Der lächelnde Mörder - Gyllander, V: Der lächelnde Mörder - Somliga linor brister
konzentrieren. Das gelang ihm nicht sonderlich gut. Er fühlte sich wie jenes eine Mal, als er mit seinen Kollegen an einer Jagd teilgenommen hatte. Ewiges Warten und eine unerträgliche Spannung. Das hatte ihm nicht gefallen. Die Anspannung war so groß gewesen, dass er anschließend mehrere Nächte nicht hatte schlafen können. Außerdem war der Elch qualvoll verendet, da ihn einer der Topleute vom Dezernat für Wirtschaftsstrafsachen im Hinterlauf erwischt hatte. Etliche Stunden später hatten die Waidmänner ihn mit nachschleifendem Bein gefunden. Auf Holtz hatte er einen vollkommen ver ängstigten Eindruck gemacht.
Der Zeiger rückte gnadenlos weiter. Wenn der Anruf um sechs Uhr immer noch nicht gekommen war, dann würde er sich auf ein langes, enervierendes Warten gefasst machen müssen.
»Ruf schon an.«
Ulf Holtz, der sonst die Ruhe in Person war, versuchte mit reiner Willenskraft, das Telefon zum Klingeln zu bringen.
Um fünf Uhr begann im Labor in England das Wochenende. Er hatte das vage Versprechen erhalten, dass die Ergebnisse, auf die er warte, bald zur Verfügung stünden. Das Labor war zwar rund um die Uhr und an allen Tagen der Woche in Betrieb, aber nur ganz wichtige Fälle wurden am Wochenende bearbeitet. Mehrere Hundert Laboranten, Toxikologen, DNA-Analytiker und andere forensische Experten legten wie die meisten Menschen am Samstag und Sonntag eine wohlverdiente Ruhepause ein.
Ein paar Morde in Schweden würden die britischen Profis nicht dazu veranlassen, Überstunden zu machen, das wussten Ulf Holtz und Pia Levin.
»Wie spät ist es dort eigentlich?«, fragte Levin zum vierten Mal innerhalb einer halben Stunde.
»Sie liegen eine Stunde zurück«, antwortete Holtz.
»Vor oder zurück? Zeiger vor oder zurück? Es ist immer schwierig zu wissen, in welche Richtung man den Zeiger drehen soll. Mir scheint das für diese Logik zuständige Gen zu fehlen«, meinte Levin.
»Das ist nicht das einzige Gen, das dir fehlt.«
»Wie meinst du das?«
Sie betrachtete ihn forschend, als wollte sie herausfinden, ob er scherzte.
»Findest du, dass mir mehrere Gene fehlen? Welche denn, wenn ich fragen darf?«
»Das Demutsgen und das Vorsichtsgen«, sagte Holtz lächelnd.
Levin ging nicht darauf ein.
»Aber dreht man jetzt bei Sommerzeit den Zeiger vor oder zurück? Ich kann es mir nie merken«, fragte Levin.
» Spring forward, fall back. «
»Bitte?«
» Spring forward, fall back« , wiederholte Holtz.
»Falls hier jemand seine Gene überprüfen sollte, dann bist du das. Was soll das jetzt schon wieder heißen?«
»Das habe ich in England gelernt. Ist allerdings schon länger her. Seither weiß ich immer, in welche Richtung ich den Zeiger drehen muss. Im Frühling, spring , wird der Zeiger nach vorne gedreht, im Herbst, fall , zurück. Springe voraus, falle zurück. Verstehst du?«
»Im Ernst? Und wo ist da bitte die Logik? Man kann doch wohl auch rückwärts springen und vornüber fallen? Spring hat doch wohl nichts mit springen zu tun, wenn man es übersetzt. Außerdem kann das in England überhaupt nicht funktionieren, dort heißt es nicht fall , sondern autumn «, wandte sie verärgert ein.
»Bei mir klappt es jedenfalls. Ich habe eigentlich nie weiter darüber nachgedacht.«
Holtz starrte zum Fenster hinaus in den Regen.
»Wie hat Nahid abgeschnitten? Hast du eine Prüfung veranstaltet?«
»Sie ist nicht erschienen«, sagte Levin.
»Nicht?«
»Nein. Ist das nicht komisch? Ich hatte eigentlich eine Abschiedstorte kaufen wollen, aber ich weiß nicht, wo sie ist, und auf ihrem Handy erreiche ich sie auch nicht.«
Holtz hatte ihr nicht erzählt, dass ihn Nahid am Vorabend aufgesucht hatte. Er wusste nicht warum, aber er wollte das für sich behalten.
»Merkwürdig«, sagte er nur.
Levin rutschte verärgert auf dem Stuhl hin und her.
»Aber wie spät ist es denn jetzt in England?«, fragte sie.
Genau da klingelte das Telefon.
Sie starrten sich an.
»Geh schon dran!« Es hielt Levin nicht mehr auf ihrem Stuhl, sie sprang auf und warf Holtz einen auffordernden Blick zu.
Holtz griff zum Hörer. Er spürte, wie sich seine Nackenmuskeln entspannten. Er meldete sich in neutralem Tonfall.
Das Gespräch dauerte einige Minuten.
»Wir haben vielleicht ein Profil. Aber sie wollen sich noch beim GFFC rückversichern, bevor sie uns einen endgültigen Bescheid erteilen«, sagte er, nachdem er aufgelegt hatte.
»Immerhin etwas, oder?«, meinte sie aufgeregt.
»Mal sehen, was das GFFC darüber
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