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Der Kuss des Greifen

Der Kuss des Greifen

Titel: Der Kuss des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Morgan
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habt?«
    Aiolos schüttelte den Kopf. »Ich habe gar nicht richtig zugehört. Die Sache ist mir unangenehm und ich werde schweigen wie die Toten, dessen seid Euch gewiss. Doch wenn Ihr verreisen wollt und noch drei Tage warten könnt, dann besteht die Möglichkeit, mit einem alten Bekannten von mir fahren. Ich wollte ohnehin bei ihm an Bord gehen. Die Voraussetzung dafür ist, dass Ihr mir bis dahin bei Euch Unterschlupf gewährt und kein Wort nach außen dringt, dass ich hier bin. Dann werde auch ich auch kein Wort verlauten lassen.«
    »Das ist ausgeschlossen!« Nerea deutete auf ihn. »Wer weiß, welch düsteres Werk er begangen hat, dass er aus Delphoí fliehen muss!«
    »Nein, warte, Mutter. Lass uns erst anhören, was er zu sagen hat. Wohin fährt Euer Bekannter?« Außerdem wusste Lysandra nicht, was er von ihrem Gespräch verstanden hatte. Würde sie ihm Unterschlupf gewähren, war er gewiss deutlich weniger versucht, sie zu verraten.
    Aiolos grinste. »Nach Karthago. Wohin denn sonst? Karthago ist der Handelsstützpunkt meines Volkes schlechthin. Wenn Ihr mich drei Tage lang hier versteckt, dann nehme ich Euch alle mit. Mein Freund wird Euch helfen, wenn Ihr mir helft.«
    »Er ist also einer der phönizischen Händler. Wird er auch Cel und Sirona mitnehmen? Das wird nicht ganz einfach werden«, sagte Lysandra.
    »Wir überlegen uns was«, sagte Aiolos. »Vermutlich werdet Ihr an Deck schlafen und ein paar Essensvorräte mitnehmen.« Er beugte sich zu Lysandra vor. »Und macht Euch keine Sorgen«, sagte er leiser, sodass Nerea ihn nicht verstand. »Alles, was ich hier gehört habe, wird diese vier Wände nicht verlassen. Zumindest nicht von meiner Seite aus. Unter uns gesagt, Lysandros: Ihr tut gut daran, hier herauszukommen.«
    Lysandra wandte sich an ihre Ziehmutter. »Du, Nerea, verlässt das Haus während dieser drei Tage nicht. Weder verrätst du mein Vorhaben noch Aiolos. Dies verfüge ich in meiner Position als Haushaltsvorstand!«
    Nerea starrte sie an, als hätte sie sie geschlagen. Sie tat Lysandra leid, doch sie musste es tun. In der Ferne – wenn es dort wirklich Menschen gab, die wie Celtillos dachten – würde sie womöglich als freie Frau leben können. Vielleicht würde auch die Liebe auf sie warten. Diesmal musste sie sie nicht verleugnen. Dies noch einmal zu tun, wäre zu viel für sie.
    »Gut, du willst unbedingt auf diese Reise gehen«, sagte Nerea. »Doch dann nimmst du Damasos mit. Ihm schadet es nicht, andere Länder kennenzulernen.«
    »Aber du sagtest doch, die Reise wäre zu gefährlich!«
    »Ruhm und Ehre soll er erlangen und Schätze aus dem Zinnland mitbringen! So eine lange Reise formt den Charakter!«
    Lysandra vermutete eher, dass sie Damasos loshaben wollte, da er seinem Vater von Tag zu Tag ähnlicher wurde. Es stand zu befürchten, dass er Nerea ebenso schlecht behandeln würde, wenn er statt Lysandra der Herr des Hauses werden sollte. Die ersten deutlichen Anzeichen waren bereits erkennbar.
    »Außerdem schwörst du mir, zu mir zurückzukehren, um deine Pflicht mir gegenüber zu erfüllen. Ansonsten verraten wir Aiolos. Du wirst nicht verhindern können, dass einer von uns, Damasos oder ich, das Haus verlässt!« Hass lag in Nereas Blick.
    »Dann nehme ich Damasos eben mit.« Lysandra blickte Aiolos an. »Ist das möglich?«
    Er nickte, wirkte aber keineswegs begeistert. »Wenn es denn sein muss.«
    »Schwöre es«, sagte Nerea eindringlich. »Schwöre bei Apollon, Leto und Artemis, dass du zu mir zurückkehrst, oder ich verrate Aiolos – und dich. Denn dann hätte ich nichts mehr zu verlieren. Keiner von euch wird dann mehr die Stadt verlassen können. Ihr könnt mich auch nicht gefangen halten, wenn ich es nicht will. Damasos wird es verhindern. Er begibt sich viel in Gesellschaft und hat fast täglich Verabredungen, die er stets einhält. Man würde das Haus durchsuchen lassen. Dein Leben wäre ruiniert, Lysandra, wirklich ruiniert. Dann wirst du dir deine jetzige Lage zurückwünschen.« Nerea wirkte aufgebracht wie nie zuvor, doch tödlich entschlossen zugleich. Wenn Lysandra es nicht besser wüsste, so könnte sie glauben, sie hätte furchtbare Angst.
    »Also gut«, sagte Lysandra. »Ich schwöre bei Apollon, Leto und Artemis, dass ich zu dir zurückkehre.« Sie wusste, dass sie damit einen schwerwiegenden, unumkehrbaren Fehler beging. Sie hoffte, als sie Nereas schlangenähnlichem Blick begegnete, dass sie sich in der Wahl des geringeren Übels nicht

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