Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition)
bloß dabei gedacht, als sie sich auf den Felsbrocken geworfen hatte? Er hatte die Gefahr erkannt und sich gerade in Sicherheit bringen wollen, als sie dorthin gesprungen war. Genauso gut hätte sie versuchen können, einen angreifenden Bullen aufzuhalten, indem sie ihm auf den Rücken hüpfte. Und wenn sie jetzt nicht mehr fliegen konnte … Gütige Göttin, es musste einfach alles in Ordnung sein!
Wach auf. Wach auf .
Sie reagierte jedoch nicht. Doch er sah, wie sich ihre Drachenbrust hob und senkte.
Er fluchte und stupste sie erneut an. Sanft wischte er ihr mit dem Flügel den Schnee vom Gesicht. Sie ächzte und schlug die Augen auf. Der Göttin sei Dank!
Doch dann schloss sie die Augen wieder und regte sich nicht mehr. Panik und Angst zuckten in ihm auf. Er hatte schon so viele Freunde verloren. Nun durfte er nicht auch noch Vi verlieren.
Bist du verletzt?
Sie gab keine Antwort. War sie bei Bewusstsein? Er bemerkte keine verdrehten Gliedmaßen und auch kein Blut, doch vielleicht hatte sie innere Verletzungen.
Verdammt. Sie musste doch zusammen mit ihm von hier wegfliegen. Die Draco konnte in diesem Sturm nicht landen. Und er musste mit dem Stab unbedingt dorthin zurückkehren.
Aber es kam einfach nicht infrage, dass er sie allein hier zurückließ. Bei dem bloßen Gedanken daran schmerzte sein Doppelherz bereits vor Trauer und Verzweiflung. Er wollte sie nicht verlieren.
Verdammt, antworte mir. Muss ich dich von hier wegfliegen?
Sie stöhnte. Ihre Lider flatterten.
Komm schon, Vi. Wach auf .
Sie zitterte. Dann endlich öffnete sie die Augen, und diesmal blieben sie offen. Sie hob den Kopf. Blinzelte.
Ich bin hier. Bist du verletzt? , fragte er noch einmal.
Sie schüttelte den Kopf und Schnee rieselte auf ihn, dann kämpfte sie sich mühsam auf die Beine. Mir ist nur die Luft ausgegangen .
Er wollte sie mental anbrüllen, weil sie ihm gefolgt war. Weil es doch verrückt gewesen war, ihr Leben dadurch aufs Spiel zu setzen, dass sie versucht hatte, diesen Felsbrocken aufzuhalten. Sie hätte sterben können, und dann hätte er ganz allein weitermachen müssen.
Er zitterte, als ihn die letzten Schockwellen durchfuhren. Aber er sandte ihr keine dieser Wutgedanken. Er war einfach zu erleichtert, sie auf die Beine kommen zu sehen.
Wie lange war ich bewusstlos? , fragte sie.
Ein paar Minuten . Sie waren ihm jedoch wie Stunden erschienen. Er verlagerte seine Position und schirmte sie vor den schlimmsten Auswirkungen des Windes ab. Jordan warf einen Blick in den Himmel und versuchte die herannahende Wand des Sturmauges zu erkennen. Doch die alles bedeckende Weiße verbarg eine herannahende Gefahr.
Probeweise flatterte sie mit den Flügeln. Wir müssen zurück zum Schiff … fliegen.
Bist du denn dazu in der Lage?
Sie erhob sich in die Luft. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn sie schneller geflogen wäre und beide Flügel gleichermaßen benutzt hätte. Doch ihnen blieb keine andere Wahl.
Der Wind blies nun noch stärker und zeigte an, dass die Wand des Auges näher rückte. Sie hatten zu lange herumgetrödelt. Die tödliche Wand ähnelte einem Wirbelsturm, der sich auch noch wie wahnsinnig drehte. In menschlicher Gestalt hätte ihm Jordan nicht widerstehen können. Nicht einmal als Drache konnte er durch diesen beißenden und blendenden Schnee fliegen.
Vivianne machte zwar nicht den Vorschlag umzukehren, aber weiterzumachen musste … tödlich sein.
Sie würden unterliegen. Und hier festsitzen.
Doch dann erhellten Blitze den gesamten Himmel. Viviannes dunkle Drachensilhouette wurde von verwirrendem Weiß eingerahmt.
Was ist los? , fragte sie.
Es dauerte einen Moment, bis er es begriff. Das Licht war ein natürliches Phänomen.
Es strahlte von dem Ehrwürdigen Stab ab und leuchtete geradewegs durch die Scheide.
Der Windschlüssel hält den Sturm im Zaum .
Vivianne stellte seine Worte nicht infrage. Sie erwischte einen Aufwind und stieg in langen Spiralen zur Draco hinauf. Er folgte ihr und beobachtete sie aufmerksam. Beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten würde er verlangen, dass sie wieder Menschengestalt annahm. Dann konnte er sie auffangen und auf seinem Rücken tragen.
Doch sie flog weiter.
Obwohl der Wind nun nachgelassen hatte, überzogen sich seine Flügel mit Eis. Schnee klebte an ihnen und drohte seinen Körper nach unten zu drücken. Auch Vivianne musste Schwierigkeiten haben. Wir sollten uns … enteisen .
Wie?
Er wurde langsamer, um sich ein wenig von ihr zu
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