamia irgendwie von Julien und mir erfahren und sie waren für sein Verschwinden verantwortlich. Schlagartig kam die Angst zurück und mit ihr ein Gefühl lähmender Hilflosigkeit. Würde Julien sich nur weigern mit mir zu reden, wäre das eine Sache. Aber wie es schien, war er einfach verschwunden - gut möglich, dass er tatsächlich in ernsten Schwierigkeiten steckte. Ich brauchte Hilfe. Und der einzige Mensch, der mir helfen konnte, war mein Onkel. Auch wenn er mir verboten hatte Julien weiter zu treffen, würde er mich bestimmt nicht im Stich lassen, wenn es hart auf hart kam. Den Ärger, den ich danach bekommen würde, nahm ich gerne in Kauf. Ich wollte nur sicher sein, dass es Julien gut ging.
    Rasch verließ ich das alte Anwesen. Draußen musste es schon eine ganze Weile dunkel sein. Eine bleiche Mondsichel stand über den Bäumen. Schatten schienen zwischen ihnen herum zu huschen. So schnell ich konnte, rannte ich nach Hause. Mehr als einmal stolperte ich über Äste und knickte auf Steinen um, doch ich verlangsamte mein Tempo nicht. Als ich die letzten Bäume endlich erreichte, hatte ich fürchterliches Seitenstechen. Einen Moment lang blieb ich stehen, um wieder zu Atem zu kommen, und blickte zum Haus hinüber. Hinter den meisten Fenstern brannte Licht. Hatte mein Onkel Besuch? Ich konnte nur hoffen, dass dem nicht so war. Er würde nicht besonders begeistert darüber sein, herauszufinden, dass ich mich seinen Anordnungen widersetzt, mich sogar heimlich aus dem Haus gestohlen hatte. Wenn ich ihn auch noch bei einem Treffen mit seinen Geschäftspartnern störte, würde das alles nur noch schlimmer machen.
    Vielleicht wäre es am besten, wenn er nichts davon erfuhr, dass ich versucht hatte Julien zu treffen, und ich mich - wie geplant - unbemerkt ins Haus und auf mein Zimmer zurückschlich. Ich brauchte jedes Quäntchen seines Wohlwollens, und ihn zu reizen, wäre äußerst ungeschickt. So schnell ich konnte, überquerte ich die freie Fläche zwischen dem Wald und unserem Haus und lief geduckt weiter an der Wand entlang zur Garage. Das rote Blinken der Alarmanlage wies mir auf den letzten Metern den Weg. Ich hatte die Tür gerade erreicht, als ich Schritte hörte, die um die Ecke herum langsam, aber unaufhaltsam näher kamen. Verdammt! Onkel Samuel ließ seine Männer ums Haus patrouillieren. Hastig tippte ich den Zahlencode in das Nummernfeld der Alarmanlage, die auch die Garage sicherte. Die Schritte hatten die Ecke fast erreicht, als das kleine Lämpchen von Rot auf Grün umsprang. Schnell schlüpfte ich durch die Tür und schloss sie hinter mir so lautlos, wie ich nur konnte. Durch ein

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