Der Kuss des schwarzen Falters: Erotischer Roman (German Edition)
erzählte, es habe einmal der Verlobten ihres Sohnes gehört. Das Kleid war überraschend altmodisch, mit einem hochgeschlossenen, rüschenverzierten Oberteil und einem langen, schmalen Rock. Aber es passte wie angegossen. Ebenso wie die Schuhe und die Strickjacke, die Amanda ihr außerdem gab.
Frustriert hob Xenia den Arm und hieb mit der geballten Faust gegen das Holz hinter ihrem Rücken, was natürlich auch nicht half. Müde schloss sie die Augen. Plötzlich meinte sie, auf der anderen Seite der Haustür ein Geräusch zu hören. Bevor sie sich umdrehen konnte, sprang mit einem leisen Klicken die Tür auf und schwang knarrend nach innen. Xenia fiel rückwärts ins das Haus, wo sie sich auf dem Rücken liegend und gegen die Decke starrend in einer kleinen Diele wiederfand. Hier drinnen war es fast völlig dunkel.
Als sie von irgendwoher ein Durcheinander ferner Stimmen hörte, richtete sie sich auf und lauschte angestrengt. Nun war alles still. Sie musste sich getäuscht haben, denn Amanda hatte gesagt, das Haus sei leer. Außerdem war nirgendwo Licht zu sehen.
Wahrscheinlich hing das merkwürdige Klingen in ihren Ohren mit ihrer Benommenheit zusammen. Obwohl sie so lange geschlafen hatte, fühlte sie sich immer noch, als hätte jemand eine Glasglocke über sie gestülpt.
Sie versuchte, sich zu erinnern, ob Amanda ihr vor dem Schlafen vielleicht ein Beruhigungsmittel gegeben hatte. Die Stunden in Amandas Wohnung mit den knarrenden Dielen und den mit wuchtigen Holzmöbeln vollgestopften Zimmern waren wie hinter einem Nebel verborgen. Möglicherweise rührte ihr Zustand aber auch von dem Schock her, den sie zweifellos erlitten hatte, als sie gezwungen gewesen war, nackt aus einem Sex-Club zu fliehen.
Bei diesem Gedanken stieg ein Lachen in Xenias Kehle auf. Es schmeckte bitter und hallte viel zu laut von den Wänden des Hauses wider. Hastig rappelte sie sich vom Boden hoch und tastete an der Wand neben der immer noch offen stehenden Haustür nach dem Lichtschalter. Als sie ihn fand und eine altmodische Deckenleuchte die Diele in mattes gelbes Licht tauchte, atmete sie auf.
Plötzlich war ihr unbehagliches Gefühl verschwunden. Als sie sich umschaute, kam sie sich nicht mehr wie ein Eindringling vor, sondern als wäre sie nach einer Reise nach Hause zurückgekehrt. Allerdings wirkte das, was sie da sah, als sei hier während ihrer langen Abwesenheit die Zeit stehen geblieben.
Sie stand neben einer Garderobe mit verschnörkelten Messinghaken und schaute durch eine offene Tür in ein Zimmer mit Häkelgardinen, einem blank polierten Büfett aus Eichenholz, einem antiken Sekretär und einem mit altrosa Samt bezogenen, dick gepolsterten Sofa. Durchs Fenster fiel das letzte Licht des sich neigenden Tages. Für einen kurzen Moment bildete Xenia sich ein, neben dem Sofa den Schatten einer menschlichen Gestalt zu sehen. Schnell trat sie durch die Tür und knipste auch in diesem Zimmer das Licht an, um festzustellen, dass natürlich niemand da war.
Sie wandte sich wieder der Diele zu und betrachtete erstaunt die Sachen, die dort standen. Amanda schien tatsächlich ihr gesamtes Hab und Gut hierhergeschafft zu haben: den großen roten Koffer, mit dem sie bei Markus eingezogen war, ihre geräumige schwarze Handtasche, in der ihr Portemonnaie, ihr Ausweis und ihr Handy steckten, ihre Nähmaschine, die Schneiderpuppe und den großen Karton, der ihre Stoffmusterbücher, ein paar Rollen mit Litzen und Borten, ihre Skizzenblöcke und ihre sonstigen Arbeitsutensilien enthielt.
Wahrscheinlich hatte Maria, Markus’ Haushälterin, Amanda beim Packen geholfen, während Markus bereits in seiner Firma war. Jedenfalls konnte Xenia sich nicht vorstellen, dass Markus Amanda bei ihrem Vorhaben behilflich gewesen war.
Xenia rieb sich die Schläfen und fragte sich, ob sie vor dem Schlafengehen Amanda die Adresse von Markus’ Villa genannt hatte. Anders konnte es nicht sein, aber sie erinnerte sich nicht daran.
Als sie ein leises Klappern hörte, fuhr Xenia herum. Sie presste die Hand auf ihr Herz und starrte durch die offen stehende Tür in den dunklen Raum am Ende des Flurs. Von dort war das Geräusch gekommen.
»Hallo?«, stieß sie mit heiserer Stimme hervor. Vielleicht hatte Amanda sich geirrt, und die Hauseigentümerin war noch gar nicht abgereist. Aber warum machte die Frau kein Licht?
Auch als Xenia noch einmal zaghaft rief, bekam sie keine Antwort. Während sie sich ängstlich auf das dunkle Zimmer zubewegte, fiel ihr der
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