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Der Kuss Des Daemons

Der Kuss Des Daemons

Titel: Der Kuss Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Dann zog ich mich an, schnappte meine Schulsachen und ging nach unten. In der Küche wartete wie immer eine Tasse meines Tees auf mich - und Ella.
    »Dein Onkel will dich in seinem Arbeitszimmer sehen«, teilte sie mir traurig mit.
    Mit einem mulmigen Gefühl im Magen ging ich zu ihm. Er saß hinter seinem Schreibtisch. In einer Ecke des Raumes brannte eine Stehlampe und beleuchtete die Rücken der alten Bücher, die sich in deckenhohen Regalen drängten. Die Vorhänge waren vor die Fenster gezogen und sperrten die Morgensonne aus. Hinter ihm lehnten zwei Männer an der Wand, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Seit wann umgab mein Onkel sich so offensichtlich mit Leibwächtern? Ich blieb zwischen den beiden Ledersesseln
    stehen,
    die
    vor
    dem
    schweren
    Mahagonischreibtisch standen. Er ließ mir noch nicht einmal Zeit, ihm einen guten Morgen zu wünschen, ehe er zu sprechen begann.
    »Ich bin sehr enttäuscht von dir, junge Dame. Ich versuche dich zu beschützen und du treibst dich hinter meinem Rücken mit Kriminellen herum.«
    »Julien ist kein ...« Weiter kam ich nicht.
    »Wage es nicht, nur zu widersprechen, Mädchen!«, fuhr Onkel Samuel mich so barsch an, dass ich einen Schritt zurückmachte. Ich trat jemand auf den Fuß, der direkt hinter mir stand. Erschrocken wandte ich mich um. Ein weiterer Leibwächter meines Onkels blickte mich unberührt an. Ich hatte ihn nicht gehört. Er legte mir die Hand auf die Schulter und drehte mich wieder zu Onkel Samuel um. Der winkte ihm, mich loszulassen, ehe er weitersprach. »Ich habe ein paar Erkundigungen über deinen Freund eingeholt. Er hat sich schon mehr zuschulden kommen lassen, als du dir in deinen wildesten Träumen vorstellen kannst. - Du wirst ihn nicht wiedersehen.«
    Ich verbiss mir die Bemerkung, dass Julien mich ohnehin nicht mehr sehen wollte. Offenbar deutete mein Onkel mein Schweigen anders.
    »Da du es anscheinend nicht für nötig hältst, dich an unsere Abmachungen zu halten, wirst du für dein Handeln die Konsequenzen zu tragen haben: Du hast bis auf Weiteres Hausarrest.«
    Empört schnappte ich nach Luft. »Das ist nicht fair! Was habe ich denn getan?«
    »Du hast
    dich mit
    diesem Du-Cranier-Bastard
    herumgetrieben und niemand wusste etwas davon. Noch nicht einmal Ella oder Simon war bekannt, dass du überhaupt einen Freund hast.« So wie er das Wort
    »Freund« betonte, fragte ich mich, ob er nur etwas dagegen hatte, dass ich ausgerechnet mit Julien zusammen war - gewesen war -, oder ob er mir verbieten wollte, mit irgendjemandem zusammen zu sein. Ich öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass es immer noch meine Sache war, ob ich einen Freund hatte oder nicht, doch er brachte mich mit einer zornigen Handbewegung zum Schweigen. »Ich will kein Wort von dir hören, Mädchen. Mit deinen Freiheiten ist es ab sofort vorbei. Paul«, er wies auf den Mann hinter mir, »wird dich von jetzt an zur Schule fahren und auch wieder abholen.«
    »Warum er? Warum nicht Simon?«, begehrte ich auf. Mein Onkel musterte mich kalt. »Weil Simon entlassen ist. Ebenso wie Ella. Die beiden haben versagt, sowohl was deine Erziehung als auch was deine Sicherheit angeht.«
    »Das kannst du nicht machen!«

    Anstelle einer Antwort nickte Onkel Samuel dem Mann hinter mir zu, woraufhin der mich am Arm ergriff und aus dem Arbeitszimmer drängte. In der Halle stand Ella. Ich riss mich von Paul los und fiel ihr um den Hals. Hölzern tätschelte sie mir den Rücken, sagte, ich solle tapfer sein und ich sei alt genug, um ohne sie auszukommen, dann versprach sie mir zu schreiben und schob mich von sich. Ich sah, dass auch ihr Tränen in den Augen standen. Mit einem leisen »Du kommst zu spät zur Schule«
    verabschiedete sie mich. Paul folgte mir, als wollte er mir den Weg zurück abschneiden. Der Rolls wartete vor der Eingangstreppe. Zögernd stieg ich ein. Hinter mir schlug die Tür mit einem entsetzlich endgültigen Geräusch zu. Paul setzte sich ans Steuer und fuhr los. Ich sah aus dem Fenster. Ella stand auf der Treppe und winkte mir nach. Plötzlich hatte ich das Gefühl, als sei ich diejenige, die fortgehen würde, und nicht sie. Es war einfach nicht fair!
    Auf dem Schulparkplatz gafften alle, als ich aus dem Rolls ausstieg. Ich hatte, soweit es im Wagen möglich gewesen war, den Schaden behoben, den meine Tränen angerichtet hatten, sodass man sie mir zumindest nicht mehr ansah. Meine Mitschüler würden sich ohnehin die Mäuler über mich zerreißen, da musste es nicht

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