Der Lange Weg Des Lukas B.
Norton. Der Krieg hat genug davon zurückgelassen. Aber Arbeit werden Sie in unserer Stadt wohl kaum finden.«
»Es sind viele Häuser zerstört worden«, sagte der alte Mann. »Der Krieg ist wohl an Ihrer Stadt nicht vorübergegangen.«
»Da haben Sie Recht, Mann. Die Yankees haben die Stadt lange belagert und ganz schön zugerichtet. Aber was noch schlimmer ist, sie knebeln uns, legen uns hohe Steuern auf, ihre Militärs behandeln uns wie kleine Kinder. Den Soldaten ist ein Schwarm von Nichtstuern gefolgt, Blutsauger aus dem Osten. Die machen die Schwarzen verrückt und versuchen hier die Herren zu spielen. Auf unsere Kosten. Kein Mensch weiß, wie das weitergehen soll. Also wenig Aussichten für Leute, die hier auf ehrliche Weise Geld verdienen wollen.«
»Ich meine, der Krieg ist vorbei. Die Sklaven sind befreit. Und darum ging es doch, nicht wahr?«, fragte der alte Mann. »So jedenfalls hat man es bei uns in Preußen erzählt.«
»Erzählt hat man das auch hier«, näselte der Wirt. »Der gute Abraham Lincoln, der hat es deutlicher ausgedrückt. Er hat gesagt, die Sklaven seien ihm gleichgültig. Ihm gehe es um den Erhalt der Union. Und so hat er’s auch gemeint. Da haben sie ihn umgebracht im April 65. Ermordet haben sie ihn. Erschossen während einer Theateraufführung. Nach seinem Tod hat es sich dann gezeigt, wie das wahre Gesicht dieses Bruderkrieges aussieht. Geschäfte wollen die Brüder aus dem Osten machen. Nichts als Geschäfte auf unsere Kosten.«
»Aber die Sklaverei, die ist doch abgeschafft worden«, wandte der Lehrer ein.
»Sicher. Aber niemand hat danach gefragt, wie es in den Plantagen weitergehen soll. Wie sollen die Menschen hier überleben? Wie die Weißen, wie die Schwarzen? Ich sage Ihnen, das Elend nach diesem verdammten Krieg ist groß in den Südstaaten. Die Brüder, die uns besiegt haben, die verhalten sich wenig brüderlich.«
»Das goldene Land der Staaten«, sagte der alte Mann enttäuscht. »Wir müssen also weiter nach Norden ziehen oder nach Osten. Dorthin, wo die Dollars wachsen.«
»Es gibt vielleicht eine kleine Chance für eine gute Arbeit in unserer Stadt«, sagte der Wirt leise. »Aber sagen Sie es niemand, dass der Hinweis von mir kommt. Es gibt hier Leute, die sehen es gar nicht gern, wenn Fremde herkommen und ihnen den Verdienst wegschnappen.«
»Wir wollen für unser Geld gute Arbeit leisten«, sagte der alte Mann. »Wir wollen nichts geschenkt.«
»Das ist es ja gerade. Hier gibt es zu viele Banditen, die mit schlechter Arbeit gutes Geld machen wollen.« Er beriet sich mit seiner Tochter und sprach schnell und leise, sodass die Zimmerleute kein Wort verstanden. Er entschloss sich und sagte: »Ich gebe Ihnen eine Adresse. Zufällig habe ich gehört, dass der jüngere Sohn vom alten Villeroy eine Frau aus dem Osten geheiratet hat. Villeroy hat seine Pflanzungen auf der anderen Seite des Stroms. Der Sohn ist etwas aus der Art geschlagen. Heiratet doch tatsächlich eine Yankee. Der Alte hat sich schwarz geärgert. Erst wollte der Sohn nicht Pflanzer werden, dann heiratet er eine Yankee. Arzt ist er geworden. Er wollte mit seiner jungen Frau in den Osten ziehen. Der alte Villeroy hat gesagt, das ist Verrat. Er hat die junge Frau überredet hier zu bleiben. Er sucht für seinen Sohn in unserer Stadt ein schönes Haus. Angebote hat er viele, denn es scheint genug Menschen zu geben, die in dieser schlechten Zeit ein Haus verkaufen wollen. Aber er hat noch keins gefunden, das den jungen Leuten zugesagt hat. Vielleicht lässt er sich ein neues Haus bauen? Seine Schwiegertochter jedenfalls soll genug harte Dollars mit in die Ehe gebracht haben.«
»Wo ist er zu treffen?«
»Er ist bei Freunden zu Gast, die hier ein Stadthaus besitzen. Gehen Sie nur die Hauptstraße bis zum Ende durch. Sie mündet auf einen kleinen Platz. Das schöne weiße Haus mit den sechs Holzsäulen davor, das ist es. Fragen Sie nach Mister Villeroy. Gute Zimmerleute sind hier dünn gesät.«
»Wieso?«, fragte der Lehrer. »Ich habe hier herrliche Holzhäuser gesehen.«
»Schon, schon«, gab der Wirt zu. »Bis vor ein paar Jahren gab es geschickte Neger hier. Aber die besten haben ihr Glück bei den Yankees im Osten gesucht. Das Gesindel und die Stümper unter den Handwerkern sind geblieben und die, die von den Plantagen weggegangen sind. Ist nicht mehr so einfach, hier im Süden.«
Der Wirt hatte sich die ganze Zeit über Mühe gegeben und langsam und deutlich gesprochen. Sie hatten ihn ganz
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