Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss Des Daemons

Der Kuss Des Daemons

Titel: Der Kuss Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
Vom Netzwerk:
würgend zur Seite.
    »Komm mit nach oben, Dawn. Wir werden über alles reden aber nicht hier.« Mein vorgeblicher Onkel streckte die Hand nach mir aus. Alles, was ich zustande brachte, war ein Kopfschütteln. Ich konnte mich nicht bewegen.
    »Komm, mein Mädchen. Er ist zwar angekettet, aber ich möchte dich trotzdem nicht mit ihm allein lassen. Er ist eine Bestie.«
    Das »Du auch« rutschte mir einfach so heraus. Ich schlug die Hand vor den Mund und wich zurück. Erneut stand ich gegen die Bücherwand gedrückt.
    Für eine winzige Sekunde glaubte ich Ärger über das Gesicht meines falschen Onkels huschen zu sehen, dann war seine Miene wieder genauso ruhig wie zuvor und er seufzte bekümmert. »Du darfst ihm nicht glauben, mein Mädchen. Ich habe einige schlimme Dinge getan, ja. Aber doch nur, um dich zu beschützen.« Er klang geradezu verzweifelt.
    Ich hätte ihm so gern geglaubt - aber das, was Julien gesagt hatte, machte auf eine furchtbare Weise genauso Sinn. Und er hatte mich - im Gegensatz zu meinem vermeintlichen Onkel - noch nie belogen. Er hatte mir Dinge verschwiegen, ja, aber auch daraus hatte er keinen Hehl gemacht. Onkel Samuel jedoch hatte mich mit voller Absicht belogen.
    »Warum hast du gesagt, meine Eltern seien in New York bei einem Raubüberfall getötet worden?«
    »Weil es so war. Dawn, lass dich nicht...«
    Mein Kopfschütteln brachte ihn zum Schweigen.
    »Ich habe im Tagebuch meiner Mutter gelesen. Meine Eltern haben hier gewohnt. Drüben im alten HaleAnwesen. Sie sind vor meiner Geburt nicht mehr weggezogen.«
    Samuels Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen. »Wer hat dir dieses Tagebuch gegeben? Er?«, seine Hand wies auf Julien. »Es ist eine Fälschung.«
    »Lügner! Warum sollte ich das tun?«, hustete Julien und stemmte sich erneut in die Höhe. Samuel trat ihm in die Rippen. Julien krümmte sich und fiel auf die Seite.
    »Ich habe das Blut auf dem Boden des Arbeitszimmers gesehen«, sagte ich in sein Ächzen hinein.
    Samuel fuhr zu mir herum. »Was hattest du dort drüben zu suchen?« Mit einem Mal wirkte er gefährlich wachsam. Aus irgendwelchen Gründen hatte ich bis eben noch gehofft, dass das alles nur ein großes Missverständnis war. Julien könnte sich irren. Ich konnte etwas im Tagebuch meiner Mutter übersehen haben. Aber etwas an seiner Reaktion sagte mir, dass dem nicht so war. Plötzlich fühlte ich mich sehr allein, doch zugleich wurde aus dem Schmerz und der Angst, die ich gerade noch empfunden hatte, hilflose Wut. Ich löste mich von den Büchern in meinem Rücken.
    »Die Wahrheit!«, beantwortete ich seine Frage und sprach weiter, ehe er etwas sagen konnte. »Da ich zu einer Hälfte eine Lamia bin, heißt das, ich werde auch irgendwann wie ihr beide werden und Blut trinken? Ist das der Grund dafür, dass ich eine Sonnenallergie bekommen habe? Und was ist mit meinen Zahnschmerzen im Oberkiefer jeden Morgen? Ist das auch ein Zeichen dafür, dass ich immer mehr wie ihr werde? Und was ist in dem Tee, den du mir besorgt hast und der dafür sorgt, dass die Schmerzen nachlassen, sobald ich davon trinke?«
    Samuel blickte mich mit unverhohlener Wut an, doch Julien hatte sich bei meinen letzten Worten alarmiert aufgerichtet. »Tee?«, echote er jetzt entsetzt. Seine Stimme klang noch immer rau und irgendwie atemlos. »Mit einem fast salzigen und metallischen Geschmack?«
    Als ich nickte, starrte er Samuel mehrere Sekunden einfach nur an - ehe er aufsprang und sich mit einem Schrei auf ihn stürzte. Seine Fesseln beendeten seinen Angriff abrupt und ließen ihn hart auf die Knie fallen. »Du verdammter Mistkerl! Sie ist noch viel zu jung. Wie kannst du das tun? Du weißt ganz genau, was geschehen kann, wenn man einen Wechsel vorzeitig erzwingt«, brüllte er Samuel mit vor Zorn überschnappender Stimme an.
    Ich sah zwischen den beiden hin und her. Wechsel? Über einen Wechsel, der vollzogen werden sollte, hatte Samuel mit seinem Geschäftsfreund gesprochen, als er ihn zur Tür begleitet hatte. - Und darüber, dass er fast zwanzig Jahre darauf gewartet habe, dass eine Princessa Strigoja alt genug sei, um ihn zu vollziehen. Plötzlich war mir von einer Sekunde auf die andere kalt.
    »Dieser Wechsel, das ist doch der Zeitpunkt, an dem man zu einem Lamia wird, oder?« Sie schauten mich beide an. Samuel voll höhnischem Triumph. Auf Juliens Zügen stand das nackte Elend. Ich holte ganz langsam Luft, so als könnte ich zerspringen, wenn es nur ein Hauch zu viel wäre. »War

Weitere Kostenlose Bücher