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Der Lambertimord

Der Lambertimord

Titel: Der Lambertimord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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nicht ans Telefon gegangen.
    Er war erleichtert, als er gegen Abend endlich aus dem Büro hatte verschwinden können. Bis kurz nach 19 Uhr hatte Frank vergeblich auf einen Anruf aus der KTU gewartet. Erst auf dem Weg zu ihrem Proberaum im schon fast leeren Braunkohlendorf Otzenrath hatte er sich entspannen können. Zumindest ein bißchen.
    Viel hatten sie dann aber in ihrem neuen Proberaum, den sie erst vor einigen Wochen bezogen hatten, nicht geschafft. Aber das hatte Frank schon vorher gewußt. Schließlich ging es nur darum, die Sachen für ihren nächsten Auftritt zusammenzupacken.. Am Samstag stand ihr Gig auf der Mönchengladbacher Blues Party auf dem Programm, im Vorprogramm der amerikanischen Ford Blues Band. Das versprach ein spannender Abend zu werden, darüber waren sie sich einig. Seinen Marble Roadking hatte Frank schnell im Case verstaut. Seine Mundharmonikas lagen auch schon gereinigt und verpackt im Koffer. Er hatte in der Band die wenigste Arbeit.
    Trotz der Vorfreude machte sich Frank große Sorgen um den Auftritt am Samstag. Gitarrist und Bandleader Claus hatte in den vergangenen Wochen mehr als einmal bei Frank mehr Proben- und Vorbereitungsdisziplin eingefordert. Zunächst freundschaftlich und mit einem zwinkernden Auge. Bei einer Gelegenheit hatte Claus ihm dann ganz deutlich gesagt, daß Frank sich mehr zusammennehmen müsse. Frank hatte ihm ein bißchen von seinen Problemen auf der Dienststelle und mit Lisa erzählt. Das hatte Claus ein bißchen besänftigt. Aber jetzt war noch der Lambertimord dazu gekommen, und Frank mußte seinen Bandkollegen möglichst schonend beibringen, daß er jederzeit zu einer Festnahme und zu Vernehmungen abberufen werden konnte. Gut, daß er Ecki hatte, der ihm viele Dinge abnahm. Aber als Leiter der Mordkommission konnte Frank eben nicht alles delegieren.
    Eine gute Stunde brauchten sie, um die Gitarren, die Verstärker, das Schlagzeug, die Mikrofonständer und das Keyboard zusammenzupacken. Frank ärgerte sich still, denn die Raucherfraktion der Band hatte schon nach den ersten Handgriffen nichts Besseres zu tun gehabt, als sich erst mal in das provisorische Wohnzimmer der Band zu setzen und genüßlich eine zu rauchen. Dabei hatten sie mal wieder nur das eine Thema: sollten sie nun T-Shirts mit ihrem Bandnamen bedrucken lassen oder nicht? Oder sollten sie nicht doch besser Kaffeebecher mit dem STIXS-Logo bestellen? Als ihm die Faulenzerei zu bunt wurde, hatte Frank Juppi, Guido und Ernst von ihrem Sofa gejagt.
    Am nächsten Morgen war Frank wider Erwarten schon früh im Präsidium. Auf den düsteren Gängen des Altbaus war zu dieser Zeit erst wenig Betrieb. Er war ganz froh, daß er kaum mehr als ein kurzes »Hallo« mit den Kollegen wechseln mußte, die ihm entgegenkamen. In seinem Büro stöberte er mißmutig durch die verschiedenen Schreiben, die schon auf seinem Tisch lagen: Zuviel Papier mit zu wenig Inhalt. Ganz unten lag ein dünner roter Schnellhefter mit dem ersten vorläufigen Bericht aus der Pathologie in Duisburg. Wie dünn der Tod eines Menschen aussehen kann, dachte Frank, als er die wenigen Seiten durchblätterte. Das Ende von Hoffnungen, Wünschen, Sehnsüchten, von Freude, Trauer, Wut und Liebe, zusammengeschrieben auf nicht mal drei Blättern. Dazu noch in klinisch sauberen, pathologischen Fachbegriffen, daß der Mensch dahinter, der Tote, selbst kaum noch zu erkennen war. Aber vielleicht lag darin auch der Sinn solcher Berichte. Es ging schließlich nicht um das Leben eines Menschen, sondern nur um sein gewaltsames Ende. Und für diese Berichte gab es keinen Pulitzerpreis, dafür aber streng wissenschaftliche Vorgaben, vergleichbare Standards, die das Ermitteln und Urteilen leichter machen sollen. Vergleichbare Werte statt individuelles Leben.
    Im Tod sind alle Menschen gleich. Der Satz bekam in diesen pathologischen Berichten eine ganz eigene Bedeutung.
    Frank schreckte hoch.
    »Na, schon weiter?« Ulrich Lemanski vom KK 12 stand wie aus dem Nichts gewachsen im Türrahmen und nippte an seinem Kaffeebecher. »Scheußliche Sache, nicht? Wie sieht’s aus?«
    Frank kannte den Leiter der Abteilung für Kinderpornografie und Jugendkriminalität seit der Ausbildung. Er schätzte die geradlinige Art des Mittvierzigers, der erst seit einigen Wochen wieder im Dienst war. Lemanski hatte sich beim Skifahren sämtliche Bänder im linken Knie gerissen und war nur langsam wieder auf die Beine gekommen.
    Frank legte den Hefter auf den Tisch zurück. »Die

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