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Der Kuss Des Daemons

Der Kuss Des Daemons

Titel: Der Kuss Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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neben mir liegen. Ein Ultraschallbild. Das erste. Er war dabei, als es gemacht wurde. Man kann noch nicht viel darauf erkennen, aber es ist trotzdem eindeutig. Ich bin schwanger. Und Alex ist der Vater. Während der ganzen Untersuchung konnte ich kaum den Blick von seinem Gesicht nehmen. Als der Arzt auf den Bildschirm deutete und ihm sagte, dass das hier sein Kind sei, hat er tatsächlich für eine geschlagene Minute vergessen zu atmen. Dann hat er meine Hand geküsst und mir gesagt, dass ich ihm niemals ein größeres Geschenk machen könnte als dieses Kind. Ich habe Alex noch nie so glücklich gesehen wie in diesem Moment. Aber da ist etwas, was ihm Sorgen macht. Ich kann es spüren. Auf der ganzen Fahrt nach Hause hat er geschwiegen und aus dem Fenster gestarrt - ohne meine Hand auch nur eine Sekunde loszulassen. Wenn er mir nur sagen würde, was es ist. Ich habe ihn gefragt, aber er behauptet, es sei alles in Ordnung.

    29. März 1990 - Wir gehen von hier fort. Alex hat es mir heute mitgeteilt. Er hat ein altes Anwesen in Ashland Falls, in Maine gekauft.

    Julien schaute auf. Damit gab es keinen Zweifel mehr, dass diese Zeilen wirklich von meiner Mutter stammten. Ich nickte ihm zu und er las weiter.
    Ich habe von dieser Stadt noch nie etwas gehört. Wahrscheinlich ist sie so klein, dass jeder jeden kennt. Welch ein Graus. Aber er besteht darauf. Er will so weit weg von hier wie nur irgend möglich. Alles ist schon vorbereitet. Ich muss nur noch meine Sachen packen. Wenn er nicht fürchten würde, dass es mir oder unserem Baby schaden könnte, würden wir vermutlich die nächsten Monate auf einer Weltreise verbringen, damit niemand weiß, wo wir sind. Nur seine vertrauenswürdigsten Männer werden uns begleiten. Ich wünschte, er würde mir sagen, was ihm solche Sorgen macht.

    20. April 1990 - Irgendwie ist mein Tagebuch in der Tasche ganz nach unten gerutscht. Und ausgerechnet in der, die Alex David mitgegeben hatte. Erst heute habe ich es zurückbekommen.
    Mein Mann besitzt einen Learjet, aber da auch die Starts und Landungen dieser Maschinen auf den Flughafen verzeichnet werden und er nicht will, dass irgendjemand unseren Weg verfolgen kann, sind wir mit dem Auto quer durch den halben Kontinent gefahren. Hunderte von Kilometern. Er hat nicht einmal mit Kreditkarte bezahlt. Immer nur bar. Langsam entwickelt Alex eine regelrechte Paranoia.
    Vorgestern sind wir endlich hier in Ashland Falls angekommen. Ich war so müde, dass ich in das erstbeste Bett gefallen bin und fast vierundzwanzig Stunden geschlafen habe. Das Haus ist ein absoluter Traum. Es liegt auf einer Lichtung inmitten eines kleinen Wäldchens, ein Stück von der Straße weg und ein wenig außerhalb der Stadt. Dahinter gibt es einen kleinen See, da von riesigen uralten Ahornbäumen umstanden ist. Das Wasser ist so klar, dass man glaubt bis auf den Grund sehen zu können. Eine überdachte Veranda läuft ganz um das Haus herum. Beinahe von jedem Zimmer im Erdgeschoss kann man auf sie hinausgehen. Von seinem Äußeren würde es eher nach New Orleans passen. Es ist wunderbar hell und geräumig. Im Wohnzimmer gibt es einen echten Kamin. Im ersten Stock wird Alex sich sein Arbeitszimmer und eine Bibliothek einrichten. Er sagt, wenn alles »geregelt« ist, wird er seine geliebten alten Bücher hierherholen - und er will das Dachgeschoss zu einem Atelier für mich ausbauen lassen. Ich könnte endlich wieder arbeiten. Meine Hände jucken allein bei dem Gedanken daran, bald wieder Stein und Metall spüren zu können.
    Ich weiß auch schon, in welchem Raum ich das Kinderzimmer einrichten werde - und wie.
    David sitzt mir gegenüber und kann sich ein Grinsen kaum noch verkneifen. Ich glaube, ich wirke in meiner Begeisterung fast ein bisschen lächerlich. - Nein, nicht lächerlich, sagt er. Nur absolut bezaubernd. - Draußen fährt ein Auto an. Alex und Sam sind zurück. Hoffentlich hat er das Erdbeereis und die eingelegten Oliven mitgebracht.

    Julien schüttelte sich leicht. »Erdbeereis und Oliven?«, murmelte er mit einem Ausdruck leisen Abscheus im Gesicht, ehe er weiterlas. Ich saß still neben ihm und lauschte seiner Stimme. Wovor nur hatte mein Vater solche Angst gehabt? Was meine Mutter da schrieb, klang, als hätte er ein ganzes Leben aufgegeben und sie hierhergebracht, um sie - vor wem oder was auch immer - zu beschützen und zu verstecken. Was hatte es mit seiner Familie auf sich und wer waren diese - seine - Männer, die ihn und meine Mutter

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