Der Kuss Im Kristall
entscheiden.“
Mrs. Forbush lachte, ein warmes, angenehmes und ganz unbesorgtes Lachen, als wüsste sie bereits, wie er sich entscheiden würde.
„Da steht McHugh bei Ihrer Tante“, sagte Sir Martin. „Und er sieht sehr abweisend und streng aus.“
Alethea lächelte. „Streng und abweisend auszusehen ist ganz normal für Lord Glenross“, bemerkte sie.
„Glauben Sie, er wirbt um sie? Sie ist ganz reizend, nicht wahr?“ Er musterte Alethea forschend, als wollte er abschätzen, was sie auf seine Bemerkung wohl erwidern würde.
Erstaunt über diesen Gedanken, betrachtete Alethea Glenross und ihre Tante. Sie hatte immer geglaubt, dass sie einander freundschaftlich zugeneigt wären, aber keine romantischen Absichten verfolgten. Aber ja, Grace Forbush war reizend. Das bestätigte die Anzahl jener Männer, die ihr Blumen schickten, sie besuchten und um Einladungen zu ihren Freitagsalons stritten. Aber McHugh? Sie konnte sich die beiden nicht als Paar vorstellen – Grace mit ihrer kühlen Eleganz und McHugh mit seiner ungeschliffenen Männlichkeit. Das passte nicht zusammen.
Sie wiederholte Sir Martins Worte. „Umwerben? Glauben Sie, Glenross weiß, wie man das macht?“
„Vielleicht nicht“, stimmte Sir Martin zu. „Maeve wurde ihm geschenkt, wie ein Päckchen mit einer Schleife. Die Familien verlobten die beiden miteinander, als sie noch in der Wiege lagen. Er musste sie weder umwerben noch für sich gewinnen. Sie gehörte ihm schon immer.“
Sie gehörte ihm . Alethea seufzte und versuchte, sich auszumalen, wie das sein mochte: ihm gehören. Sie hatten einander also seit der Kinderzeit geliebt? Was war das für eine Frau, die über den Tod hinaus von einem Mann wie McHugh noch immer geliebt wurde? Ein Anflug von Eifersucht durchfuhr sie. „Kannten Sie sie? Glenross’ Ehefrau?“
„Ja. Wir sind zusammen aufgewachsen, eine unbändige Dreierbande, wenn es je eine gegeben hat. Haben eine Katastrophe nach der nächsten angerichtet, bis wir älter waren.“
Das Bild von drei barfüßigen Kindern, die die schottische Landschaft unsicher machten, erschien Alethea bezaubernd. „Wirklich?“
„Ja. McHugh war unser Anführer. Er kannte jedes Versteck und jede Geheimtür im ganzen Land, und er konnte jedes Schloss aufbrechen.“
Über die Entfernung hinweg begegnete Alethea McHughs Blick. Ein herausforderndes Lächeln umspielte seine Lippen, und Erregung erfüllte sie. „Er war ein Schlingel?“
„Ein Racker.“ Sir Martin schmunzelte.
Sie lachte. Sie hatte geahnt, dass McHugh sich nicht von Regeln daran hindern lassen würde, ein Ziel zu erreichen.
Sir Martin verlangsamte seinen Schritt und beugte sich zu ihrem Ohr. „Wenn es also nicht Ihre Tante ist, Miss Lovejoy, was glauben Sie, auf wen McHugh ein Auge geworfen hat? Ihre Schwester?“
Alethea zuckte die Achseln. „Früher am Abend habe ich ihm einen Walzer versprochen. Vielleicht wartet er auf die Einlösung dieses Versprechens.“
„Es wäre besser, er wäre an Ihrer Tante interessiert. Da sie verwitwet ist, kann sie eine diskrete Verbindung eingehen. Sehen Sie, ich weiß genau, dass er nicht beabsichtigt, noch einmal zu heiraten. Maeve hat ihn für alle anderen verdorben.“
Das überraschte Alethea nicht. So etwas hatte sie erwartet. „Ich werde meine Schwester warnen“, murmelte sie.
„Und Sie, Miss Lovejoy?“
„Ich?“
„Haben Sie in dieser Richtung Hoffnungen gehegt?“
Seine Worte erschreckten Alethea. Zum einen, weil Sir Martin es überhaupt wagte, etwas derart Persönliches von ihr wissen zu wollen, zum anderen, weil sie nie darüber nachgedacht hatte. Oh, in Gedanken war sie häufig bei McHugh gewesen. Sie hatte sich gefragt, wie es wohl sein mochte, ihn zu küssen, und ob seine Hände, mit denen er ihr so sanft die Kapuze aufgesetzt und eine Träne abgewischt hatte, auch zu einer zärtlichen Umarmung fähig wären. Sie fühlte, wie sie errötete.
Aber zu hoffen, dass er um ihre Hand anhielt? Absurd. Abgesehen von dem Umstand, dass er noch immer seine verstorbene Frau liebte, war er zu – heftig. Er war von einer undurchdringlichen Dunkelheit umgeben, und er schien das zu genießen.
„Miss Lovejoy?“, wiederholte Sir Martin.
Energisch schüttelte Alethea den Kopf. „Hoffnungen, Sir Martin? Nein. So dumm bin ich nicht.“
Rob fragte sich, was zum Teufel Seymour gesagt hatte, um Miss Lovejoy so zum Erröten zu bringen. Er musste sehr um Selbstbeherrschung ringen, während er darauf wartete, dass sein Freund sie zu
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