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Der Kuss des Greifen

Der Kuss des Greifen

Titel: Der Kuss des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Morgan
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er zu mir ins Bett gekommen ist. Willst du das?«
    »Es sind nicht alle so.«
    »Aber viele. Du kannst es dir nicht aussuchen. Selbst wenn du eine glückliche Ehe führst, kann dein Vormund sie auflösen, wenn er einen besseren Heiratskandidaten für dich findet, der ihm mehr Geld oder Einfluss einbringt.«
    »Das geht nicht ohne Weiteres.«
    »Ich habe es erlebt bei meiner Freundin …«
    Es kratzte an der Tür. Lysandra erhob sich, um sie zu öffnen. Sie erblickte die weiße Katze, ging zu ihr hinaus und schloss die Tür hinter sich, denn sie wollte nicht, dass Nerea etwas von ihrem Gespräch mitbekam.
    »Du musst zum Berg kommen. Es ist dringend«, sagte Sirona leise, die aufgeregt wirkte. Lysandra ging mit ihr. Was sollte sie noch erschüttern? Außerdem kam es ihr gelegen, von Nerea wegzugehen. Heute hatte sie ihre Geduld auf eine schwierige Probe gestellt. Wenn nur ihr ständiges schlechtes Gewissen gegenüber Nerea nicht wäre, da diese sie vor einer noch dunkleren Zukunft bewahrt hatte. Gleichzeitig war ihr bewusst, dass sie von ihr manipuliert wurde. Warum musste alles so schwierig sein?
    »Es kann sein, dass sie jemanden zu euch hinaufschicken, da sie mir nicht glauben, gegen den Drachen angetreten zu sein«, sagte Lysandra, während sie den Berg erklommen.
    »Danke für die Warnung. Wir werden auf der Hut sein.«
     
    Celtillos ging in seiner Greifengestalt vor der Corycischen Grotte hin und her. Kores letzte Worte, bevor er sie verlassen hatte, gefielen ihm ganz und gar nicht. Er brauchte Lysandra, da sie zu den wenigen Menschen gehörte, die eine besondere Gabe besaßen. Noch jemanden zu finden, der wie sie in der Lage wäre, ein Tor des Totenreichs zu öffnen und zugleich Hellene war, würde sich als schwierig und äußerst zeitraubend erweisen. Zudem wusste er nicht, woran er so jemanden erkennen sollte. Jedes Mal die Pythia in Anspruch zu nehmen, wäre zu umständlich, gefährlich und langwierig.
    Lysandra schien sich ihrer Gabe überhaupt nicht bewusst zu sein. Wie auch? Er hatte eine starke Seherin wie die Pythia gebraucht, um diese festzustellen. Wie konnte er Lysandra etwas begreiflich machen, das er selbst nicht vollends verstand?
    Was war, wenn sie es ablehnte, ihnen zu helfen? Daran mochte er allein um Sironas Willen nicht denken. Er hatte seine Schwester zu ihr geschickt, um sie zu ihm hinauf zu bringen. Ob Lysandra zu ihm kommen würde?
    In seiner Greifengestalt schraken nicht nur Frauen vor ihm zurück, sondern auch gestandene Krieger. Doch Lysandra war anders als die anderen hellenischen Frauen, die sonst seinen Weg gekreuzt hatten, so wenige es bisher auch gewesen waren. Er bewunderte Lysandra für ihren Mut und begann, eine Art von Respekt für sie zu entwickeln.
    Endlich vernahm er ihre Schritte. Er atmete auf und begrüßte Lysandra, die hinter Sirona den Berg hinauf kam. Selbst in seinen eigenen Ohren klang seine Stimme nur entfernt menschlich. Die Hellenin wich dennoch nicht zurück. Sie begrüßte ihn, wie sie es vermutlich mit jedem anderen Menschen getan hätte – nur war er kein gewöhnlicher Mensch, war es nie gewesen. Eine Tatsache, die er lange vor seinem Volk hatte verbergen können, bis zu jenem schicksalhaften Tag …
    Seit seiner Umwandlung hatte er keine Frau gesehen, die nicht vor ihm geflohen wäre. Nachts, wenn er wieder ein Mann war, ging kaum noch eine von ihnen auf die Straße. Die hellenischen Frauen schienen, wie Lysandra es gesagt hatte, fast gar nicht das Haus zu verlassen, außer jene, die so arm waren, dass sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen mussten. Alle anderen waren Huren oder Hetären, die kostspieligeren Unterhalterinnen und Flötenspielerinnen.
    Cel war ohnehin selten in die Stadt gegangen. Da er einer der besiegten Feinde war, sahen die Hellenen in ihm keine größere Bedrohung als in anderen Fremden, doch eine gewisse Abneigung war immer unterschwellig spürbar.
    »Warum lässt du mich rufen?«, fragte Lysandra.
    »Als ich Kore zurückbrachte, sagte sie mir, ich brauche jemanden von eurem Volk, der befähigt ist, das Tor zur hellenischen Unterwelt zu öffnen.«
    »Aha, die Totenreiche sind also getrennt. Wie interessant. Was ist mit Aiolos? Kann er es nicht öffnen?«
    »Den haben wir schon gefragt. Er ist nur ein halber Hellene. Zudem hat er nicht diese besondere Gabe«, sagte Cel.
    Lysandra sah ihn erstaunt an. »Nur ein halber?«
    »Nun, seinen eigenen Worten zufolge hat seine Mutter sich früher am Hafen von Heraklion um die körperlichen

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