Der Kuss des Greifen (German Edition)
das Gesicht in ihre Haare, und aus seiner Brust drang ein Grollen. Es war ein tiefer, roher Klang, der an ihrer Wange vibrierte. Erstaunt fuhr sie mit der Handfläche über die breite, muskulöse Fläche. » Schnurrst du etwa?«
»Wäre möglich.« Seine tiefe Stimme klang rau, und es lag eine träge Intimität darin. »Es sei denn, du hast etwas falsch gemacht. Dann knurre ich dich wieder an.«
Sie presste die Lippen zusammen, um das Lachen zu unterdrücken, doch es sprudelte trotzdem aus ihr hervor. »Nur weil ich lache, heißt das noch nicht, dass es in Ordnung ist«, warnte sie ihn.
»Das Schnurren?« Er durchkämmte ihr kurzes Haar mit den Fingern.
»Nein, das Knurren . Du wirst mich nicht jedes Mal mit Anknurren bestrafen, wenn du glaubst, ich könnte etwas falsch gemacht haben.«
»Dann werde ich von nun an definitiv schnurren, selbst wenn ich knurre.« Bevor sie ihm einen Schlag versetzen konnte, schnappte er ihre Hand und führte sie an seine Lippen, um ihr einen Kuss auf die Knöchel zu drücken.
Sie unterdrückte ein neuerliches Lachen, indem sie ihre Kiefer fest zusammenpresste, bis der Drang nachließ. Dann räusperte sie sich. »Wegen dem, was gerade geschehen ist.«
»Was ist damit?« Er klang ruhig, sein Schnurren ging gleichmäßig und leise. Es war erstaunlich beruhigend.
Sie blickte durch die Glastüren auf den schmiedeeisernen Balkon hinaus, den sie wahrscheinlich kaum benutzen würden, weil sie viel zu beschäftigt waren. Die Sonne war beinahe untergegangen, und die roten und goldenen Streifen am Himmel verblassten allmählich. Schon bald würde Dr. Telemar am Flughafen SFO ankommen.
»Es war … mehr, als ich erwartet hatte.« Sie war so alt und hatte schon so viel gesehen – und nun musste sie überrascht feststellen, dass ihr die Worte fehlten.
»Du meinst, als wir uns gepaart haben?«
Genau das hatten sie getan. Sie hatten sich gepaart. Er ging eine Paarung mit ihr ein. Sie hatte ihn in ihren Körper aufgenommen, wie sie ihn in ihre Seele aufgenommen hatte, und er hatte sie innerlich ausgewrungen. Ihr ganzer Körper schmerzte lustvoll, aber das würde schon bald verblassen, wenn sich ihr Körper mit vampyrischer Geschwindigkeit heilte. »Ich habe nicht gewusst, dass es so intensiv sein würde«, sagte sie sanft. »Wie konntest du mir so sehr vertrauen?«
Er schwieg so lange, dass sie schon glaubte, er würde nicht mehr antworten. Dann hob er den Blick und sagte: »Es ist einfach passiert. Je mehr ich über dich erfahren habe, desto wichtiger wurdest du mir und desto mehr vertraute ich dir. Deine Forschungen, dein Hund, die Art, wie du mich angesehen und gesagt hast, du würdest die Verantwortung dafür übernehmen, wie wir die Dinge verändern. Glaubst du, ich wüsste nicht, dass du das gesagt hast, um es mir leichter zu machen, wenn ich mich danach als Einziger an die Geschehnisse erinnert hätte? Und dann, als ich zum letzten Mal zurückgegangen bin, habe ich dich angesehen und bei der Vorstellung, dich zu verlieren, Panik bekommen. Ich weiß, dass ich dir zu viel verraten habe, aber ich konnte mich nicht bremsen. Und deshalb hast du die ganze Zeit gewusst, dass ich eines Tages zu dir kommen würde, aber du hast nichts gesagt, nichts getan.«
Sie vergrub das Gesicht in seiner Haut. »Ich hatte viel Zeit nachzudenken«, flüsterte sie. »Ich habe darüber nachgedacht, wie die Zeit Schleifen in sich selbst bildet, und darüber, dass du gesagt hast, du kämst aus der Zukunft und würdest jedes Mal, wenn du zurückkehrst, Dinge in der Vergangenheit verändern. Du hast gesagt, es wäre unglaublich gefährlich, und ich habe dir geglaubt. Als ich dich endlich wiedertraf und erkannte, wer du warst, wollte ich zuerst zu dir gehen und dir sagen, was geschehen war. Dann erkannte ich, dass ich dich dadurch ebenfalls verändern könnte, sodass du niemals in der Zeit zurückreisen und zu mir kommen würdest. Und ich wollte nicht das Risiko eingehen, diese Erinnerungen zu verlieren. Und deshalb habe ich abgewartet, was am Adriyel River und danach passieren würde.«
Er drehte sie auf den Rücken, legte sich auf sie und bedeckte ihren Körper mit seinem, während er sie immer noch festhielt und seine hagere Wange an ihre schmiegte. »Du hast es durchdacht und durchgehalten«, sagte er. »Du hast die Zeitschleife geschlossen, die wir erschaffen hatten. Du bist standhaft geblieben, wie es niemand, den ich kenne, geschafft hätte. Und dann, nach all dem , hast du heute Nachmittag versucht, mich
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