Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)
Und eine beunruhigend detailgetreue , dachte Wolfer. Während der drei Jahre ihrer Verbannung hatten er und seine Brüder nur wenige Pookrah-Angriffe abwehren müssen, aber es hatte einige gegeben. Er achtete darauf, ruckartige Bewegungen zu vermeiden, da er nicht wusste, wie stark die Instinkte ihrer momentanen Gestalt ausgeprägt waren, hob die Hände und vollführte eine schrumpfende Bewegung. »Kannst du dich kleiner machen? Wölfe sind nicht so groß wie Pferde.«
Der Pookrah leckte sich erneut die Lefzen und legte die Ohren an. Schwanz und Hinterläufe zitterten leicht. Alys schrumpfte ein wenig, aber nicht viel, nur um ungefähr eine Fingerlänge. Sie verrenkte den Hals, sah sich an und versuchte es erneut. Diesmal brachte sie nur eine Daumenlänge zustande. Ein frustriertes Jaulen drang aus ihrer Kehle – ein seltsamer Laut für eine Spezies, die Wolfer bislang nur nach dem Blut seiner Brüder hatte hecheln hören.
»Weiter«, ermutigte er sie. »Du musst viel stärker schrumpfen. Komm schon, mach dich kleiner.«
Sie versuchte es erneut … und noch einmal … und nahm dann wieder ihre menschliche Gestalt an, stützte die Hände auf die Knie und rang nach Atem. Nachdem sie den Kopf geschüttelt hatte, blickte sie zu ihm auf. »Ich bin es gewöhnt, einen Spiegel zu Hilfe zu nehmen. Ich verfüge über zu wenig Gefühl für meinen Körper, um so etwas ohne Hilfsmittel fertig zu bringen.«
Wolfer hob erstaunt die Brauen. »Merkwürdig. Den meisten Gestaltwandlern, die ich kenne, fällt der Verwandlungsprozess schwerer, wenn sie sich dabei ansehen. Sie benutzen einen Spiegel, um ihre Fortschritte zu überwachen, aber die visuelle Ablenkung während der eigentlichen Verwandlung bringt sie fast immer aus dem Konzept.«
»Mich nicht, aber wir haben keinen Spiegel hier. Vielleicht sollten wir zur Burg zurückgehen.« Alys verschränkte die Arme vor den Brüsten. Es machte sie nervös, nackt vor ihm zu stehen – nicht, weil sie nackt war, sondern weil sie ihm in diesem Zustand auch noch ihre magischen Fähigkeiten demonstrierte.
Wolfer schüttelte den Kopf und hob eine Hand in Richtung des Baches. » Nucsolk! «
Eine Blase von der Größe seiner Brust stieg von dem plätschernden Wasser auf. Von seinem Willen beherrscht wurde sie flach und verlängerte sich zu einem schimmernden Oval, das neben Alys in der Luft schwebte. Ein weiteres gemurmeltes Wort, und die Wasserblase verhärtete sich. Die Oberfläche war leicht getrübt, nicht so klar wie die eines guten Glasspiegels, gab ihr Bild aber deutlich genug wieder.
Alys errötete beim Anblick ihrer von halbtropischem Blattwerk umrahmten Spiegelbilder. »Wir sehen aus wie die Tempelfiguren von Kata und Jinga als Liebespaar zu Beginn der Zeit …«
Wolfer trat hinter sie, schlang die Arme um sie, presste die Lippen auf ihren Scheitel und lächelte. »Dann bedien dich …«
»Wolfer!« Sie versuchte, ihm einen Rippenstoß zu versetzen, doch er hielt sie fest, bis sie aufhörte, sich in seinem Griff zu winden. Nach einem weiteren Kuss auf ihre Locken gab er sie frei und trat zurück, um ihr Platz für eine neuerliche Verwandlung zu machen.
»Noch einmal. Pookrah – und zwar klein.«
Ein Zittern lief durch ihren Körper, und dann stand der pferdegroße Kampfhund an ihrer Stelle. Sie betrachtete ihr Spiegelbild, kniff die Augen zusammen … und schrumpfte. Langsam, aber sie schrumpfte. Mit konzentriert gespitzten Ohren und zuckendem Schwanz reduzierte der geschmeidige kurzhaarige Pookrah seine Größe innerhalb einer Minute auf die eines Hundes.
»Gut. Sehr gut!«, lobte Wolfer. »Jetzt halte diese Größe. Spür sie in deinen Knochen und deiner Haut, und halte sie. Gut!«, wiederholte er, während sie dastand und sich betrachtete. »Jetzt nimm wieder Menschengestalt an und verwandle dich in einen Pookrah von genau dieser Größe.«
Ein Atemzug, und Alys stand in ihrer natürlichen Gestalt vor ihm. Nach einem weiteren verwandelte sie sich ohne Zwischenpause in einen hundsgroßen Pookrah. Wolfer konnte gerade noch einen Freudenschrei unterdrücken – sie war immer noch ein Kampfhund, wenn auch ein kleiner, und er verfügte über keinerlei Mittel, um sich zu verteidigen. Seine magischen Fähigkeiten würden ihm nichts nützen; sie war in der Lage, ihre Zähne blitzschnell in bestimmte Teile seiner Anatomie zu schlagen, bevor er einen Schutzzauber anwenden konnte, wenn er sie erschreckte.
»Sehr gut«, murmelte er stattdessen leise. »Jetzt nimm wieder
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