Der Kuss Des Kjer
der Nacht an einen von ihnen anzuschmiegen, und gaben ihr etwas von ihren Rationen ab. Kurz zuckte es bitter um seinen Mund. Unfreie kümmerten sich in der Regel nicht umeinander. Lagen die eisernen Ringe erst einmal um die Hälse, hielten Freundschaften nicht länger als ein paar Tage. Zuweilen sorgten Familien noch einen Mondlauf füreinander, aber darüber hinaus ... Nein! jeder kämpfte nur noch für sich. Die Kleine hatte nur eine Möglichkeit ...
»Wie heißt du?« Hastig kauerte sie sich zusammen und presste die Stirn auf den Boden. Bebend schob sich eine Hand vor, die Handfläche offen nach oben. Das stumme Flehen. ~Wofür auch immer du mich bestrafen wirst, hab Erbarmen und sei nicht zu grausam mit mir.< Es gab Männer, die den Unfreien in solchen Momenten auf die ausgestreckten Finger traten - Jerdt war einer davon. Sacht stieß er sie mit dem Stiefel an. Scharf holte die Heilerin Luft. »Setz dich auf und sag mir deinen Namen. - Gehorche und dir wird nichts geschehen.« Einen weiteren Moment rührte sie sich nicht, ehe sie sich dann doch aufrichtete. »Kaija.« Sofort schlangen ihre Finger sich wieder ineinander.
»Kaija. - Gut! Jetzt sieh mich an!« Ein Zittern durchlief den mageren Körper, dann tat sie wie geheißen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich rücklings gegen die Tischkante. »Du warst Magd bei der Frau des Speichervogts? Du weißt, wie man eine Dame bedient?«
Ein Nicken antwortete ihm.
»Gut! Dies hier«, er wies auf die Heilerin, »ist die Herrin Lijanas. Du stehst ab sofort zu ihrer uneingeschränkten Verfügung. Ist sie zufrieden mit dir, wird es dein Schaden nicht sein. Ist sie es allerdings nicht ... « Wieder war die Antwort ein Nicken.
»Was bildet Ihr Euch ein, Kjer! - Ich will keine Sklavin!« Bei den empörten Worten der jungen Frau schossen dem Mädchen die Tränen in die Augen.
Mordan schaute sie unbewegt an. »Seid Ihr sicher? Sie würde Euch in allem zu Diensten sein, solange wir hier sind. Sie wäre ... «
»Ich sage es Euch noch einmal: Ich will keine Sklavin! « Erst jetzt schien sie zu bemerken, dass Kaija stumme Tränen über die Wangen liefen. Die mageren Hände waren halb in einem Flehen erhoben. »Warum weinst du?« Sie wollte sich zu dem Mädchen hinunterbeugen, doch er schob sie auf ihren Sitz zurück. »Du hast die Herrin Lijanas gehört. - Verschwinde! «
»Nein! Erst soll sie mir sagen, warum sie weint, Kjer! «
» Ihr habt Euch entschieden. Ihre Tränen haben Euch nicht zu interessieren. « Er brach ein weiteres Stück Brot ab und drückte es Kaija in die bebenden Finger. »Geh!«
Sie duckte sich kurz auf den Boden, dann rannte sie schluchzend hinaus. Die Heilerin sprang auf und wollte dem Mädchen folgen, er packte sie beim Arm und verhinderte es. »Ihr wolltet keine Sklavin. Ihr habt Euren Willen bekommen. Lasst es damit gut sein!«
»Ich verlange zu wissen, warum sie geweint hat, als ich sagte ...
Er stieß sie auf den Stuhl zurück. »Euch zu dienen, hätte für Kaija bedeutet, aus dem Pferch herauszukommen; sie hätte eine Decke für die Nacht von mir erhalten und hätte sich nehmen dürfen, was vom Mahl übrig geblieben wäre. «
Ihre Augen weiteten sich. »Holt sie zurück! «
»Nein!«
» Ihr hättet mir das alles früher sagen müssen! «
»Warum? Damit Ihr sie zu Euch nehmt, weil sie Euch dauert wie ein halb verhungerter, streunender Hund?« Es war ein Fehler, nach einem Mädchen für sie zu schicken. Ein seelenverfluchter, verdammter Fehler! Ich hätte es wissen müssen!
»Ihr seid ... Bitte, lasst sie zurückholen! «
»Nein!« Weißt du eigentlich, was du da verlangst? Ich kann eine einmal getroffene Entscheidung nicht einfach rückgängig machen wie irgendein launischer Speichellecker.
»Bitte, ich ...«
»Ihr könnt bitten, soviel Ihr wollt, Lijanas. Die Antwort bleibt die gleiche! « Warum müssen wir immer streiten, kleiner Vogel?
» Ihr seid ein herzloses Ungeheuer! «
Ich habe sehr wohl ein Herz. Im Augenblick bedaure ich diesen Umstand allerdings.
»Dann ist es wohl besser, wenn das Ungeheuer Euch jetzt allein lässt. « Heftig wandte er sich dem Eingang des Zeltes zu. Das Leder der Zeltklappe schon in der Hand, drehte er sich noch einmal um. »Unfreie werden Euch heißes Wasser zum Waschen bringen. - Ob Ihr es nutzt oder nicht, ist Euch überlassen. Die beiden Krieger, die vor dem Zelt Wache halten, werden sich um alles kümmern. - Ich wünsche nicht, dass Ihr versucht, mit den
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