Der Kuss des schwarzen Falters: Erotischer Roman (German Edition)
Kater ein, den sie versorgen sollte. Sicher war er es gewesen, der irgendetwas umgeworfen hatte.
Entschlossen trat sie in den dunklen Raum am Ende des Ganges, tastete nach dem Lichtschalter und fand sich in einer altertümlich eingerichteten Küche wieder. Es gab einen Gasherd, eine blank gescheuerte emaillierte Spüle, einen Schrank aus hellem Kiefernholz und mehrere Regale an den Wänden. In der Mitte stand ein alter Holztisch mit zahlreichen Kerben und vier dazu passenden Stühlen.
»Ruprecht?« Xenia sah sich suchend um, konnte aber nirgendwo einen Kater entdecken. Allerdings gab es eine zweite Tür, die offenbar hinaus in den Garten führte. In dieser Tür war eine Katzenklappe angebracht. Vielleicht war der Kater nach draußen geflohen, als er einen fremden Menschen im Haus gehört hatte.
Xenia drehte den Schlüssel um, der in der Tür zum Garten steckte, und trat über die Schwelle. Inzwischen war es vollkommen dunkel. Die eisige Luft kniff ihr wie mit zwei kräftigen Fingern in die Wangen, und im silbrigen Mondlicht funkelten an den kahlen Zweigen der Bäume und Büsche und auf dem Gras zahllose Eiskristalle.
»Ruprecht?«, rief Xenia in den Garten, der ihr riesig und unübersichtlich erschien.
Da seine Besitzerin mindestens seit gestern fort war, hatte das Tier sicher Hunger. Aber er fürchtete sich wahrscheinlich vor ihr und versteckte sich deshalb.
Xenia unterdrückte einen Seufzer und machte sich auf die Suche nach einem Kater, von dem sie nicht einmal wusste, wie er aussah. Unter ihren Füßen raschelte das gefrorene Gras, und sie wunderte sich erneut, wie gut ihr die Schuhe passten, die Amanda ihr gegeben hatte.
Mindestens ebenso erstaunlich war, dass sie von der Wunde am Fuß nichts mehr spürte. In ihr stieg eine verschwommene Erinnerung auf, wie Amanda eine Salbe auf ihre Fußsohle und ihren zerschrammten Rücken gestrichen hatte.
Xenia machte lockende Geräusche und starrte angestrengt in den Winterabend. Unter einem Baum huschte ein Schatten über das Gras, und sie ging rasch darauf zu. Ein Ast streifte ihren Nacken, und feine Eiskristalle rieselten in ihren Kragen. Schaudernd blieb sie stehen. Rings um sie war nichts als funkelnder Raureif. Auf diese Weise würde sie den Kater nie finden.
Sie wollte gerade ins Haus zurückgehen, als sie die hochgewachsene Gestalt neben dem Zaun bemerkte. Im ersten Moment erschrak sie, doch dann beruhigte sie der Gedanke, dass da drüben sicher der Nachbar zur Rechten den klaren Winterabend genoss. Jemand, der Böses im Schild führte, würde nicht im Garten stehen und sich den Mond ansehen.
»Guten Abend«, rief sie und ging auf den Schatten zu.
Die Gestalt antwortete nicht, wandte nicht einmal den Kopf, sondern stand immer noch bewegungslos da.
»Entschuldigung?« Sie umrundete einen Busch, der seine Äste wirr in die Nacht reckte. Wenn sie schon jemanden aus der Nachbarschaft traf, wollte sie ihn wenigstens fragen, ob er vielleicht den Kater gesehen hätte.
Der Mann am Zaun reagierte immer noch nicht. Ignorierte er sie absichtlich? Xenia winkte zaghaft in seine Richtung. Wieder keine Reaktion.
Als sie ihre Hand sinken ließ, berührte etwas zart ihre Finger, und als sie hinschaute, glitt etwas Dunkles neben ihr durch die Luft. Sie sah dem Schatten nach, der in kleinen Spiralen nach unten taumelte, sich wieder ein Stückchen nach oben schraubte und dann mit der silbrigen Dämmerung verschmolz. Ein Herbstblatt, mit dem der Wind spielte? Es hatte fast ausgesehen, als würde es aus eigener Kraft wieder vom Boden aufsteigen wie ein Schmetterling. Doch die Zeit für Schmetterlinge war noch lange nicht gekommen, und selbst im Sommer flogen sie nicht bei Nacht.
Als sie den Kopf hob und hinüber zum Zaun sah, war der Mann verschwunden. Von einer Sekunde auf die andere.
Xenia wandte sich um. Er konnte sich schließlich nicht in Luft aufgelöst haben. Dennoch war er nirgendwo in den vom Mondlicht erhellten Gärten zu beiden Seiten des Zauns zu entdecken. Sie hörte auch nichts, obwohl man sich auf dem Raureif nicht geräuschlos bewegen konnte. Die gefrorenen Halme raschelten bei jedem Schritt.
Hatte sich der Fremde hinter einem Baum versteckt? Bei dem Gedanken, dass er sie womöglich aus dem Dunkeln beobachtete, überlief sie ein Schauer, der eisiger war als die kalte Winterluft. Markus! Hatte er sie gefunden?
Aber es war nicht seine Art, im Verborgenen zu bleiben und wortlos zu verschwinden. Dennoch wandte Xenia sich hastig um und eilte zum Haus
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