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Der Kuss Des Daemons

Der Kuss Des Daemons

Titel: Der Kuss Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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irgendeinem seiner Geschäftstreffen sein würde. Bei der Vorstellung, dass Julien womöglich nur durch eine Mauer von mir getrennt war und am Ende Schmerzen hatte, erwachte dumpfe Verzweiflung in mir. Vielleicht brauchte er ja einen Arzt? Ich konnte nur nicht vorstellen, dass mein Onkel dieses Risiko eingegangen war und einen für ihn geholt hatte. Lieber Himmel, konnte ich Julien, wenn ich ihn hier heraus hatte, überhaupt zu einem Arzt bringen? Würde der nicht sofort feststellen, dass er gar kein »normaler«
    Mensch war? Ich verdrängte den Gedanken mit einem Kopfschütteln. Zuerst musste ich ihn in Sicherheit bringen, ehe ich mich mit diesen Dingen befassen konnte. Ich knipste die Birne aus und ging zur Treppe zurück. Durch den Türspalt an ihrem Ende fiel noch immer Licht, sodass ich es wagte, die Stufen im Schein meiner Taschenlampe hinaufzusteigen, und sie erst im letzten Moment ausschaltete. Gerade streckte ich die Hand nach der Tür zur Halle hin aus, als ich Schritte und Stimmen näher kommen hörte. Für eine Sekunde stand ich wie erstarrt, dann beugte ich mich angespannt vor und bemühte mich möglichst flach und lautlos zu atmen, während ich die Kellertür einen winzigen Spalt aufdrückte. Eben kamen mein Onkel und einer seiner Geschäftsfreunde aus dem Arbeitszimmer und gingen durch die Halle zur Haustür. Einer der Leibwächter meines Onkels folgte ihnen in respektvollem Abstand, marschierte dann aber an ihnen vorbei und aus dem Haus, vermutlich um draußen sicherzustellen, dass keine Gefahr drohte. Die beiden schenkten ihm keine Beachtung, sondern sprachen weiter miteinander. Der Geschäftsfreund meines Onkels wirkte unsicher und besorgt.
    »Ist es nicht doch ein wenig riskant? Wenn das Mädchen noch nicht so weit ist ...«, wandte er gerade zweifelnd ein, doch Onkel Samuel fiel ihm unwirsch ins Wort.
    »Ich habe es dir schon einmal gesagt: Das Mädchen ist so weit. Verlass dich darauf. Dafür habe ich gesorgt. - Und wir können nicht länger warten. Wir wissen nicht, was der Vourdranj den Fürsten bereits berichtet hat.«
    »Möglicherweise wäre es besser gewesen, seine Loyalität von Anfang an zu kaufen .«
    »Die Loyalität eines Du Cranier? Wenn jemand nicht käuflich ist, dann die Vourdranj der Du-Cranier-Familie. Zudem wusste ich nicht, dass er in der Stadt ist. - Ja, ich weiß, ein unverzeihlicher Lapsus. - Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet er es wagt, aus dem Exil zurückzukommen, nachdem wir den anderen beseitigt hatten ...«
    Der andere? Adrien? - Und ... beseitigt? Meinte er ... ermordet? Ich beugte mich weiter vor und bemühte mich mehr von dem zu verstehen, was sie sagten.
    Draußen in der Halle machte Onkel Samuel eine wegwerfende Geste, ehe er fortfuhr. »Ich habe nicht fast zwanzig Jahre darauf gewartet, dass die Princessa Strigoja alt genug ist, den Wechsel vollziehen zu können, nur um jetzt aus Angst und Unentschlossenheit alles aufs Spiel zu setzen. - Heute Nacht ist es so weit. Sei mit den anderen in zwei Stunden wieder hier. Bis dahin ist alles vorbereitet.«
    Wechsel? Auch Julien hatte dieses Wort gebraucht. Was hatte das alles zu bedeuten?
    Der andere Mann nickte und murmelte etwas
    Unverständliches, während sie zur Eingangstür gingen und in die Nacht hinaustraten. Mein Herz klopfte ein wildes Stakkato in meiner Kehle. Auch wenn ich nicht wirklich verstanden hatte, worüber die beiden gesprochen hatten, war mir doch eines klar: Ich musste Julien finden und hier rausbringen.
    Nach einem letzten, sichernden Blick zur Haustür huschte ich durch die Halle und schob mich durch die Tür zum Arbeitszimmer meines Onkels. So leise ich konnte, hastete ich durch den Raum zu seinem Salon hin. Immer wieder blickte ich über die Schulter zurück.
    Im Salon brannten ein paar Lampen und sorgten für angenehm gedämpftes Licht. Dennoch sah ich die Wendeltreppe im hinteren Teil des Raumes sofort. Auf den ersten Blick wand sie sich nur nach oben, aber als ich das Zimmer rasch durchquerte, sah ich die Stufen, die auch in den Keller hinunterführten. Ich blieb auf der obersten stehen und spähte hinab. Unten war es dunkel, der Lichtschein der Lampen reichte nicht, um mehr als die erste Wendung der Treppe zu erhellen. Angestrengt lauschte ich in die Tiefe, doch es war nichts zu hören. Noch einmal blickte ich zur Tür hin, dann stieg ich die Stufen hinunter. Es war nicht anzunehmen, dass einer von Onkel Samuels Männern dort unten in totaler Finsternis saß und auf

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