Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition)
derselbe Mann war wie zu dem Zeitpunkt, als er jenen Tunnel betreten hatte. Dennoch hatte sie mit ihm geschlafen. Aber er hatte ihre Gedanken gelesen. Bis sie genau wusste, was er war, konnte sie sich zwar mit ihm vereinigen, aber ihre Zweifel blieben.
Auf der einen Seite wollte er, dass sie ihn liebte, aber auf der anderen würde ihr das nur Kummer bereiten.
»Ich passe mich an sie an«, sagte er. »Und wie geht es dir?«
»Ich werde schon damit klarkommen.«
Mit einem Seufzer der Verzweiflung begriff er, dass von allen Menschen nur Vivianne sein wahres Selbst akzeptieren konnte. Sie war so offen und anpassungsfähig – eine wirklich außergewöhnliche Frau. Aber auch wenn er sie so verführerisch fand, musste er doch die Stärke aufbringen, keine tieferen Bindungen zu ihr zu knüpfen. Denn so etwas würde ohne jeden Zweifel geradewegs in die Katastrophe führen.
Vi streichelte über seine Brust. Sie hob den Kopf und wollte seinen Hals küssen.
Das Verlangen nach ihr sprang in ihm auf. Seine Fähigkeiten mochten sich gewandelt haben, aber sein Schicksal war das gleiche geblieben. Sobald er den Heiligen Gral und den Ehrwürdigen Stab miteinander vereinigt hatte, würde sein eigenes Leben beendet sein. Je mehr Abstand er zu Vivianne aufbauen konnte, desto weniger würde sie später einmal den Verlust spüren.
Mit einem Ächzen rollte er zur Seite.
Sie zerrte ihn zurück. »Warum so eilig? Begehrst du mich denn schon nicht mehr?«
Er knurrte tausend Jahre aufgestauter Frustration heraus. »Tu das nicht. Tu uns das nicht an.«
Obwohl er sich so sehr danach sehnte, ihre Verbindung zu vertiefen und zu erweitern und nach der Art von Dominus in Körper und Geist mit ihr zu verschmelzen, durfte er sich einen solchen Genuss doch nicht erlauben.
Schmerz erfüllte ihre Augen. »Du hast mir gesagt, dass es kein wir gibt.«
»Das tut mir leid. Ich habe mich jetzt auch nicht anders entschieden.« Er ballte die Finger erst und lockerte sie dann wieder. »Ich wünschte, ich hätte die Wahl, dich in meine Zukunft einzubeziehen.«
Seine Worte mochten ihn soeben die Möglichkeit gekostet haben, sich in der Art seines Volkes mit einer Frau zu verbinden. Aber das war immerhin besser, als Vi Leid zuzufügen. Denn wenn das Band einmal geknüpft war, würde ihr Leben niemals wieder so sein wie früher.
Viviannes Gesicht wurde bleich, doch dann ergriff sie seine Hand und küsste sie. »Niemand kennt die Zukunft. Wir müssen uns mit der Gegenwart begnügen.«
Beim Herannahen von Pferdegetrappel rollte Jordan sie beide von ihren Kleidern herunter. »Da kommt jemand. Zieh dich an.«
Er sprang in seine Hose und half Vi in ihre eigenen Kleider.
»Wer ist da?« Ihre Lider waren vom mangelnden Schlaf ganz schwer geworden, ihre Lippen rau vom Küssen. Sie steckte sich das Hemd in die Hose, wischte den Schmutz ab und stopfte ihren Schlüpfer in die Hosentasche.
Er spähte durch das hohe Gras. »Es ist Arthur.«
Gerade wollte er aufstehen, als sie seinen Gürtel packte und ihn neben sich auf den Boden zog. »Arthur hätte dich beinahe getötet. Wir sollten ihn nicht wissen lassen, dass wir hier sind.«
»Das weiß er schon.« Jordan fragte sich, aus welchem Grund ihm das bekannt sein mochte. Es war beinahe so, als hätte er einen neuen Sinn erfasst und wäre in der Lage, die Dinge in seinem Kopf auf eine Art zusammenzubringen, die er sich noch nicht erklären konnte. »Aber danke dafür, dass du dich um mich sorgst.«
»Jemand muss es ja tun«, murmelte sie und stand auf. »Du ziehst den Ärger ebenso an wie ein Magnet den Staub.«
Arthur steckte in voller Rüstung. Er zügelte sein Pferd und stieg ab. »Hat mich deine Dame etwa als Ärger bezeichnet?«
Jordan grinste. »Sie hat sich nur über mein Hemd beschwert.« Er strich es sauber, und der Lehm spritzte überall hin.
Vivianne stemmte die Fäuste in die Hüften, hob das Kinn und sah Arthur finster an. »Euer kleiner Plan hat ihn umgebracht.«
»Umgebracht?« Arthur blinzelte; seine Verwirrung war echt. »Ist sie jetzt … verrückt geworden?«
Jordan schüttelte den Kopf und erfreute sich einen Moment lang an ihrem wunderbaren Aussehen. Ihre Augen loderten vor Wut, das Haar wellte sich aufregend über ihren Schultern: Sie verteidigte ihn.
»Ich bin vollkommen verrückt.« Vivianne schritt auf Arthurs Pferd zu. »Ihr könnt von Glück sagen, dass ich kein …«
»Vi«, unterbrach Jordan sie. »Arthur hat den Schlüssel für mich gefunden. Er hat ihn jahrhundertelang
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