Der Kuss Des Kjer
Teich führten. Brachans Wallach hatte in der Sonne ein goldglänzendes Fell, während Corfars Tier von der dunklen Farbe frisch gepflügter Erde war. Dann brachte Ecren sein Kriegsross ins Wasser, gefolgt von Corfar mit Levans Stute. Als Mordan ihr mit Ired die Sicht nahm, hob sie den Kopf von den Knien.
»Wollt Ihr sie immer noch reiten?«
Wortlos stand Lijanas auf.
»Wie Ihr meint! « Er kniete nieder, öffnete die Fußeisen und hielt ihr die Zügel entgegen. »Wenn die Steigbügel für Euch zu lang sind, stellt Euch in die Schlaufen der Bügelriemen - oder soll ich sie Euch jetzt gleich kürzer schnallen?«
Tu nicht so fürsorglich. Du würdest dich doch freuen, wenn ich herunterfiele. Was geschieht eigentlich mit dir, falls ich mir den Hals breche? Bekommst du Ärger?
Sie lächelte ihn süß an. »Danke, aber ich komme ohne Eure Hilfe zurecht.«
»Wie Ihr meint, Heilerin! - Sie gehört ganz Euch! « Spöttisch verneigte er sich, dann ließ er sie mit Ired allein.
Einen Moment lang sah Lijanas die Stute an, die Unterlippe zwischen die Zähne gezogen, ehe sie es wagte, die Hand nach ihrem Hals auszustrecken und sie zu streicheln. Das Fell fühlte sich glatt und weich an, beinah wie fein gesponnene Fehan-Seide. Ired schüttelte schnaubend ihre lange, schwarz glänzende Mähne und stieß ihr die Nüstern gegen die Schultern. Die gelben Schlangenaugen schienen ihr zuzublinzeln. Lijanas tätschelte noch einmal den seidigen Hals und führte sie in die Mitte der Wiese. Dann holte sie tief Luft und griff entschlossen nach dem Sattelhorn, um aufzusitzen - zumindest versuchte sie es.
Mit gerunzelten Brauen trat Brachan neben Mordan, der an einem Baum nahe dem Eingang des Talkessels lehnte, und beobachtete mehrere Augenblicke lang, wie die Heilerin sich vergeblich ab, mühte, auf Ireds Rücken zu gelangen. »Kannst du mir erklären, was das soll?«
Der schwarzhaarige Krieger stemmte einen Fuß gegen den Stamm und sah weiter zu der Frau und seinem Pferd hin. »Sie wollte sie unbedingt reiten. - Sie ist ungewöhnlich friedfertig, findest du nicht auch?«
»Wer? Die Heilerin?«
»Nein, Ired. Bei mir hatte sie damals schon beinah ihre Zähne in meine Schulter geschlagen.«
Brachan ließ ein Grunzen hören. Das Damals lag inzwischen drei Winter zurück. Ired war ein Geschenk König Haffrens, das er Mordan ins Kriegslager geschickt hatte, als Anerkennung für seinen Sieg über die Edari-Piraten in den Sümpfen um die Mündung des Corn. Doch als er an jenem Tag zum ersten Mal versucht hatte, sie zu reiten, hatte das Tier sich wie toll gebärdet und sich sogar nach hinten geworfen, in dem Versuch, seinen Herrn zu töten. Mordan war aus der Auseinandersetzung mit einem gebrochenen Arm, einer ausgekugelten Schulter und unzähligen Prellungen und Schrammen hervorgegangen. Zu guter Letzt hatte er die Stute geritten - mit Sporen, Peitsche und Kandare. Seitdem verging kein Tag, an dem Ired nicht versuchte, ihm das Leben auf jede nur erdenkliche Art sauer zu machen.
»Seit wann interessiert dich, was die Heilerin will? Da steckt doch etwas anderes dahinter.«
Einen Augenblick zögerte der schwarzhaarige Krieger, dann: »Wir haben gewettet, die Heilerin und ich. «
»Gewettet? Worum?«
»Sie war der Meinung, alles tun zu können, was ein Mann tun kann - also auch Ired reiten. « Mordan verschränkte die Arme vor der Brust, während er mit sichtlicher Befriedigung verfolgte, wie die junge Frau versuchte, mit dem Fuß den Steigbügel zu erreichen, und dabei ungeschickt neben Ired herhüpfte, da die Stute immer wieder zur Seite auswich.
Verständnislos schüttelte Brachan den Kopf. »Dir ist bewusst, dass Haffren dich schinden lässt, wenn dieses Monster von einem Ashentai die Heilerin abwirft und sie sich dabei den Hals bricht?«
Mordan ließ ein belustigtes Schnauben hören. »Abwerfen? Bei allen Rachegeistern, Brachan, schau doch hin. Sie kommt ja noch nicht einmal in den Steigbügel, geschweige denn auf Ireds Rücken. Sie wird die Wette verlieren! « Kurz nur sah er den grauhaarigen Krieger an. »Ach ja, das hätte ich beinah vergessen: Sie will, dass du entscheidest, wie viel Zeit sie hat, um auf Ired hinaufzukommen, ehe dieses Gehopse als Versuch zählt. «
»Wie viele Versuche hat sie?«
»Vier! «
»Und um welchen Einsatz geht die Wette?«
»Wenn sie verliert, wird sie einen Tag jeden meiner Befehle befolgen - ohne Murren! « Mordan lehnte sich mit der Schulter bequemer an den Baumstamm. Am Rand des Teiches
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