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Der Kuss des Jägers

Der Kuss des Jägers

Titel: Der Kuss des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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Objekt von diesen Abertausend durchgehen
müssen?« Nun war sie wirklich gespannt.
    Er nickte. »Genau. Also Folgendes: Theoretisch ist es möglich, dass
dieser Schlüssel eine spätere Erfindung ist und nur dazu dient, das Gefängnis
der Wächter zu öffnen. Aber das glaube ich nicht, und zwar aus zwei Gründen.
Erstens haben sich bereits so viele besessene Magier mit sämtlichen Schriften
zur Dämonenbeschwörung beschäftigt, dass sich irgendwann irgendwer damit
gebrüstet hätte, wenn er auf eine so mächtige Formel gestoßen wäre. Ich habe
mich mit dem Wissen vieler Geheimlogen auseinandergesetzt, und niemand hat dort
etwas in dieser Richtung vorzuweisen. Und zweitens bin ich sicher, dass es so
ist, weil andernfalls längst irgendein Dämon die Chance ergriffen und dieses
Tor geöffnet hätte. Nein, was wir suchen, muss so alt sein, dass es selbst
unter den ältesten Dämonen nur noch ein Gerücht ist.«
    Es klang einleuchtend, doch ihr war bewusst, dass sie zu wenig von
der Materie verstand, um es auch nur annähernd beurteilen zu können.
    »Alex könnte trotzdem immer noch recht damit haben, dass es sich
nicht um ein Artefakt, sondern eine magische Formel handeln könnte. Aber selbst
wenn das stimmt, muss sie irgendwo aufgezeichnet sein, wo seit Jahrhunderten
niemand darüber gestolpert ist. Auch das schließt alle neueren Schriftstücke
aus, die womöglich im Archiv liegen. Wenn es also ein Zauberspruch ist, muss er
in einer Schrift oder einer Bildsprache geschrieben sein, die erst kürzlich
oder noch gar nicht entschlüsselt wurde.«
    »Du meinst so etwas wie diese Tonscheibe, die ich auf Kreta im
Museum gesehen habe? Die Schriftzeichen darauf hat noch niemand lesen können.«
    »Der Diskos von Phaistos? Ja, wenn der im Louvre wäre, würde ich ihn
als Erstes unter die Lupe nehmen. Aber das, was wir suchen, muss sich nicht so
offensichtlich als Schrift erkennen lassen. Es könnte auch ein Gegenstand mit
Symbolen darauf sein. Oder es gibt keine Formel, und man muss ihn einfach nur
auf die richtige Art anwenden.«
    »Und was hast du jetzt vor?«
    »Ich war noch nicht fertig«, erklärte er schmunzelnd.
    »Oh. Du kannst es noch mehr eingrenzen?«
    »Na ja, natürlich sind das alles nur Theorien. Ich kann auch völlig
daneben liegen. Aber das glaube ich nicht. Ich glaube, dass wir davon ausgehen
sollten, dass der Schlüssel aus der Zeit stammt, die das Buch Henoch
beschreibt, oder zumindest nicht allzu viel jünger ist. Entweder wurde er
erschaffen, als die Wächter eingesperrt wurden, oder er transportiert zumindest
das magische Wissen aus jener Zeit, denn später hat es keinen Magier mehr
gegeben, der sich darauf bezog, ohne dass wir davon wüssten.«
    »Hm.« Sie zögerte mit ihrer Frage, weil er sie dann sicher wieder
für dumm hielt.
    »Was ist? Hast du Einwände?«
    »Was? Nein! Das hört sich alles überzeugend an. Ich … äh … bin nur
nicht sicher, über welche Zeit wir jetzt reden. Für die meisten Menschen ist
das mit den Wächtern doch nur eine Legende. Wann soll der Sturz denn gewesen
sein?«
    »Unmittelbar vor der Sintflut«, meinte Jean grinsend.
    »Na prima. Und wann war die Sintflut?«
    »So genau weiß man das natürlich nicht. Immerhin berichten nur
Mythen und Legenden davon«, erwiderte er amüsiert.
    »Ja, ja, Engel und Dämonen sind auch nur Fabelwesen. Ich hab’s
kapiert. Hör auf, mich auf den Arm zu nehmen!«, beschwerte sie sich, doch sein
Lächeln war ansteckend.
    »Dann also ernsthaft. Es gab natürlich schon oft Versuche, anhand
der biblischen Angaben auszurechnen, wann die Sintflut gewesen sein muss. Die
Ergebnisse dieser Bemühungen schwanken zwischen dem Ende des vierten
Jahrtausends vor Christus und der Mitte des dritten.«
    3000 vor Christus? Vor 5000 Jahren? »Das war ja fast noch in der Steinzeit, noch vor
den Pyramiden. Gibt es dazu im Louvre überhaupt Funde?« Sie konnte sich nicht
erinnern, dort Faustkeile gesehen zu haben.
    »Allerdings«, behauptete Jean. »In der Altorientalischen Abteilung.
Dort, wo die Funde aus Mesopotamien gezeigt werden. Und passenderweise kannten
schon die Sumerer den Sintflutmythos. Etana, laut sumerischer Königsliste der
erste König von Kisch, soll der erste König nach der Sintflut gewesen sein. Die
Schriften über ihn sind erst unter späteren Königen entstanden, aber seine
Regierungszeit – wenn es ihn denn gab – wird von Altorientalisten auf ca.  3000 vor Christus geschätzt. Ist das nicht ein wunderbarer
Zufall?«
    Beeindruckt

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