Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Engels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
Vom Netzwerk:
nehme dich viel ernster, als du glaubst. Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht mehr von dir lassen.«
    Hätte er nicht einfach sagen können, dass er mich liebt?, fragte sie sich, bevor sein Kuss jeden klaren Gedanken ebenso vertrieb wie die Zweifel. Sie löste sich erst wieder von ihm, als sie dringend mehr Luft brauchte.
    »Gehen wir«, forderte er und nahm ihre Hand.
    Nach den Andeutungen, die er am Vortag gemacht hatte, folgte sie ihm in der Erwartung, er werde sie mit zu sich nach Hause nehmen. Wie es wohl in seiner Wohnung aussah? Sie war neugierig, aber auch ein bisschen nervös. Seltsame Vorstellung, dass er sich nicht mehr an ihre gemeinsame Zeit erinnerte. Wenn er mit ihr ins Bett gehen wollte, würde es eine Art erstes Mal sein. Was heißt hier »wenn«? Er hat keinen Hehl daraus gemacht, dass er genau das will.
    Doch an der nächsten Kreuzung schlug er nicht die Richtung zur Rue Thouin ein, sondern bog nach rechts ab. Er führte sie die Rue des Écoles hinunter auf die Rue Saint-Jacques zu, vorbei an den baumbeschatteten Treppen und Bänken des schmalen Grünstreifens vor dem Collège de France.
    »Wo gehen wir hin?«, wollte sie verwundert wissen, zögerte jedoch nicht, ihm zu folgen.
    »An einen magischen Ort«, antwortete er lächelnd und streichelte mit dem Daumen ihre Hand.
    Sophie grinste. Allmählich hätte sie wissen können, dass er sich gern geheimnisvoll gab. Sie beschloss, ihm noch einmal zu vertrauen und den lauen Abend einfach zu genießen. Die Wolken des Vortags waren über Nacht abgezogen, ohne Regen zu bringen, und hatten der Stadt einen weiteren heißen Sommertag gegönnt. Der Asphalt und die hohen Häuser gaben noch die gespeicherte Hitze ab, während die Sonne bereits versank. Für den Fall, dass es später kühl werden würde, hatte sich Sophie eine dünne Strickjacke um die Taille gebunden.
    An der Ampel über die Rue Saint-Jacques mussten sie nicht lange warten. Der Verkehr hatte sich so weit beruhigt, dass sie nach Pariser Art schon bei Rot die Straße überqueren konnten. Auf der gegenüberliegenden Seite, wo tagsüber ein Wachmann vor einer eher unscheinbaren Tür stand, spazierten sie an der Rückseite der Sorbonne entlang, bis sie die Rue Soufflot erreichten. Hier fanden sich Touristen, Studenten und Einheimische in zahlreichen Restaurants, Cafés und Fast-Food-Imbissen zusammen, bevor sie wieder ihrer Wege gingen. Linker Hand bot die breite Straße den besten Blick auf das mächtige, säulengestützte Portal des Panthéons, das einem antiken Tempel glich, doch dahinter wie ein Dom von einem mit einer Kuppel gekrönten Turm überragt wurde. Zur Rechten führte sie auf fernes Grün zu, das den Jardin du Luxembourg ankündigte, den weitläufigen Park des gleichnamigen Palais’, in dem der französische Senat tagte.
    Rafe bog nach rechts ab. »Hast du schon gegessen?«, erkundigte er sich, als ihnen die Gerüche aus den vielen Lokalen in die Nase stiegen. Auch hier wucherten die Tische und Stühle auf die Bürgersteige hinaus, konkurrierten mit den parkenden Autos, Motor- und Fahrrädern und vor allem dem Strom der Passanten um Platz.
    »Ja, Madame Guimard sorgt gut für mich«, lachte Sophie. »Und sie ist tödlich beleidigt, wenn ich ihr Geld dafür geben will. Dafür streiche ich jetzt eben ihren Laden.«
    »Du hast Spaß daran«, stellte er schmunzelnd fest.
    »Irgendwie schon.« Es wunderte sie selbst, denn sie hatte sich nie darum geschlagen, ihren Eltern beim Renovieren zu helfen. »Vielleicht liegt es daran, dass Madame Guimard mir freie Hand lässt. Ich muss es nicht nur machen, sondern bin auch dafür verantwortlich, was alles verändert werden soll. Es liegt allein bei mir, ob es schön wird. Sonst bin ich immer nur der Handlanger gewesen, verstehst du?«
    »Eine sehr hübsche Handlanger in«, korrigierte er.
    Errötend warf sie ihm einen dankbaren Blick zu. »Manchmal glaube ich, dass genau das ein Problem sein kann. Meine alte Firma hat mich immer gern auf Messen mitgeschickt. Um den Stand zu betreuen, wie sie das nannten. Anfangs fand ich das spannend. Ich dachte, ich müsste Gespräche mit Kunden führen, aber in Wahrheit hatte ich nichts anderes zu tun, als herumzustehen und die Leute anzulächeln. Ab und zu Kaffee kochen, Kekse auffüllen. Wenn ich jemandem auf Französisch die Auskunft geben durfte, sein gewünschter Gesprächspartner stehe gerade nicht zur Verfügung, war das die intellektuelle Herausforderung des Tages!«
    »Äußerst anspruchsvoll«,

Weitere Kostenlose Bücher