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Der Kuss des Jägers

Der Kuss des Jägers

Titel: Der Kuss des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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verbreiteten sich über düstere Reiseführer
und das Internet.
    Jean lehnte mit der Schulter am Gestein neben einem Durchgang und
lauschte in das Schweigen der Schädel. Sie sahen ihn von der gegenüberliegenden
Wand aus leeren Augenhöhlen an, doch schlimmer waren jene hinter ihm, deren
Blicke er auf seinem Rücken zu spüren glaubte wie kalte Fingerspitzen. Es roch
nach Moder, nach Nässe und Verfall. Die Jacke, die ihm in der Hitze des
Sommertags lästig gewesen war, bewahrte ihn nun davor zu frieren. Durch etliche
Kammern, Gänge und Schächte war er Kafziel und seinem Zirkel bis in die
Katakomben gefolgt, hatte die Absperrungen der für Besucher freigegebenen
Bereiche von der verbotenen Seite aus gesehen und längst die Orientierung
verloren. Vermutlich befanden sie sich noch immer unter Montparnasse, aber an
welchem Ende? Hätte der Unbekannte keine Markierungen hinterlassen, wäre Jean
gezwungen gewesen, selbst welche anzubringen, die ihn später womöglich verraten
hätten. Später … Wieder dachte er an die Party der cataphiles , die sich lieber im Untergrund herumtrieben, als
am gewöhnlichen Nachtleben teilzuhaben. Einige von ihnen nannten sich L’Inconnues , die Unbekannten, nach der namenlosen Toten aus
der Seine, und lockten mit ihren morbiden Festen Gothicfans wie Lilyth in die
dunkle Welt unter der Stadt. Wie spät war es mittlerweile? Wenn er Lilyth nicht
verpassen wollte, musste er sich bald auf den Rückweg machen. Er hörte keine
Schritte mehr aus dem Nebenraum, nur leises Scharren und Knirschen von Sohlen
auf schmutzigem Steinboden. Hatte Kafziel sein Ziel erreicht? Waren sie stehen
geblieben und sahen sich um?
    »Es ist fast alles hier, was wir brauchen«, behauptete eine dunkle
Stimme, die in dieser Umgebung so unbeeindruckt und selbstsicher klang, dass
sie nur dem Dämon gehören konnte. Ihm war, als ob ein Raunen durch die Reihen
der Totenschädel ging, das mit Kafziels Stimme anhob und sich mit ihr wieder
legte. »Ihr wisst, was zu tun ist. Uns bleibt nicht viel Zeit.«
    »Merde! Ich hab hier unten natürlich keinen Empfang«, murrte einer
der anderen Männer. »Henri, versuch eine Stelle zu finden, wo es klappt!«
    »Zur Hölle mit deinem Handy, Arnaud!«, schnappte Sylvaine. »Warum
hast du nicht telefoniert, als du noch oben warst, wenn es so dringend ist?«
    »Ich habe Jaussin angerufen, aber es war
nur seine Mailbox dran. Du hast keine Ahnung, wie angepisst er wird, wenn man
ihn versetzt. Und jetzt bin ich nicht mal erreichbar. Ich bin Geschäftsmann,
Monsieur. Solche kurzfristigen Änderungen passen nicht zu meinem vollen
Terminkalender!«
    Monsieur? Dieser Arnaud schien keine Ahnung
zu haben, wer Kafziel war. Hatte sich der Dämon als Freund und Nachfolger
Caradecs vorgestellt?
    »Ich bedaure, dass ich Ihnen solche Umstände bereiten muss, aber Sie
wären wohl kaum hier, wenn Ihnen das, was wir uns alle davon versprechen, nicht
einen gewissen Aufwand wert wäre.« Wieder schienen die Schädel leise zu
wispern.
    Jemand – vermutlich Arnaud – brummte. »Das mag sein. Trotzdem bin
ich kein Laufbursche, den man mal eben herbeipfeift und Kerzen aufstellen
lässt. Gibt es für solche Rituale nicht eine besonders günstige Zeit? Deshalb
waren wir doch für Sonntag verabredet, oder nicht?«
    »Es sind Umstände eingetreten, die uns zum Handeln zwingen«,
erklärte Kafziel gereizt. »Ich kann nicht riskieren, dass uns im letzten
Augenblick jemand zuvorkommt.«
    Jean horchte auf. Hatte Sophie tatsächlich den Schlüssel gefunden?
    »Wir haben Konkurrenz?«, staunte Arnaud.
    »Ich würde sie eher als Gegenspieler bezeichnen.«
    »Aber wer …«
    »Das tut nichts zur Sache.« Der Tonfall erstickte weitere Nachfragen
im Keim.
    »Hier gibt es nirgends Empfang, Monsieur Arnaud.«
    »Verdammt!«
    »Scheiß endlich drauf, Arnaud!«, blaffte Sylvaine. »Wenn das hier
läuft, ist Jaussin die längste Zeit auf dir herumgetrampelt.«
    »Das will ich hoffen.«
    »Dann fangen Sie endlich mit den Vorbereitungen an«, forderte
Kafziel. »Lenoir und ich müssen das Mädchen herbringen.«
    »Ist es nicht mehr bei Maurice?«, erkundigte sich Arnaud hörbar
beunruhigt.
    »Ich will für ihn hoffen, dass sie ihm nicht abgehauen ist«,
erwiderte Sylvaine. »Aber der Schwachkopf hält sich offenbar schon seit Tagen
im Untergrund versteckt, und wie du gerade bemerkt hast, konnte ich ihn deshalb
nicht erreichen.«
    »Wie wollt ihr ihn dann finden?«
    »Keine Sorge, ich weiß, wo sie sind«, sagte der Dämon

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