Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss des Jägers

Der Kuss des Jägers

Titel: Der Kuss des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
Vom Netzwerk:
anmerken. »Dann wurde die
Verabredung bezüglich des Wagens also schon vorher getroffen?«
    »Es gab keine Verabredung«, erklärte sie tonlos.
    »Ach!«
    Hatte sie wirklich ausgesehen, als ob sie freiwillig in dieses Auto
gestiegen sei? Nur weil Antoine sie aufgefordert hatte zu lächeln? Das ist egal. Ich kann es ihm nicht sagen. Doch das
Schweigen zerrte an ihr, während Gournay offenbar darauf wartete, dass sie die
Geduld verlor, denn er beobachtete sie, ohne weitere Fragen zu stellen. Der
Patron hatte ihr eine Botschaft aufgetragen. Am besten brachte sie es jetzt
hinter sich. Das würde den Commissaire vielleicht ablenken.
    »Ich möchte meine Aussage zurückziehen.«
    Die beiden Ermittler starrten sie verblüfft an.
    »Zumindest den Teil, der sich auf Charles Arnaud bezieht. Monsieur
Arnaud befand sich an jenem Abend nicht unter den Anwesenden. Ich habe das nur
erfunden, um mich an ihm zu rächen.«
    Aber wofür? Wofür schwärzte man jemanden
bei der Polizei an? Sie wäre niemals auf die Idee gekommen, und auch jetzt fiel
ihr kein Grund dafür ein.
    Gournay wechselte einen undeutbaren Blick mit dem Brigadier.
    »Sie wollen eine unterschriebene Aussage zurückziehen?«,
vergewisserte er sich.
    Er will wissen, ob mir klar ist, welche
Konsequenzen das hat. Sie konnte nur nicken. Wieder wurden ihre Augen
feucht, und dieses Mal konnte sie nicht verhindern, dass eine Träne ihren Weg
über ihre Wange fand.
    Gonod scharrte nervös mit den Füßen. Seine Augen richteten sich
mehrmals auf sie, nur um jedes Mal rasch wieder wegzusehen. Der Commissaire
dagegen blickte sie unverwandt an. »Muss ich annehmen, dass Sie diese neue
Aussage machen, um Monsieur Arnaud zu schützen?«
    Sie hätte es bejahen müssen, hätte erklären müssen, dass es doch
berechtigt war, einen Unschuldigen vor den Folgen einer Falschaussage zu
bewahren. Aber die weiteren Lügen kamen ihr nicht über die Lippen. Hatte sie
nicht ihre Schuldigkeit getan? Der Patron konnte ihr nichts mehr vorwerfen. Sie
schwieg.
    Gournay ging einige Schritte im Zimmer auf und ab, bevor er sich
schließlich auf den Stuhl setzte, den er bislang verschmäht hatte.
»Mademoiselle, Sie wollen, dass ich den einzigen weiteren Zeugen, den Sie
namentlich genannt haben, wieder ignoriere. Ihnen ist sicher bewusst, was für
ein Licht das auf Ihre weiteren Aussagen wirft, und ich habe nicht den
Eindruck, dass Sie zu dumm sind, um zu begreifen, welchen Schaden Sie damit
Ihrer Sache – und der Mérics – zufügen.«
    Erneut nickte sie.
    »Wofür wollten Sie sich rächen?«
    Ja, wofür … Die Frage schuf in ihrem Kopf
nichts als ein Vakuum.
    »Wofür wollten Sie sich rächen?«, wiederholte Gournay schärfer.
    »Ich, äh …«
    Er sprang auf und brüllte: »Wofür?«
    Vor Schreck zuckte sie zusammen und brach in Tränen aus. Was soll ich denn tun? Sie barg ihr Gesicht in den Händen.
Konnten sie sie nicht endlich alle in Ruhe lassen?
    »Merde!«, entfuhr es Gournay. »Was stehen Sie da herum? Besorgen Sie
gefälligst Taschentücher, Gonod!«
    Das Geräusch der sich öffnenden und schließenden Tür verriet ihr,
dass der Brigadier davoneilte. Der Commissaire stapfte wieder auf und ab,
während sie ihr Schluchzen mit den Händen dämpfte. Schon begann ihre Nase zu
laufen. Schniefend versuchte sie, mit dem Weinen aufzuhören, bevor sie vollends
gedemütigt war. Gonod kehrte zurück, zerrte ein Tuch aus der knisternden
Plastikpackung und reichte es ihr. »Bitte, nehmen Sie.«
    Sie riss es ihm förmlich aus den Fingern, um sich rasch die Nase zu
putzen. Zögernd legte er die Packung vor ihr auf den Tisch und zog sich auf
seinen Platz neben der Tür zurück.
    Als ob er auf dieses Signal, die Pause zu beenden, gewartet hätte,
nahm Gournay wieder auf seinem Stuhl Platz. Sein Blick war eindringlicher denn
je.
    »Was Sie da tun, ist sinnlos.«
    Überrascht sah sie auf, wischte sich jedoch weiter die Tränen aus
dem Gesicht. Ihr Atem ging schwer. Die Muskeln, die sich beim Schluchzen von
selbst zusammenzogen, weigerten sich immer noch, völlig Ruhe zu geben.
    »Bevor ich in dieses Zimmer kam, hat man mich davon in Kenntnis
gesetzt, dass der Halter des Wagens, mit dem Sie gefahren sind, für einen
gewissen Monsieur Jaussin arbeitet. Und dieser Monsieur Jaussin ist ganz
zufällig der Schwager von Charles Arnaud. Seltsam, nicht wahr? Was haben Sie
mit dem ›Patron‹ zu schaffen, Mademoiselle?«
    »Nichts!« Das Wort war ihr entschlüpft, bevor sie darüber nachdenken
konnte. »Ich habe

Weitere Kostenlose Bücher