Der Kuss des Verfemten
beiseite.
»Na, na, war es denn so schlimm?«, fragte er und setzte sich zu ihr auf die Bettkante. Er streichelte über ihre Schulter. »Und das nächste Mal wirst du nicht gleich ohnmächtig, du verpasst ja das Schönste!«
Er gab ihr einen Klaps auf den Hintern und lachte, als sie sich wegdrehte. Er beugte sich zu ihr herunter. »Sag, dass dich noch nie ein Mann so befriedigt hat wie ich!«
Sie presste ihr Gesicht ins Kissen, doch er zog sie an der Schulter zurück. »Sag es!«
»Ja«, flüsterte sie.
»Sag es lauter, ich höre nichts!«
»Ja, das habt Ihr«, hauchte sie mit tränenerstickter Stimme. Zitternd presste sie ihre Hände zwischen die Knie. Er bemerkte einen Blutfleck auf ihrem Kleid.
»Das tut mir leid«, sagte er mit Bedauern in der Stimme. »Das ist nur beim ersten Mal. Beim nächsten Mal blutet es nicht mehr.«
Gunilla stöhnte gequält auf. »Was wollt Ihr von mir?«
Er beugte sich wieder zu ihr herunter. »Eine kleine Belohnung dafür, dass ich Euch solche Wonnen bereitet habe, edle Dame. Ihr sollt etwas für mich tun, das ich nicht selbst kann.«
Mühsam erhob sich Gunilla und blickte ihn voll Verachtung an. »Gibt es etwas, das Ihr nicht könnt?«
»O ja, und das werdet Ihr für mich übernehmen. Denn Ihr seid eine Frau, und es fällt nicht auf, wenn Ihr in die Gemächer der verstorbenen Herzogin geht und etwas für mich sucht. Eine kleine Truhe aus schwarzem Holz, eingelegt mit Muscheln und Bernstein.«
»Was? Ich soll stehlen?«
»Nicht stehlen, nur ausborgen. Die Truhe könnt Ihr später wieder zurückstellen.«
»Nein, das werde ich nicht tun. Ich bin Gast in der Burg des Herzogs.«
Er schnaufte verächtlich. »Was würde der Herzog wohl dazu sagen, wenn er und all seine Gäste erführen, auf welche Weise Ihr Euch hier mit mir vergnügt habt?«
Gunilla zitterte vor Wut. »Ihr seid ein Scheusal!«, schrie sie ihm ins Gesicht.
Er nickte bedächtig. »Ich weiß!«
*
»Lasst uns einen kleinen Bummel unternehmen und dem fahrenden Volk zuschauen, das draußen auf der Wiese vor der Burg seine Kunststücke vorführt!«, bettelte Mathilda. »Sie haben sogar einen Hund, der auf den Hinterbeinen tanzt!«
Isabella hob abwehrend die Hände. »Mich ängstigen die vielen Menschen. Es ist doch noch Zeit, das Fest wird zwei Wochen dauern, und die Gaukler bleiben so lange da. Und wir sind erst vorgestern angekommen. Hast du deine schmerzenden Füße schon vergessen?«
Mathilda verzog ihre sommersprossige Nase. »Nein, aber die Neugier plagt mich ganz gewaltig.«
»Dann geh allein, und nimm Rosamunde und Sieglinde mit! Margarete kann ja bei mir bleiben.« Margarete blickte sie enttäuscht an, als sich die anderen Mädchen auf den Weg machten, züchtig in ihre Schleier gehüllt.
»Wärst du auch gern mitgegangen?«, fragte Isabella, zu Margarete gewandt.
Margarete nickte. »Dann lauf ihnen nach!«, sagte Isabella. »Du sollst nicht um dein Vergnügen kommen.«
»Ich kann Euch doch nicht hier allein lassen«, gab Margarete zu bedenken.
»Warum nicht? Es sind die Frauengemächer. Niemand würde es wagen, hier einzudringen. Außerdem stehen ja Wachen draußen auf dem Gang. Und nun lauf hinterher, damit du sie noch einholst!«
»Ich danke Euch, Prinzessin«, erwiderte Margarete und entschwand durch die Tür.
Isabella ging zu dem schmalen Spitzbogenfenster und blickte hinaus. Von hier aus konnte sie das bunte Gewimmel auf der großen, sanft gewellten Wiese vor der Burg sehen und weiter unten den Marktflecken, dem der Herzog bereits in ihren Kindertagen das Marktrecht verliehen hatte. Wie gern war sie damals durch die Reihen der Stände gelaufen und hatte die Auslagen der Händler betrachtet: Stoffe, Spitzen, Geschirr, Körbe, Kräuter, Bernstein …
Plötzlich überkam sie das Gefühl, nicht allein zu sein, und sie drehte sich um. »Ach, Ihr seid es, Gunilla«, sagte sie erleichtert.
»Habe ich Euch erschreckt, Isabella?«, fragte Gunilla, und ihre Augen huschten unruhig umher.
»Nein, nein, ich war nur in Gedanken vertieft.«
»Wollt Ihr nicht auch den Gauklern und Musikanten auf der Wiese zuschauen?«
Isabella schüttelte den Kopf. »Morgen vielleicht. Heute möchte ich mich noch etwas ausruhen von den Strapazen der Reise. Sicher habt Ihr erfahren, dass uns recht übel mitgespielt wurde.« Gunilla nickte mitfühlend. Es war ihr gar nicht recht, dass Isabella die Gemächer nicht verlassen wollte.
»Kommt, setzt Euch zu mir auf die Bank«, forderte Isabella sie auf. Gunilla fand es
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