Der lächelnde Mörder - Gyllander, V: Der lächelnde Mörder - Somliga linor brister
etwas Olivenöl, Körnchen groben Salzes und getrocknetem Thymian mariniert worden war, ließen ihn beinahe schwindeln.
Nachdem sie gegessen und noch einige Male unten am Wasser Flaschen geholt hatten, hielt Holtz den richtigen Zeitpunkt für gekommen, das Thema anzuschneiden, dessentwegen er gekommen war.
»Du erinnerst dich doch, worüber wir letztes Mal gesprochen haben?«
»Ich glaube, über Scharfschützen«, erwiderte Såtenäs, als hätte er die Frage erwartet.
»Man könnte sich doch vorstellen, dass unser Mörder, falls es sich dabei wirklich nur um eine Person handelt, Angehöriger der Armee ist«, sagte Holtz.
»Warum?«, fragte Såtenäs. Seine Augen wurden schmaler.
»Ein einziger tödlicher Schuss aus sehr großer Entfernung. Dann verschwindet er spurlos nach zwei Morden. Das deutet darauf hin, dass er weiß, was er tut, und dass er sich auskennt.«
Såtenäs überlegte eine Weile und wand sich dabei.
»Es ist durchaus vorstellbar, dass es sich um einen Angehörigen des Militärs handelt. Aber ist dir bewusst, wie viele Soldaten mit einer Spezialausbildung es hier im Land gibt? Hinzu kommen dann noch alle, die nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens hierhergekommen sind und aus anderen Teilen der Welt, nicht zuletzt aus der ehemaligen Sowjetunion. Kompetente Mörder sind keine Mangelware.«
Holtz fühlte seine Zuversicht schwinden. Daran hatte er nicht gedacht. Ein Europa voller Mörder.
»Das schon, aber darunter kann es doch eigentlich nicht so viele geben, die der Ansicht sind, dass ausgerechnet Graffitimaler der Abschaum dieser Welt sind und ausgerottet werden müssen.«
»Könnte das nicht ein Zufall sein? Ein seltsamer Zufall?«, fragte Såtenäs und trank einen großen Schluck aus der Bierflasche, die er zwischen seinen Handflächen hatte rotieren lassen.
»Schon. Es könnte sich auch um mehrere Mörder handeln, die nicht das Geringste miteinander zu tun haben. Wir dürfen uns nicht festlegen, aber an irgendeinem Ende müssen wir schließlich anfangen«, sagte er.
»Und wie läuft die Ermittlung?«
»Die Ermittler tun, was sie können, aber die Spur wird immer kälter, und bislang haben wir nichts in der Hand. Nichts Richtiges zumindest.«
Die eventuelle DNA-Spur, die die englischen Experten haben konnten, erwähnte er nicht.
Sie schwiegen eine Weile und starrten in die schwächer werdende Glut.
»Eigentlich wollte ich dich um etwas ganz Bestimmtes bitten«, sagte Holtz nervös.
Bo Såtenäs sah ihn misstrauisch an.
»Kannst du uns helfen herauszufinden, ob es Angehörige des Militärs gibt, die ausgeflippt sind, aber noch in der Organisation tätig sind? Verrückte, ganz einfach. Leute, die bald gänzlich durchdrehen.«
Bo Såtenäs schien verschiedene Alternativen gegeneinander abzuwägen. Dann sagte er:
»Das ist nicht leicht. Alle mir bekannten Soldaten im Sonderkommando stehen kurz vor dem Durchdrehen, sonst würden sie auch nicht funktionieren. Meist handelt es sich um gelassene, ausgeglichene Personen, die von einem Moment zum nächsten zum Töten bereit sind. Wie normal klingt das deiner Meinung nach?«
»Du hast Recht. Aber könntest du nicht ein wenig nachdenken und dich umhören?«
»Natürlich. Willst du noch ein Bier?« Såtenäs erhob sich rasch von dem Baumstamm und ging, ohne eine Antwort abzuwarten.
Holtz fühlte sich irgendwie schuldig. Seinen alten Freund schien der Gedanke, der Mörder könne aus seinen eigenen Reihen stammen, gekränkt zu haben.
»Okay«, sagte Såtenäs, als er zurückkehrte, »ich schaue mal, was sich machen lässt. Die Disziplinarkommission müsste wissen, wer gefeuert worden ist oder wem man das Ausscheiden nahegelegt hat. Aber die Kommission hat natürlich alle Hände voll zu tun, die Männer wegen irgendwelcher sexueller Belästigungen von Kameradinnen zur Ordnung zu rufen, in ihren Sitzungen geht es immer hoch her.«
Holtz konnte nicht beurteilen, ob Såtenäs es guthieß, dass das Militär nun endlich mit den Vorurteilen gegen Frauen aufräumte, die so schwer zu beseitigen waren. Gefestigte schwedische Männer, die, wenn sie ein paar Gläser getrunken hatten und ein Offiziersanwärterball bevorstand, vollkommen aus den Fugen gerieten. Oder verheiratete, rechtschaffene Männer, die die Fassung verloren, wenn sie im Auslandseinsatz Recht und Ordnung aufrechterhalten sollten, und sich dann selbst nicht mehr an die Gesetze hielten oder angesichts moralischer Grauzonen vollkommen die Orientierung verloren.
Die Nacht im Windschutz
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