Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss des Jägers

Der Kuss des Jägers

Titel: Der Kuss des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
Vom Netzwerk:
ihn nie zuvor gesehen.«
    »Sie waren also heute bei ihm?«
    Hatte es noch Sinn zu leugnen?
    »Was hat Jaussin mit dem Tod von Monsieur Caradec zu tun?«
    »Nichts, soweit ich weiß. Es geht ihm nur um …« Sie verstummte,
wusste jedoch, dass Gournay ihr Schweigen nicht hinnehmen würde. »Er hat mich
bedroht. Bitte! Sie dürfen nicht weiter gegen Arnaud ermitteln, sonst wird er
mir oder Madame Guimard etwas antun.«
    »Dieses Schwein!«, zischte Gonod.
    Der Commissaire warf ihm einen missbilligenden Blick zu und lehnte
sich auf seinem Stuhl zurück. »Und warum sollte ich Ihnen nun diese Geschichte
glauben?«
    »Weil sie wahr ist!«, fuhr Sophie auf. »Ich weiß nicht, was Ihre
Spitzel gesehen haben wollen, aber dieser Gorilla hat mich gezwungen
einzusteigen. Das war eine Entführung – vor den Augen der Polizei!« Dass
Gournay lächelte, fachte ihre Empörung weiter an. »Sie haben gut lachen, ich
hatte Angst! Ich hatte keine Ahnung, was vor sich ging, und sie wollten es mir
nicht sagen. Sie faselten nur etwas von diesem ›Patron‹, der ein Hühnchen mit
mir zu rupfen hätte. Auf das Schiff von Arnaud haben sie mich gebracht. Das
schwitzende Schwein hat zugesehen, wie sein Schwager mich bedroht und
geschlagen hat. Sieht man es meiner Wange nicht an?« Sie drehte ihm die
entsprechende Seite zu und deutete darauf, wartete aber nicht auf eine Antwort.
»Ich hätte die größte Lust, diesen Mistkerl anzuzeigen, und stattdessen muss
ich Sie anflehen, Arnaud in Ruhe zu lassen. Sie haben keine Ahnung, wie ich
mich fühle.« Erschöpft sank sie auf ihrem Stuhl zusammen. Jetzt war alles
vorbei. Sie hatte sich hinreißen lassen, ihm alles zu gestehen. Nun würde er
auch noch gegen den Patron selbst ermitteln. Vielleicht sollte sie Kafziel
einfach sein Werk tun lassen. Dann gab es wenigstens keinen Grund mehr, Madame
Guimards Leben zu bedrohen.
    »Es … ist nicht besonders fair von Ihnen, auf meine Mitarbeiter zu
schimpfen«, befand Gournay. »Sie konnten nicht eindeutig erkennen, ob Sie
freiwillig eingestiegen sind oder nicht, obwohl wir Letzteres vermutet haben.
Und mit einer Autoverfolgungsjagd konnte niemand rechnen. Aber ich glaube Ihnen.
Ich hatte gerade zum ersten Mal das Gefühl, die uneingeschränkte Wahrheit von
Ihnen zu hören.«
    Sophie verzog nur das Gesicht. Protest würde ohnehin nichts nützen.
    »Arnaud war also vergangenen Samstagabend in diesem Mausoleum?«
    »Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe? Ich riskiere zwei
Leben, wenn ich das nicht leugne!«
    »O doch, das habe ich gehört. Und ich verstehe, dass Sie Angst
haben. Mit Jaussin ist nicht zu spaßen. Was glauben Sie, wie viele Jahre wir
schon hinter ihm her sind? Aber da es auch dieses Mal keinen Zeugen gibt, der
Ihre Geschichte vor einem Richter bestätigen wird, während Jaussins Leute
zweifellos die schönsten Märchen für ihn vorbereitet haben, sind mir wieder
einmal die Hände gebunden. Ich werde Ihre Aussage korrigieren lassen, wie Sie
es wünschen, aber ich will, dass Sie mir sagen, wie
es wirklich war.«
    »Ja, aber was nutzt das denn?«
    »Arnaud hat kein Rückgrat. Geben Sie mir die Informationen, die ich
will, und ich werde ihm einen Handel vorschlagen.«

    Das Fenster war klein und so weit oben, dass sich Jean nur
mit einem Klimmzug hätte hochziehen können, um hinauszusehen. Da es seiner
verletzten Hand geschadet hätte, verzichtete er darauf. Was sollte es auch zu
sehen geben? Ein Stück Himmel bot sich seinen Augen auch von der harten
Pritsche aus, auf der er lag und seinen Gedanken nachhing. In der
Isolationshaft gab es nichts anderes zu tun, als zu grübeln und auf das Essen
zu warten. Von einer Disziplinarmaßnahme hatte der Anstaltsleiter gesprochen.
Irgendwie müsse man ja Häftlinge maßregeln, die glaubten, sich hier wie auf der
Straße prügeln zu können.
    Ja, vielleicht muss man das. Jean schloss
die Augen und sah seine dumme Entgleisung wieder vor sich. Warum hatte er sich
dazu hinreißen lassen, auf den Idioten einzuschlagen? Es war nur ein
gottverdammtes Handy gewesen. Womöglich hatte ihn der Nikotinentzug so gereizt
gemacht. Und dann noch die ständige Nähe der beiden Dauerstreithähne. Er lebte
schon zu lange allein, um dieses Gezänk rund um die Uhr zu ertragen. Trotzdem hätte ich ihn nicht schlagen dürfen. Das Großmaul
mochte sich für einen harten Kerl halten, aber gegen Jeans jahrelanges
Nahkampftraining, zu dem er sich regelmäßig mit Leuten wie Brigadier Tiévant im
Jardin du Luxembourg traf,

Weitere Kostenlose Bücher