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Der Kuss Des Kjer

Der Kuss Des Kjer

Titel: Der Kuss Des Kjer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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noch einen weiteren Moment, ehe er das Töpfchen ergriff, sich umdrehte und neben sie auf die Bettkante setzte. Behutsam schob er die Felldecken noch ein Stückchen tiefer auf ihr Gesäß, um sie nicht mit der hellgrünen Paste zu beschmieren - sofort spannte sich ihr ganzer Körper -, nahm ihr Haar zu einem Rossschweif zusammen, legte es neben ihren Kopf und tupfte den weichen Balsam sacht auf die Striemen. Ein herber Kräuterduft stieg ihm in die Nase.
    Nur langsam entspannte sie sich wieder unter seinen Händen.
    »Wann werdet Ihr eigentlich Eure Wettschuld einlösen, Kjer?«, erkundigte sie sich irgendwann. Seine Hände stockten für einen Atemzug auf ihrem Rücken.
    »Nicht jetzt und nicht hier! «, teilte er ihr dann mit. Sie richtete sich halb auf den Ellbogen auf, eines der Felle vor die Brust gepresst, und sah ihn an, einen seltsamen Ausdruck im Gesicht. »Keine Angst, ich stehe zu meiner Schuld. Und ich werde sie einlösen - wenn ich Euch nach Turas gebracht habe. «
    »Warum erst dann?« Sie klang enttäuscht.
    »Weil ich Euch bis zu einem bestimmten Tag dorthin gebracht haben muss - und durch unseren langen Aufenthalt in Cavallin und meine Krankheit haben wir viel Zeit verloren. Deshalb kann ich es mir nicht leisten, noch einen zusätzlichen Tag zu vergeuden. - Legt Euch wieder hin.« Einen Moment zögerte sie, als wolle sie noch etwas sagen, dann streckte sie sich wieder auf den Fellen aus. Behutsam rieb er ihren Rücken weiter mit Wundbalsam ein. Er war noch nicht fertig, als tiefe, gleichmäßige Atemzüge verkündeten, dass sie eingeschlafen war. Schließlich setzte er sich vorsichtig zurück, darauf bedacht, sie durch seine Bewegung nicht zu wecken, und verrieb die Reste der Paste zwischen seinen Handflächen, während er sie betrachtete.
    So zart und verletzlich - und doch die einzige Frau, die es wagt, die Fäuste in die Seiten zu stemmen und mich anzuknurren. Behutsam breitete er eines der Leinenlaken über ihren Rücken, ehe er sie mit den Bettfellen zudeckte. Leise murmelnd runzelte sie die Stirn, ihre Hand strich über den Pelz, als würde sie nach etwas suchen. Er beugte sich vor, bot ihr seine Hand an. Ihre Finger schlossen sich darum, verschränkten sich im Schlaf mit seinen. Zufrieden lag sie wieder still.
    Schweigend blickte er auf sie hinab. Warum soll ich dich nach Turas bringen, kleiner Vogel? Ist es so, wie du sagst? Gibt es keine Heilungsrituale? Oder ist es einfach nur eine andere Art des Heilens, eine, die du nicht kennst? Was ist dann deine Aufgabe dabei? Oder soll ich dich gar nicht nach Turas bringen, damit du meinen Herrscher heilst? Warum aber sonst? Du bist Heilerin! Etwas anderes ergibt keinen Sinn!
    Langsam stieß er den Atem aus. Sosehr er sich auch den Kopf zermarterte - er fand keine Antwort. Er beugte sich weiter vor, wollte eine vorwitzige Strähne zurückstreichen, die ihr über die Augen gefallen war, als ihn ein scharfer Schmerz jäh an seine Wunde erinnerte. Vorsichtig richtete er sich wieder auf, entzog ihr sacht seine Finger. Mit einem Seufzen gab sie ihn frei und drehte das Gesicht auf die andere Seite, weg vom Licht der Kerzen und Feuerbecken.
    Mit dem Topf Wundbalsam trat er an den Tisch, stellte ihn ab, zog Wams und Tunika aus und entfernte nach und nach den Verband. Das letzte Stück war an die Wunde geklebt - er biss die Zähne zusammen und löste es mit einem Ruck. Er sah an sich hinab. Es war ein sauberer Durchschuss, in Höhe der letzten beiden Rippen. Die Ränder um die Wunde wirkten ausgefranst. Er tastete mit den Fingern über seinen Rücken - hier fühlten sie sich glatt an; ein deutliches Zeichen dafür, dass der Bolzen ihn von hinten getroffen hatte. Sein Mund verzog sich bitter, während er seine Fingerspitzen besah, um festzustellen, ob das Loch sich vielleicht wieder geöffnet hatte, als er den Verband abriss. - Nein, kein Blut. Einem Mann in den Rücken schießen zu lassen, deutete nicht unbedingt auf eine besonders ehrenvolle Gesinnung des Nivard-Prinzen. Vor allem dann nicht, wenn man bedachte, dass die Geschosse ebenso gut einen Bürger Cavallins oder sogar Lijanas hätten treffen können. - Als der erste Bolzen neben ihm über eine Häuserwand geschrammt war, hatte er sie gepackt und vor sich geschoben, um sie mit seinem Körper zu schützen. Offenbar keinen Herz, schlag zu früh, denn beinah im gleichen Moment war der Schmerz wie flüssiges Feuer durch seine Seite gefahren. Ein kleines Stück weiter oder den Hauch eines Atemzugs früher ...

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