Der Lächler
machen. Wir einigten uns trotzdem auf den folgenden Abend, und Jane hatte sich wirklich Mühe gegeben, nicht nur mit der Tischdekoration. Es brannten zwei Kerzen, die Decke war zum Geschirr abgestimmt, das Silber der Bestecke blinkte wie neu, die Servietten waren blütenweiß, und es drang auch leise Musik aus den Lautsprechern, die uns einlullte, denn die klassischen Melodien wurden von einem kleinen Orchester etwas verfremdet gespielt und klangen eigentlich zu süßlich, was jedoch keinen von uns störte.
Ich hatte nicht damit gerechnet, daß Jane dieses Essen tatsächlich so ernst und feierlich nahm. Ich war nicht dementsprechend gekleidet und trug nicht mal eine Krawatte. Jane hatte mich darauf nicht angesprochen, sondern mich nur angeschaut. Ich wußte ja, welchen Vorwurf sie verschluckte, und ich kam mit einer lahmen Ausrede.
»Das hättest du mir ja auch sagen können.«
»Weiß man denn so etwas nicht?«
Ich hob die Schultern.
»Typisch Sinclair. Aber deine Beretta hast du nicht vergessen?«
»Richtig.« Ich grinste lahm. »Du kennst mich ja lange genug und weißt deshalb, daß ich nicht gerade ein so vornehmer Typ bin. Ich habe das angezogen, in dem ich mich wohl fühle.«
»Ja, man sieht’s.«
Wie dem auch sei, das Essen jedenfalls war top. Es gab eine Cremesuppe als Vorspeise, von der ich noch Nachschlag nahm.
Anschließend Piccata Milanese, vorzüglich panierte und gebratene Kalbsschnitzel mit Nudeln und einer frischen, mit Gewürzen veredelten Tomatensauce, einen Salat dazu, und als Nachtisch hatte sich Jane für etwas Herbstliches entschieden, nämlich Pflaumen in Rotweinsoße und Zimtreis dazu.
Das Dessert schaffte ich nur mit Mühe und überlegte dabei, ob ich nicht den obersten Hosenknopf öffnen sollte. Ich wollte nicht noch einen Faux pas begehen, denn Jane hatte sich für diesen trauten Abend richtig fein gemacht.
Sie trug ein dunkelblaues Kleid mit tiefem V-Ausschnitt, die Haare waren frisch frisiert und mit zwei kleinen Perlenketten verschlungen worden.
Die eine Kette hing auch urn ihren Hals, und zwei Ohrringe vervollständigten den Schmuck.
Natürlich tranken wir zum Essen kein Wasser. Jane hatte sich für einen weißen Fendant entschieden, einen Wein aus der Schweiz, der süffig und griffig über unsere Zungen rann, um einmal bei der blumigen Beschreibung des Weines zu bleiben.
Ich brauchte nicht zu fahren, trank trotzdem nicht zu viel von diesem Wein, denn ich ahnte, daß uns beiden noch eine lange Nacht bevorstehen würde.
Nach dem Essen streckte ich die Beine aus und stöhnte leise auf.
»Hast du was?« fragte Jane.
»Nein, im Prinzip nicht. Nur, ich kann nichts mehr esssen.«
»Wie schön. Das ist ja auch Sinn der Sache gewesen.« Jane lächelte.
»Faß es als Kompliment auf.«
»Ich hätte es nie anders gesehen.« Sie schob einen der beiden Kerzenständer zur Seite. »Wie wäre es mit einem Kaffee und einem exzellenten Cognac dazu?«
»Beides hört sich gut an.«
Sie erhob sich. »Ich kümmere mich um den Kaffee, du um den Cognac. Du weißt ja, wo Sarah ihre Getränke aufbewahrt.«
Das wußte ich in der Tat. Da wir in ihrem Zimmer saßen, brauchte ich nicht weit zu gehen. Jane war schon in der Küche verschwunden, als ich eine Schranktür öffnete, einen Blick über die dort versammelten Flaschen warf und mich nicht so recht für eine entscheiden konnte.
Letztendlich griff ich nach einem sehr alten Remy Martin und nahm sicherheitshalber ein zweites Glas für Jane mit. Wenn sie Kaffee kochte, dann war er anders als der meiner Sekretärin Glenda. Jane liebte den Espresso. Sie trank ihn stark und ohne Zucker, auf den ich bei diesem Gebräu nicht verzichten wollte.
»Du auch einen Absacker?« rief ich durch die offene Wohnraumtür in die Küche.
»Nur einen kleinen.«
»Okay, den großen nehme ich dann.«
»Etwas anders habe ich von dir auch nicht erwartet, John.«
Ich enthielt mich einer Antwort und schenkte ein. Schon bei der Tätigkeit spürte ich etwas von der herrlichen Blume des Getränks, schon jetzt schmeckte ich die Weichheit auf der Zunge, riß mich aber zusammen und legte statt dessen eine andere CD auf, auf der Oldies und wiederum klassische Melodien gemixt waren, gespielt von Richard Clydermann. Ich hatte kaum meinen Platz eingenommen, als Jane mit dem Tablett erschien. Sie hörte die Musik und lächelte. »Das ist genau das richtige für den Fortlauf des Abends.«
Ich tat unwissend. »Wieso?«
Sie stellte das Tablett ab. »Wirst du schon
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