Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss des Killers

Der Kuss des Killers

Titel: Der Kuss des Killers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
Vom Netzwerk:
zurück.«
    »Und die Leute geben einem tatsächlich so viel Geld?«
    »Normalerweise musst du die Sache noch ein bisschen erweitern und Erkundigungen über die Leute einholen, damit du sie mit Namen und Ereignissen beeindrucken kannst. Aber im Grunde läuft es genau so. Die Menschen wollen einfach an diese Dinge glauben.«
    »Und warum?«
    »Weil das Leben, so wie es läuft, oft schlichte Scheiße ist.«
    Ja, dachte Eve, als sie wieder allein war, sie nahm an, dass das Leben manchmal wirklich Scheiße war. Ihr Leben war es eindeutig über Jahre hinweg gewesen. Inzwischen allerdings lebte sie in einem wunderbaren Haus mit einem wunderbaren Mann, der sie aus irgendwelchen Gründen liebte. Sie konnte dieses neue Leben und den Mann, mit dem sie dieses Leben teilte, manchmal nicht verstehen, doch sie gewöhnte sich daran. So gut, dass sie beschloss, sich nicht schon wieder in ihrer Arbeit zu vergraben, sondern den goldenen Herbstabend zu nutzen und eine Stunde draußen spazieren zu gehen.
    Sie war Straßen und Gehwege gewohnt, überfüllte Gleitbänder und Flieger. Von dem freien Platz, über den Roarke auf seinem Anwesen verfügte, war sie immer wieder überrascht. Sein Grundstück glich einem sorgsam gepflegten, ruhigen, üppig begrünten Park. Vom Blattwerk der Bäume wurde die Umgebung in ein herbstliches Flammenmeer getaucht, die Blumen verströmten ihr süßes Aroma und die Erde den leicht rauchigen Geruch eines Oktobers auf dem Land.
    Über ihrem Kopf summte ab und zu ein leiser Flieger, doch niemals rumpelte ein Lufttaxi oder ein holpriger Touristenflieger über Roarkes Terrain.
    Die Welt, die sie kannte, und in der sie bekannt war, lag hinter den Toren und den hohen Mauern im vernarbten Dunkel der anbrechenden Nacht.
    Hier konnte sie diese Welt, konnte sie New York mit seinen vielen Todesfällen, der dort herrschenden beständigen ohnmächtigen Wut und seiner erschreckenden Arroganz gegenüber dem Einzelnen für kurze Zeit vergessen.
    Sie brauchte die Stille und die frische Luft, doch während sie über das dichte, grüne Gras lief, drehte sie nachdenklich den Ring mit den seltsamen Symbolen an ihrem Finger herum.
    Auf der Nordseite des Hauses gab es eine von mit leuchtend roten Blüten übersäten Ranken bewachsene Laube aus dünnem, wie flüssig wirkendem Eisen. Dort hatte sie ihn zum Mann genommen, in einer altmodischen, traditionellen Zeremonie, in deren Verlauf sie versprochen hatten, einander allzeit in Treue und Liebe ergeben zu sein. Im Rahmen einer Zeremonie. Mit einem Ritual, bei dem sie, umgeben von Musik und Blumen vor Zeugen Worte gesprochen hatten, die über die Jahrhunderte hinweg an allen Orten gleich geblieben waren.
    Und genauso, dachte sie, wurden auch andere Zeremonien, an deren Kraft man glaubte, erhalten und beständig wiederholt. Bis zurück zu Kain und Abel. Einer hatte Felder bestellt, der andere eine Tierherde gehütet. Beide hatten Opfer dargeboten, nur dass das Opfer des einen angenommen, das des anderen hingegen verworfen worden war. Was, wie manche Menschen glaubten, der Ursprung von Gut und Böse gewesen war. Beide hatten das Gleichgewicht und die Herausforderung des anderen gebraucht.
    Und so ginge es endlos weiter. Auch wenn Wissenschaft und Logik die Wirksamkeit der Rituale widerlegten, wurden sie weiter zelebriert, wurden weiter Räucherstäbchen verbrannt, Gesänge angestimmt, Opfer dargeboten, roter Wein als Symbol des Blutes aus Kelchen getrunken.
    Und Unschuldige geopfert.
    Wütend auf sich selbst fuhr sie sich mit den Händen durchs Gesicht. Es war idiotisch und sinnlos zu philosophieren. Mord wurde durch Menschenkraft verübt. Und auch durch Menschenkraft würde Gerechtigkeit als oberster Ausgleich zwischen Gut und Böse erzielt.
    Sie setzte sich unter die blutroten Blüten und sog den brennenden Duft des anbrechenden Abends tief in ihre Lungen ein.
    »Ziemlich ungewöhnlich, dich hier anzutreffen.« Roarke war so leise hinter sie getreten, dass ihr Herz einen kleinen Hüpfer machte, ehe er sich neben ihr auf dem Rasen niederließ. »Und, kommunizierst du mit der Natur?«
    »Vielleicht habe ich heute einfach zu viel Zeit drinnen zugebracht.« Als er ihr eine der roten Blüten überreichte, drehte sie sie lächelnd zwischen ihren Fingern, ehe sie den Kopf hob und ihm ins Gesicht sah.
    Er wirkte vollkommen entspannt, wie er auf den Ellenbogen und mit ausgestreckten, an den Knöcheln gekreuzten Beinen dalag. Sicher wäre Summerset über die unvermeidlichen Grasflecken in dem

Weitere Kostenlose Bücher