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Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Engels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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rebellischen Engel werden auch Göttersöhne genannt«, erklärte Lara, als habe sie überhaupt nicht zugehört. »Sie – und ihre Nachkommen – werden auch in der richtigen Bibel erwähnt, an einer Stelle, die sich Genesis 6 nennt.«
    »Das heißt dann wohl Kapitel 6.«
    »Cool, woher weißt du das?«
    »Von Jeans Zettel.«
    »Da steht das auch drauf?«
    »Nein.« Sophie wollte das Thema eigentlich endlich beenden. Rafe war ein Mann, ein umwerfender zwar, aber es war einfach lächerlich, dass er gestorben und als Diener des Teufels zurückgekehrt sein sollte. Andererseits … Wenn Jeans Unfug auch in der Bibel stand, mussten eigentlich alle Christen daran glauben. Es machte die Sache nicht weniger unsinnig, aber … so ganz sicher, ob es Gott und Jesus und Engel und all das wirklich nicht gab, war sie dann doch nicht. »Also sag schon: Was steht in diesem Kapitel 6?«
    »Es begab sich, dass sich die Menschen über die Erde hin zu vermehren begannen und ihnen auch Töchter geboren wurden. Da sahen die Gottessöhne, dass die Töchter der Menschen schön waren, und sie nahmen sie sich zu Frauen, wie es ihnen gefiel«, las Lara vor. »Klingt bis jetzt eher romantisch, findest du nicht? Die armen Engel wollten auch endlich Frauen haben.«
    Und wenn sie aussahen wie Rafe, dürften die Frauen nicht abgeneigt gewesen sein. Was dachte sie da nur für ein dummes Zeug? Es war nur eine Legende in einem sehr alten Buch. »Äh, ja. Ist das alles?«
    »Nein, da ist so eine Klammer, die sagt, dass etwas ausgespart wurde. Es geht weiter mit: ›In jenen Tagen waren Riesen auf Erden, auch später noch, als die Gottessöhne mit den Töchtern der Menschen verkehrten und diese ihnen Kinder gebaren. Das sind die starken Männer der Vorzeit, die berühmten Namen.‹«
    Es stand tatsächlich genauso in der Bibel. Sie rang immer noch mit sich, es deshalb nicht ernster zu nehmen.
    »Na ja, ich hoffe, dein Raphaël nimmt’s mit Humor. Aber benutz mir ja ein Kondom!«, lachte Lara.
    Sophie bemühte sich, einzustimmen, doch ihr war nicht mehr nach Lachen. Sie wollte nur noch, dass Rafe sie in die Arme nahm und ihr sagte, dass alles wieder wie früher sei.

    »Also noch mal von vorne, Méric! Was hatten Sie um diese Uhrzeit in der Rue des Barres zu schaffen?«, blaffte Gournay. »Glauben Sie, es macht mir Spaß, meine Zeit mit Ihren verdammten Märchen zu vergeuden?« Das schmale Gesicht des Kommissars mit der Adlernase war schlecht rasiert, und Jean schätzte, dass sie beide ähnlich übernächtigt aussahen. Sie saßen sich nicht zum ersten Mal im unterkühlten, spartanisch möblierten Verhörzimmer gegenüber, das ihre Meinung voneinander so treffend spiegelte. Es war absehbar, dass es auch nicht das letzte Mal sein würde. Eine Aussicht, die Gournay offenbar ebenso ärgerlich fand wie er – wenn auch aus anderen Gründen.
    Jean sog an der heruntergebrannten Zigarette und stieß den Rauch wieder aus, während er sie ausdrückte. Schon die Tatsache, dass der Qualm Gournay nervte, war ein guter Grund, nicht ausgerechnet heute mit dem Mist aufzuhören. »Ich würde auch lieber im Bett liegen, anstatt Ihnen hundertmal dieselbe Frage zu beantworten. Sie wissen, dass ich gern nachts spazieren gehe, und die meisten Verbrechen geschehen nun einmal nachts.«
    Der Kommissar fasste ihn schärfer ins Auge und deutete – wohl ohne es zu merken – mit dem Zeigefinger auf ihn. Oder sollte es eine mahnende Geste sein? »Das Einzige, was ich weiß, ist, dass Sie mir zu oft an Tatorten gesehen werden, um an Zufall zu glauben. Für wie dumm halten Sie die Gendarmerie eigentlich?«
    Nein, mein Freund, in die Falle tappe ich nicht. Ich kann dich zwar nicht leiden, aber … »Für dumm halte ich Sie nicht. Höchstens etwas stur. Sie wollen in mir einen Täter sehen, ob das nun den Tatsachen entspricht oder nicht.«
    »Woran Sie natürlich vollkommen unschuldig sind«, versetzte Gournay. »Ich will Ihnen mal sagen, was ich denke: Dass Sie so auffällig oft auftauchen, wenn irgendwo Blut fließt, lässt nur zwei Schlüsse zu. Entweder haben Sie im Vorfeld Informationen, die Sie lieber mit uns teilen sollten, um diese Verbrechen zu verhindern. Oder Sie sind – vielleicht sogar nicht nur als Mitwisser – an diesen Taten beteiligt.«
    »Wenn ich daran beteiligt wäre, müsste ich ziemlich bescheuert sein, mich ständig erwischen zu lassen.«
    Der Kommissar zuckte die Achseln. »Reden Sie mal mit einem von der forensischen Psychiatrie. Selbst

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