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Der Kuss Des Daemons

Der Kuss Des Daemons

Titel: Der Kuss Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Sein Bruder kam hierher, um dich zu ermorden. Ich musste dich beschützen«, beteuerte er.
    Ich schauderte vor seinen Worten ebenso zurück wir vor dem qualvollen Stöhnen, das Julien ausstieß und das zu einem Laut tiefsten Hasses wurde. Mein Onkel streckte die Hand nach mir aus.
    »Du kannst dir mein Entsetzen nicht vorstellen, als ich herausfand, dass ausgerechnet er dein Freund war - oder zumindest vorgab, es zu sein.«
    Ein Zittern stieg in meinem Inneren empor und ich legte hastig die Arme um mich selbst, damit es sich nicht weiter ausbreitete. »Du weißt nicht mit Sicherheit, dass er mich töten wollte«, wandte ich hilflos ein. Verzweifelt klammerte ich mich an diesen Gedanken. Julien hatte mehr als einmal die Möglichkeit gehabt, mich umzubringen - und es nicht getan. Im Gegenteil: Er hatte mir ja sogar mehrfach das Leben gerettet.
    Bedauernd schüttelte mein Onkel den Kopf. »Er hätte dich getötet, mein Mädchen. Glaub mir. Er musste beenden, was sein Bruder begonnen hatte. Nur aus diesem Grund hat er es gewagt, aus der Verbannung zurückzukehren. Nachdem sein Bruder versagt hatte, musste er die Familienehre wiederherstellen.« E r sah Julien direkt an und sein Tonfall wurde verächtlich. »Und den Lamia bedeutet die Ehre ihrer Familie ja so unendlich viel. Viel mehr als irgendetwas anderes.« Er lachte leise, als Julien mit einem Knurren die Zähne fletschte.
    Fassungslos schaute ich Onkel Samuel an. »Du ... du weißt, was er ist?«
    Es war Julien, der an seiner Stelle antwortete.
    »Natürlich weiß er das. Wir sind einander nämlich ziemlich ähnlich, er und ich.« Er beugte sich ein kleines Stück weit vor. »Wer war es? Wer hat den Fehler begangen, Abschaum wie dich zu einem Vampir zu machen?« Die Verachtung in seiner Stimme stand der im Ton meines Onkels um nichts nach.
    Onkel Samuel lächelte. Ich vergaß zu atmen, als ich seine Reißzähne sah - zum ersten Mal in meinem Leben. Lieber Himmel, ich kannte ihn, seit ich denken konnte. Wie hatte ich so etwas nicht bemerken können? - Aber hatte ich ihn jemals vor Einbruch der Dunkelheit gesehen? - Nein. Hatte ich ihn irgendwann einmal etwas essen sehen? Die Antwort war die gleiche: Nein. Schaudernd grub ich mir selbst die Fingernägel in die Arme. Mein Onkel lächelte noch immer, während er zum Schreibtisch ging und sich aus der Cognac-Karaffe ein Glas eingoss. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ihr Inhalt rot war. Schlagartig saß mein Magen in meiner Kehle. Ich presste die Hand vor den Mund und bemühte mich verzweifelt, ihn an seinen Platz zurückzuwürgen.
    Einen Augenblick ließ Onkel Samuel die Flüssigkeit im Glas kreisen, ehe er einen Schluck nahm und sein Blick zu Julien zurückkehrte.
    »Er war ein ebenso arroganter Lamia-Bastard wie du. Anmaßend, selbstherrlich und ein dummer Narr, der Macht selbst dann nicht erkannte, wenn man sie ihm in den Schoß legte. Er war mir im Weg. Ich habe ihn getötet«, erklärte er so gleichgültig, dass ich unwillkürlich einen Schritt zurückmachte.
    Julien sog scharf die Luft ein und sagte etwas in jener andern Sprache, die ich nicht verstand. Sein Ton war kalt und hart. Onkel Samuel lachte höhnisch, ehe er in der gleichen Sprache antwortete. Sekundenlang starrten sie sich quer durch den Raum hinweg an.
    Ich kämpfte noch immer mit dem Gefühl, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weggerissen und ich würde ohne irgendeinen Halt über einem Abgrund stehen.
    »Und wann wolltest du ihr die Wahrheit sagen?« So harmlos Juliens scheinbar gelassene Frage auch klingen mochte, verursachte sie mir doch eine Gänsehaut, denn er neigte den Kopf in meine Richtung.
    Onkel Samuel schnaubte. »Sie hätte es früh genug erfahren, dass ich ...«
    »Ich rede nicht von dir, Geschaffener!«, unterbrach Julien ihn barsch, Er sah mich an. »Wann wolltest du ihr sagen, dass sie zur Hälfte eine Lamia ist?«

    »Was?« Das Nichts unter mir drohte mich endgültig zu verschlingen. »Onkel Samuel! Bitte ...« Ich wandte mich ihm flehentlich zu, ohne genau zu wissen, worum ich ihn eigentlich bat. Doch noch ehe ich auch nur ein weiteres Wort hervorbrachte, fuhr Julien auf.
    »Onkel ... Samuel?« Erneut knirschte der Kaminrost unter einem Ruck an der Kette, als er halb auf die Füße kam. Er starrte meinen Onkel an. Begreifen und Entsetzen huschten über sein Gesicht. Dann wurde beides zu Abscheu und Wut. »Du verdammter Scheißkerl! Jetzt macht das alles Sinn!« Er riss erneut an seinen Fesseln. Seine Hände waren zu

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