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Der Kuss des Jägers

Der Kuss des Jägers

Titel: Der Kuss des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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sich an der Schläfe und schüttelte
dann den Kopf. »Eigentlich war klar, dass Jean ihn früher oder später aufhalten
musste, aber …«
    »Aufhalten? Warum?« Kafziel hatte gewollt, dass Caradec sie für ihn
tötete. Hatte er so etwas womöglich schon früher getan?
    Schritte auf der Treppe lenkten sie ab. Eine Frau um die zwanzig,
die in Jeans und einer mit dezenten Ethno-Mustern bedruckten Bluse steckte,
betrat die Buchhandlung. »Salut, Alex.«
    »Salut, Claudine. Sorry für den Überfall, aber hast du einen Moment
Zeit, den Laden zu übernehmen?«
    Sie stutzte und wickelte sich das Ende ihres Pferdeschwanzes um die
Finger, während sie kurz nachdachte. »Ähm, okay, so für eine Stunde lässt sich
das machen.«
    »Super! Danke.« Alex wandte sich wieder an Sophie. »Dann sollten wir
uns vielleicht lieber oben weiter unterhalten.«
    »Ist mir recht«, versicherte sie. Nicht, dass es danach ausgesehen
hätte, aber es wäre lästig gewesen, von einem Kunden unterbrochen zu werden.
Wenn Alex so eng mit Jean zusammenarbeitete, wusste er vielleicht sogar mehr
über Dämonenabwehr, als sie erwartet hatte. Und über Jean …
    Achselzuckend betätigte Claudine den Lichtschalter, bevor sie sich
hinter die Theke verzog. Sophie folgte Alex durch den gewundenen Gang, den die
in den Raum ragenden Regale bildeten, und hielt dabei bereits nach Büchern über
Dämonologie Ausschau, doch es sprang ihr nur das »Lexikon der Parapsychologie«
ins Auge. Was auch immer Parapsychologie sein mag.
    Alex führte sie durch die Hintertür, die knarrende Stiege hinauf in
die wohl rein private Bibliothek, in der sie Jean bereits zwei Mal getroffen
hatte. Der Raum erstreckte sich so lang und schmal auf die Fensterfront zu wie
der Laden darunter, doch da die Vorhänge aufgezogen waren, fiel deutlich mehr
Licht herein. Sophie stand unschlüssig herum, während Alex die Tasche mit dem
Laptop auf dem Schreibtisch vor den Fenstern ablegte. Ohne Jean in seinen
schwarzen Sachen, den dunklen Mantel über eine Stuhllehne geworfen und eine
glimmende Zigarette im Aschenbecher, wirkten die vollgestopften Regale an den
Wänden und die unter Büchern und Zeitungen verschwindenden Tische nur halb so
geheimnisvoll. Sie ertappte sich dabei, mit den Augen den Stuhl zu suchen, auf
dem er bei ihrem letzten Besuch gesessen hatte. Das ist nur
mein schlechtes Gewissen. Ich vermisse ihn gar nicht. Ich liebe doch Rafe.
    »Setz dich ruhig«, lud Alex sie ein und deutete ausgerechnet auf den
Stuhl, den sie gerade angestarrt hatte.
    Rasch setzte sie sich auf einen anderen. »Also wenn du der Polizei
erzählst, dass Jean und Caradec Feinde waren, macht es die Sache für ihn
bestimmt nur schlimmer.«
    Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und sah sie an, als sei sie
schwer von Begriff. »Ich hab nicht vor, mit den Flics zu reden. Wenn ihnen
niemand einen Tipp gibt, werden sie niemals hier auftauchen.«
    »Aber sie haben doch bestimmt Jeans Handy, sein Adressbuch und
solche Sachen beschlagnahmt.«
    »Das wird ihnen nichts nützen«, meinte er selbstzufrieden. »Jean und
ich haben vorgesorgt. Dank Internet kann man seine Spuren ganz gut verwischen,
wenn man sich auskennt.«
    Aha. Davon hatte sie überhaupt keine
Ahnung und im Augenblick auch nicht die Nerven, sich die fachwortgespickten
Erläuterungen eines Computernerds anzuhören. »Okay, wenn du das sagst, wird es
schon stimmen. Ich sollte mich wohl besser um meine Angelegenheiten kümmern,
denn mich werden sie ganz sicher noch mal vernehmen, weil sie auch hinter Rafe
– Rafael – her sind. Die beiden sind zusammen am Tatort gesehen worden.«
    Alex’ Augen weiteten sich. »Jean hat mit dem gefallenen Engel
gemeinsame Sache gegen Caradec gemacht?«
    »Ich erklär’s dir gleich, aber würdest du mir vielleicht erst noch
erzählen, welchen Grund Jean haben sollte, diesen Mann umzubringen?«
    Er wich ihrem Blick aus. »Hat Jean dir etwas über seine Vergangenheit
erzählt?«
    »Ja, dass er das Theologiestudium abgebrochen hat. Wieso?«
    »Also nichts darüber, was davor war?«
    Sie schüttelte nachdenklich den Kopf. »Nein.«
    »Dann wäre er ziemlich sauer, wenn ich es tun würde, also lass
ich’s. Fest steht nur, dass er Dämonenpaktierer hasst. Und Caradec ist ein
Paktierer. Jean würde alles tun, um zu verhindern,
dass der Scheißkerl Menschen opfert. Und wir sind uns ziemlich sicher, dass er
es bereits getan hat – auch wenn wir es nicht beweisen können.«
    O mein Gott, er könnte wirklich schuldig sein!

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