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Der Kuss Des Kjer

Der Kuss Des Kjer

Titel: Der Kuss Des Kjer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Geschmack von Mohn war plötzlich auf ihrer Zunge.
    Nein! Sie kämpfte, wollte die Droge ausspucken. Wieder füllte Wein ihre Kehle. Lijanas würgte, hustete, schlug voller Verzweiflung nach Ahmeer.
    Krachend zerbarst der Becher auf dem Boden. Abrupt gab er sie frei. Sie mühte sich vom Bett herunter, taumelte zur Tür ... - Graue Leere durchdrang ihren Verstand, erstickte ihren Willen und ließ sie hilflos zurück.

    *** 27 ***

    Das Geschrei begann, als das Tor sich öffnete. Geblendet schloss er einen Herzschlag lang das Auge. Nach der absoluten Finsternis des Kerkers während der letzten Wochen erschien ihm das Licht quälend grell. jemand versetzte ihm einen Stoß in den Rücken, er strauchelte, wäre um ein Haar gestürzt. Die Eisen an seinen Gelenken klirrten. Höhnisches Gelächter erklang. Er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
    Rusans Soldaten waren mutig geworden, seitdem sie Haffrens Blutwolf Klauen und Zähnen gezogen hatten. Ein Ruck an seinen Ketten; ein geknurrtes »Vorwärts, Bestie!«. Diesmal traf ihn ein Lanzenschaft in den Rücken. Langsam trat Mordan durch das Tor des Seegefängnisses und blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht an. Hinter ihm erhob sich der Palast von Anschara an der Spitze der Klippe, gegen die donnernd das Meer brandete. Das Geschrei des Pöbels war ohrenbetäubend. Die ersten Steine flogen, einer traf ihn über der Braue, Blut rann in sein Auge und blendete ihn für einen kurzen Moment. Er wischte es mit den gefesselten Händen weg. Die Soldaten, die einen Kreis um ihn gebildet hatten, hatten Mühe, die wütende Menge zurückzuhalten. Er wurde grob vorwärtsgezerrt, stolperte, weil die Fußeisen nur schleppende Schritte erlaubten, Rusans Männer es aber plötzlich eilig hatten, ihren Gefangenen dem Henker zu übergeben.
    Wie lange er auf diesen Tag gewartet hatte, wusste er nicht. Zu Beginn hatten Rusans Folterknechte noch versucht, ihm sein Wissen über die Truppen der Kjer, ihre Standorte und Stärke abzupressen. Doch als weder Eisen und Peitsche noch eine ihrer anderen Methoden Wirkung gezeigt hatten, ließen sie irgendwann von ihm ab. In der Dunkelheit seines kalten und nassen Gefängnisses hatte er jegliches Zeitgefühl verloren. Die Stille war nur von dem stetigen Tropfen von Wasser und dem Donnern der Wellen, die schäumend irgendwo über ihm an die Felsen gischteten, unterbrochen worden. Irgendwann hätte er selbst Ratten als Gesellschaft willkommen geheißen.
    Sechs Mann hatten ihn schließlich aus seinem Verlies und unzählige Stufen hinaufgezerrt, bis in eine Art Wachraum, um den sich in einem Rund mehrere winzige Zellen befanden. Ein kühler Luftzug wehte eine schmale Treppe hinab. Hier ertränkten sie ihn fast in einem Bottich heißen Wassers, als sie den gröbsten Dreck von ihm abwuschen. Offenbar war Rusan entschlossen, den Nivard bei seiner Hinrichtung einen gefährlichen Krieger zu präsentieren und keine verwahrloste Kreatur. Den Rest der Nacht verbrachte er in einer der winzigen Zellen auf dem harten Boden, wo er am Morgen mit Tritten geweckt wurde. Die Verblüffung einiger Soldaten ob seiner scheinbaren Kaltblütigkeit, die ihn sogar noch angesichts seiner bevorstehenden Hinrichtung ruhig schlafen ließ, entlockte ihm ein spöttisches Lächeln. Es war nicht nö, tig, sie merken zu lassen, dass er den Tod fürchtete wie jeder andere. Pure Erschöpfung hatte ihn übermannt, nachdem der wasserbedeckte Boden seines vorherigen Gefängnisses Schlaf beinah unmöglich gemacht hatte.
    Schon als Eliazanars Männer ihn bei den Ruinen von Galan überwältigt hatten, war ihm klar gewesen, dass ihn in Anschara der Tod erwartete und dass es für ihn keinen Grund zu hoffen gab. Er schnaubte bitter. Hoffnung war eine Täuschung für Narren und ebenso sinnlos wie Bedauern. - Und warum wollte dann der dumpfe Schmerz in seiner Brust nicht vergehen, weil das Schicksal ihm nicht mehr Zeit mit Lijanas gegönnt hatte?
    Erneut bekam er einen Stoß in den Rücken, stolperte, fiel dies, mal auf Hände und Knie, wurde von den Soldaten wieder auf die Beine gerissen und weitergezerrt. Um ihn her wogte die Menge. Fäuste wurden geschüttelt, manch einer versuchte sich durch die Reihe der Krieger zu drängen, wurde aber zurückgestoßen.
    Als er das Blutgerüst sah, stockte Mordans Schritt. Auf dem Steinquader, auf dem gewöhnlich die Hinrichtungen in Anschara stattfanden, ragte ein mindestens doppelt mannshoher Balken senkrecht in den Himmel. Unwillkürlich schreckte er

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