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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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und seine Stimme klang krächzend. »Es ist ein seltsamer Tag für mich. Denn zur Freude darüber, dass ich meine einzige Tochter zurückbekommen habe, gesellt sich die Wehmut, dass ich sie heute wieder verlieren werde. Tapfere und edle Recken warten da draußen, um im fairen Wettkampf um deine Hand anzuhalten. Haben sie dir in den letzten Tagen bereits mit Wort und Gesang gehuldigt, so werden sie heute ihre Lanzen erheben und um eine Prinzessin kämpfen. Was gibt es wohl Höheres für einen Ritter als diesen kostbaren Lohn.«
    Isabellas Augenbrauen zogen sich zusammen. Sie war also ein Preis, ein Trophäe, ein Pokal, der dem Sieger übergeben wurde! Doch gleich schob sie diesen Gedanken wieder beiseite. Sie dachte an Ritter Michael von Drachenfels. Was konnte es Schöneres geben, als ihm, als dem Sieger des Turniers, das Spitzentüchlein zuzuwerfen? Er würde vor ihr knien im Sand der Turnierbahn, den Blick seiner blauen Augen zu ihr erhoben, ein Lächeln auf den Lippen, die sie so verführerisch geküsst hatten! Ihre Wangen erglühten in der Vorfreude darauf, doch dann besann sie sich ihres Vaters, und ihr Blick wurde wieder ernst. »Mein Geschenk hast du bereits erhalten, das ich dir zu deinem Geburtstag ausgesucht habe. Dieser Zelter stammt aus einer edlen Zucht. Ekkehard, mein Stallmeister, hat ihn für dich ausgebildet. Ich hoffe, dass du zufrieden bist.«
    »O ja, mein Vater, das edle Pferd hat mich bereits wohlbehalten zu Eurer Burg gebracht. Es ließ sich ganz leicht führen und war sehr willig. Sein Gang ist weich und angenehm. Ich werde mich bei Ekkehard persönlich bedanken für seine Mühe.« Isabellas wusste, dass sie sich auf den Stallmeister, der so viel Erfahrung mit Pferden hatte, voll verlassen konnte. Er war es, der der kleinen Isabella das Reiten beigebracht und mit dem sie auf ihrem Pony die Wiesen und Felder der näheren Umgebung der Burg unsicher gemacht hatte. Es war eine fröhliche, unbeschwerte Zeit gewesen, an die sie gern zurückdachte.
    »Und jetzt möchte ich dir noch etwas übergeben, das einen wesentlich größeren Wert hat als dieses Pferd, wenn auch nicht in irdischem Gut.« Er reichte ihr einen eisernen, kunstvoll geschmiedeten Schlüssel auf einem mit Samt ausgeschlagenen Tablett. »In der letzten Kemenate dieser Gemächer stehen zwei große Schreine. Sie sind das Vermächtnis deiner armen, von mir über alles geliebten Mutter. Sie starb nicht lange nach deiner Geburt, und du wirst dich nicht an sie erinnern. Auf dem Totenbett habe ich ihr das Versprechen gegeben, diese beiden Schreine bis zu deinem sechzehnten Geburtstag zu bewahren. Dann sollen sie dir übergeben werden. Darin ist alles aufbewahrt, was einst deiner Mutter gehörte und das sie für wert befand, dir zu hinterlassen.« Der Herzog stockte und suchte nach Worten.
    Gerührt stand Isabella vor ihm und nahm andächtig den Schlüssel in Empfang. In einer heftigen Gefühlsaufwallung umarmte sie ihren Vater. »Ich danke dir, dass du ihr Vermächtnis bewahrt hast«, stammelte sie unter Tränen. »Ich werde es zu würdigen wissen! Und ich werde auch gewiss würdig sein, die Bürde ihrer Nachfolge zu tragen.« Sie sank auf die Knie und küsste die Hand des Herzogs. Verlegen strich er ihr über den Kopf. Dann zog er sich mit einem leisen Seufzer aus den Frauengemächern zurück. Isabella erhob sich und atmete tief durch. Sie hatte nicht erwartet, dass es sie so viel Kraft kosten würde. Nun war es also so weit! Sie würde mit all den Dingen vertraut gemacht werden, die zur Regierung eines Herzogtums notwendig waren. Denn dass ihr Vater froh war, diese Bürde bald loszuwerden, hatte sie nur zu gut gespürt, und dass seine Tage bald gezählt waren, wurde ihr nun auch mit aller Deutlichkeit klar. Was hatte sie von ihrem Vater gehabt außer der Erinnerung an einen bärenstarken, selbstsicheren Mann, der sein kleines Mädchen auf den Schoß nahm, ihm Märchen von bösen Drachen und großen Helden erzählte und es gutmütig an seinem Bart zupfen ließ?
    Sie straffte sich. Mit ihren schmalen Händen umklammerte sie den Schlüssel zum Erbe ihrer Mutter. Die Mutter war für sie nur ein Lichtwesen, ein Engel, der von den Wolken auf sie herabschaute. Sie hob den Blick. »Ich werde dein Erbe antreten, Mutter. Du wurdest geliebt, auch wenn Gott dich viel zu früh zu sich genommen hat. Ich hätte manchmal deine Nähe gebraucht, und ich glaube, ich brauche dich auch heute noch. Ich bin allein!«
    Langsam ging sie hinüber in die letzte

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